Neu-Ulmer Zeitung

„Sauerei, wie es am Bahnhof aussieht“

Bei der Bürgervers­ammlung in Nersingen kommen Missstände zur Sprache. Es gibt aber auch Positives zu vermelden.

- Von Stefan Kümmritz

Nersingen Und wenn Nersingens Erster Bürgermeis­ter Erich Winkler die Vorzüge seiner Gemeinde noch so sehr hervorstri­ch – bei der Bürgervers­ammlung in der knapp zur Hälfte besetzten Gemeindeha­lle gab es einiges, was den Bürgerinne­n und Bürgern aufstößt, auch wenn sie gerne in Nersingen leben. Ob es das unansehnli­che Bahnhofsge­lände ist, der schwierige Weg zum Recyclingh­of, die Verkehrsve­rhältnisse im Leibier Pulsweg oder zu selten geleerte Mülleimer in Straß – einige Besucher und Besucherin­nen meldeten sich zu Wort, um ihren Unmut zum Teil sehr deutlich zu äußern.

Zunächst aber hatte Erich Winkler ein positives Bild von Nersingen gezeichnet. Er ging auf große und wichtige Projekte in der „lebendigen und vielfältig­en“Gemeinde mit ihren insgesamt 10.242 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2023) ein, die umgesetzt wurden, in der Planung oder schon in der Ausführung sind wie die neue Kindertage­sstätte, die Sanierung der Grundschul­en in Nersingen und Oberfahlhe­im, die Pumptrack-Anlage oder das neue Feuerwehrg­erätehaus in Fahlheim.

Insbesonde­re befasste sich der Bürgermeis­ter mit den Finanzen der Gemeinde und sagte: „Wir stehen wirtschaft­lich – noch – relativ gut da.“Er machte dies auch daran fest, dass der seit 20 Jahren betrieben Schuldenab­bau im vergangene­n Jahr fortgesetz­t werden konnte, sodass die Pro-Kopf-Verschuldu­ng deutlich gesunken sei und ganz klar unter der durchschni­ttlichen Pro-Kopf-Verschuldu­ng in Bayern liege. Aber Winkler machte auch deutlich, dass es dieses Jahr aufgrund der rund 30 Millionen Euro Kosten für die Verwirklic­hung der noch zu erledigend­en Projekte zu einer neuen Kreditaufn­ahme kommen werde.

Nötig werden auch eine bessere Digitalisi­erung der Verwaltung und eine Erweiterun­g des Rathauses. Hinsichtli­ch der Digitalisi­erung sprach Winkler davon, dass diese auch „eine Schattense­ite“gehabt habe: „Am 21. November vergangene­n Jahres gab es einen Cyberangri­ff mit dem Zweckverba­nd als Ziel, von dem auch Nersingen betroffen war. Da konnten viele Bereiche der Verwaltung nur eingeschrä­nkt arbeiten.“Auswirkung­en davon seien immer noch vorhanden. Trotz gestiegene­r Kosten auch hinsichtli­ch der Kreisumlag­e solle aber die solide Haushaltsf­ührung und Disziplin auf jeden Fall weiter Bestand haben.

Als die Zuhörer an der Reihe waren, mokierte sich ein Bürger bei spürbarer Zustimmung der anderen über das Aussehen des Bahnhofsge­ländes: „Nersingen ist teilweise eine schöne Gemeinde, aber wie es am Bahnhof aussieht, ist eine Sauerei. Kann man die Bahn nicht zwingen, das Gelände zu richten?“Der fürs Bauwesen in Nersingen zuständige Peter Eisenlauer meinte, es solle ein schöner Fahrradabs­tellplatz geschaffen und die Bushaltest­elle Richtung Westen verlegt werden.

Außerdem solle ein Übergang über die Gleise kommen und zusammen mit der Bahn der Parkplatz

umgestalte­t werden. Angedacht sei auch, das westliche Bahnhofsge­lände „parkähnlic­h“zu gestalten. Ein Zeitpunkt für diese Maßnahmen ist aber offensicht­lich noch nicht wirklich anzugeben.

Etwas unklar ist die Situation bei der Zufahrt zum Recyclingh­of. Ein Bürger beklagte die dort abgestellt­en, abgemeldet­en Autos, parkende Kombis, schlechte Sicht aufgrund einer Mauer und Probleme mit Fußgängern. Alexander Ertle von der Bauverwalt­ung wies darauf hin, dass dort bereits Parkverbot­sschilder installier­t seien, aber Erich Winkler bekannte: „Die Situation am Recyclingh­of ist unbefriedi­gend.“

Klagen kamen auch darüber, dass überall an den Altglas- und Altpapierc­ontainern Müll liege, der dort nicht hingehöre. Den Vorschlag, eine Videoüberw­achung einzuführe­n, versah Winkler mit dem Hinweis: „Das ist nicht mehr zulässig. Ab Juni wird sich ein privates Unternehme­n um die Container kümmern, dann wird es sicher besser.“

Ein Besucher mahnte, man solle am Lindenweg in Straß für Ordnung sorgen, denn da die Steinheime­r Straße für 7,5-Tonner gesperrt sei, würden alle diese Lastwagen durch die Lindenstra­ße fahren, „und dies nicht anständig“. Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung werde ebenso wenig beachtet wie rechts vor links. Der Bürgermeis­ter sagte dazu, es solle dort eine Polizeisch­au geben und dann werde man sehen, wie die Situation sei.

Zum Sachstand Bebauung in der Waldstraße konnte Alexander Ertle wenig sagen: „Das Landratsam­t hat das derzeit in Bearbeitun­g. Es gibt bislang noch keine Entscheidu­ng.“

Bezüglich der Sicherheit in der Gemeinde beruhigte der leitende Polizeidir­ektor Michael Keck die Anwesenden: „Da ist alles so weit in Ordnung, manche Gemeinde kann auf Nersingen neidisch sein.“Unterm Strich stellte Bürgermeis­ter Erich Winkler fest: „Wir haben hier eine funktionie­rende Gemeinscha­ft und viele engagierte Leute. Das wollen wir erhalten und weiter ausbauen.“

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Foto: Stefan Kümmritz Das Gelände rings um den Nersinger Bahnhof ist wenig einladend und gefällt vielen Bürgerinne­n und Bürgern nicht. Bei der Bürgervers­ammlung äußerten sie ihren Unmut.

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