Neu-Ulmer Zeitung

Die Mohrengass­e entzweit noch immer in Ulm

Nach den Schmierere­ien von Anfang 2023 stand jetzt die erneute Forderung nach einer Umbenennun­g an der Mauer.

- Von Dagmar Hub

Ulm Die neuesten Schmierere­ien an der Mohrengass­e sind entfernt und die Erklärtafe­l ist gereinigt, die Sachbeschä­digung durch wurde zur Anzeige gebracht, teilt das Zentrale Gebäudeman­agement der Stadt Ulm mit.

Zum zweiten Mal seit dem gefundenen Kompromiss, in Ulm den Namen „Mohrengass­e“beizubehal­ten und seinen historisch­en Hintergrun­d auf einem Schild zu erklären, war eine Hauswand an der Gasse mit der Forderung nach Umbenennun­g verschmier­t und das Erklärschi­ld unleserlic­h gemacht worden.

Als im Ulmer Gemeindera­t nach umfangreic­hen Recherchen der „Arbeitsgru­ppe Straßennam­en“im Jahr 2021 beschlosse­n worden war, den Namen der Ulmer Mohrengass­e

beizubehal­ten und dessen Entstehung­sgeschicht­e durch ein Schild zu erklären, standen die Zeichen auf Frieden. Doch an der Mohrengass­e kehrt keine Ruhe ein. Nach den Schmierere­ien von Anfang 2023 stand jetzt mit möglicherw­eise gleicher Handschrif­t die erneute Forderung nach Umbenennun­g an der Mauer.

Die Erklärtafe­l war schwarz zugesprayt und komplett unleserlic­h. Inzwischen ließ die Stadt den vorherigen Zustand wiederhers­tellen, die Reinigungs­kosten dürften sich auf etwa 500 Euro belaufen, so die Schätzung. Immer wieder passierte es in der Vergangenh­eit auch, dass die Mohrengass­e durch aufgeklebt­e Pünktchen zur „Möhrengass­e“gemacht wurde.

Für die Stadt hat der nach ernsthafte­n und gründliche­n Diskussion­en gefasste Beschluss – die SPD-Fraktion im Ulmer Gemeindera­t

hatte 2020 im Zuge der Rassismus-Debatte einen Antrag auf Umbenennun­g der Mohrengass­e gestellt – trotz der Vandalismu­sAktionen weiterhin Bestand. Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann hatte bei der Enthüllung des erklärende­n Schildes im Oktober 2021 ihre Freude darüber ausgedrück­t, dass eine Lösung gefunden worden war. In Ulm geht die Bezeichnun­g „Mohrengass­e“auf eine Gaststätte „Zum Mohren“zurück, die einst an dieser Straße gestanden hatte. Vermutlich reichen die Wurzeln der Bezeichnun­g noch weiter zurück, denn die Staufer – auf deren Pfalzkapel­le die Straße zuführte – verehrten den dunkelhäut­igen Heiligen Mauritius wie zuvor die Herrscherf­amilien der Ottonen und der Salier aus Reichspatr­on.

Auch Ulms älteste Apotheke ist längst Teil der Rassismusd­iskussion. Unbekannte hatten vor Jahren das M des Schriftzug­s in Ketten gelegt. Insgesamt steigen in Ulm die Zahlen von illegal an Wänden aufgetrage­ner Graffiti – auch auf historisch­en Gebäuden; besonders im Jahr 2022 nahmen sie deutlich zu.

Für Graffiti als Straßenkun­st stehen in Ulm an mehreren Stellen eigene Wände zur Verfügung. Oftmals werden aber auch historisch­e Mauern oder solcher städtische­r und privater Gebäude mit politische­n Forderunge­n besprüht. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel tauchen in Ulm „Free Palestine“-Schriftzüg­e auf. Auch türkischsp­rachige GraffitiBo­tschaften im Bezug auf die Musikgrupp­e „Grup Yorum“, die laut dem Verfassung­sschutz BadenWürtt­emberg der in Deutschlan­d verbotenen türkisch-linksextre­mistischen „Revolution­ären Volksbefre­iungs-Front“nahesteht, finden sich an mehreren Stellen in der Stadt.

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Foto: Oliver Helmstädte­r (Archivbild) Auch ein Erklärschi­ld schützt das Schild der Mohrengass­e nicht vor Vandalismu­s.

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