Der Herr der historischen Waffen
Tilo Eder ist Lehrer. Doch auf Mittelalterfesten zeigt sich sein zweites Ich. Eder hat eine Waffensammlung, die ihresgleichen sucht. Sein wertvollster Schatz: ein sagenumwobenes Schwert.
Neuburg an der Kammel Mittelalterfeste gibt es in Bayern gefühlt hinter jedem fünften Ortsschild. Das Lagerleben, die Gewänder und das Handwerk längst vergangener Tage faszinieren echte Mittelalterexperten genauso wie interessierte Laien. In Neuburg an der Kammel (Kreis Günzburg) wird es heuer vom 3. bis 5. Mai das erste Mal ein historisches Fest geben. Eines der Highlights wird die Ausstellung von Tilo Eder sein. Der 57-jährige Lehrer ist staatlich zertifizierter Sammler von historischen Waffen. Nach Neuburg bringt er ein Schwert mit, das offenbar selbst der Stahlriese Thyssen Krupp nicht nachstellen könnte.
Tilo Eder ist Sammler aus Leidenschaft. Neben einer PorscheSammlung sind seine Lieblingsstücke alte Mittelalterwaffen. „Mich fasziniert die Handwerkskunst der damaligen Zeit. Diese Qualität muss man in die Hand nehmen, das kann man nicht anders begreifen“, sagt er. Mittlerweile hat Eder ein Arsenal angelegt, bei dem selbst renommierte Museen nicht mithalten können. Einiges kommt aus dem Familienbesitz, ein Großteil hat er ersteigert oder für kleines Geld überlassen bekommen.
Was auf viele Menschen befremdlich wirkt, ist für Tilo Eder völlig normal. Seit er zehn Jahre alt ist, sammelt er Waffen. Die ersten hat er von älteren Herren aus dem Schützenverein vermacht bekommen. Zudem gab es immer wieder Soldaten in der Familie Eder, die ihre Waffen weitervererbt haben. Wenn Tilo Eder mit seiner Ausstellung unterwegs ist, reist er öfter auch ins Ausland. In Italien besuchte er Mittelalterfeste, die größer sind als das berühmte Fest auf Schloss Kaltenberg. Dass er nach Schwaben kommt, hat private Gründe. Christoph Vogg hat Tilo Eder nach Neuburg an der Kammel geholt. Ein gemeinsamer Freund brachte die beiden zusammen. Vogg ist der Initiator des historischen Festes auf Schloss Neuburg. „Ich bin Vorsitzender des Fischereivereins. Mit Mittelalterfesten hatte ich eigentlich nicht viel am Hut“, sagt er. „Dann war ich bei den Freienfelser Ritterspielen im Rheinland und da hat es mich gepackt. Da habe ich gesagt, das könnten wir bei uns doch auch machen.“
Beim ersten Mittelalterfest auf Schloss Neuburg, das komplett von Vereinen organisiert wird, soll mehr geboten sein „als Essen und Bierzeltgarnituren. Ambiente, Atmosphäre, Aktivitäten, dafür soll das Fest stehen“, sagt Vogg. Tilo Eders Ausstellung wird das komplette Erdgeschoss des Schlosses einnehmen. Darüber hinaus gibt es einen Bogenschießparcours, Feuershows, Feldschlachten und eine Geschichtsschnitzeljagd für Kinder und Familien.
An dieses Publikum richtet sich auch Eder mit seiner Ausstellung: „Mir geht es darum, die Leute für die Geschichte zu begeistern.“Neben Waffen bringt er Schmuck und historische Alltagsgegenstände mit. Anfassen erlaubt. Das Highlight wird aber das sogenannte Ulfberht-Schwert sein. Ein Schwert, bei dem die Gegner im
Mittelalter schlottrige Knie bekommen haben dürften, wenn es im Kampf gezogen wurde. Um das Schwert ranken sich viele Mythen und Sagen. Es wird davon ausgegangen, dass es von einem Mann namens Ulfberht geschmiedet wurde. 20 Jahre lang soll der Meister die Schwerter mit der markanten Prägung „+Ulfberh+t“produziert haben. „Das Besondere an dem Schwert ist, dass der Stahl anderthalbmal so viel Kohlenstoffanteil hat wie herkömmlicher Stahl.
Das kann selbst Thyssen Krupp nicht nachstellen. Damit wurden die Eisenschwerter der Gegner einfach gebrochen“, sagt Eder. Gefunden wurde Eders Ulfberht-Schwert in einem alten Wikingergrab. Dadurch, dass es durch die Erde konserviert wurde und noch aus einem Stück ist, ist es so wertvoll.
Allein die Überreste eines anderen Schwertes sind laut Eder vor Kurzem für 33.000 Euro versteigert worden. Ein neues UlfberhrtSchwert habe im Mittelalter schätzungsweise 134 Gulden gekostet – 134 Meisterlöhne. Die Franken erließen damals ein Exportverbot, um nicht buchstäblich mit der eigenen Waffe geschlagen zu werden. Da Grabbeigaben unter den Wikingern im 9. und 10. Jahrhundert jedoch üblicher waren als unter den Franken, wurden die meisten Schwerter in Skandinavien gefunden.
Wenn Tilo Eder über seine Sammlung spricht, sprüht er vor Begeisterung. Rentabel sind die Ausstellungen nicht. Aber er sieht seine Aufgabe darin, das Erbe seiner Vorfahren zu bewahren und weiterzugeben. „Die Geschichte gehört uns allen. Die Exponate sind teilweise bis zu 2000 Jahre alt. In einem gewissen Sinne bin ich nicht der Besitzer, sondern nur der Bewahrer dieser Dinge.“Darum freut es ihn umso mehr, dass sich seine Leidenschaft auf seine Kinder übertragen hat: „Die nächste Generation ist gesichert.“