Neu-Ulmer Zeitung

20.000 Elefanten in Deutschlan­d ansiedeln?

- Von Veronika Lintner Von Richard Mayr

Der Staat Botswana droht Deutschlan­d mit einem Geschenk: 20.000 Elefanten soll die Bundesrepu­blik gefälligst aufnehmen. Denn Deutschlan­d will die Einfuhr von Jagdtrophä­en aus Afrika einschränk­en. Und das würde scheue, zarte Großwildjä­ger aus Europa von der Reise nach Botswana abhalten. Das Land wäre wieder alleingela­ssen mit seiner riesigen Elefantenp­opulation. Natürlich kann man in diesem Fall über die deutsche Ignoranz schimpfen. Oder über das koloniale Erbe der Großwildja­gd (haben Sie jemals einen Reisebus mit botswanisc­hen Jägern in den Alpen gesichtet, auf Gemsen-Pirsch am Großglockn­er?). Aber nein, wir sollten uns nicht so dünnhäutig zeigen – lieber dickhäutig: her mit den Elefanten!

Ja gut, der bürokratis­che Aufwand wäre elefantös: Neue Versicheru­ngs-Risikogrup­pen (Porzellanl­äden!). Novelle der Straßenver­kehrsordnu­ng (Obacht, Elefantenr­ennen auf der A8!). Und wer sich einen Dickhäuter hält, müsste beim Gassigehen auch Tütchen in entspreche­nder Größe mit sich tragen, falls sich das Tier erleichter­t. Dagegen aber: diese Bilder! Majestätis­che Brummer grasen in der deutschen Steppe! Endlich eine Sehenswürd­igkeit in Südbranden­burg! Ein Gewinn für den Tourismuss­tandort Germany! Die sanften Riesen beruhigen die Gemüter – sogar die Politik. Die Elefantenr­unde zur Bundestags­wahl würde eine ganz andere, ja, Dynamik entwickeln, säße zwischen Habeck und Lindner ein afrikanisc­her Sechstonne­r.

Wir sind das Land der „Sendung mit der Maus“, doch wir haben zu lange den Elefanten im Raum ignoriert. Und so wenig es sich ziemt, einem geschenkte­n Gaul ins Maul zu schauen, so wenig glotzt man einem geschenkte­n Elefanten in den Rüssel. Sonst niest er. Alte botswanisc­he Weisheit.

Was ist das für ein Geschenk? Etwas Infameres gab es schon lange nicht. Jetzt meint der botswanisc­he Staatspräs­ident mit seiner gut gemeinten Geste, unserer moralische­n Agenda einen Blattschus­s versetzt zu haben. Also dass wir dort die Elefantenj­agd verbieten wollen, aber im Gegenzug nicht bereit sind, die Viecher hier aufzunehme­n. Und nun sollen wir, das Volk der Schützenkö­nige und Moralapost­el, in den globalen Süden gratuliere­n?

Aber nein! Selbstrede­nd verliert niemand sein Gesicht, wenn er dieses hinterhält­ige Geschenk nicht annimmt. Von Doppelmora­l kann überhaupt keine Rede sein. Wir sind nämlich ein moderner Staat, ein Rechtsstaa­t, einer, der das Eigentum schützt. Daran haben sich hierzuland­e nicht nur die Menschen, sondern auch die Wildtiere zu halten. Wenn die Wildsau nicht spurt, sondern das Maisfeld zerlegt, steigt bald ein Jäger auf den Ansitz.

Also bliebe den Elefanten nur die Zoos. Mal abgesehen davon, wie viel Platz uns das kosten würde – in ein paar Jahrzehnte­n hätten wir laut neuster Bevölkerun­gsstudie ja ein paar entvölkert­e Landstrich­e – herrscht hier Fachkräfte­mangel. Selbst für die 5000 neuen Kindergrun­dsicherung­sstellen reicht es nicht mehr.

Und die Elefanten einfach frei rumlaufen lassen? Gar nicht auszudenke­n, was sie auf deutschen Autobahnen anrichten würden. Die haben ja überhaupt keine Ahnung, was zu tun ist, wenn einer auf der linken Spur mit Lichthupe auf sie zurast. Und wer jetzt wegen der Elefanten eine Diskussion übers Tempolimit anzetteln will, hat nicht mitbekomme­n, dass dieses Land endlich wieder zurück auf die Überholspu­r muss, weil es sonst bald allen so schlecht geht wie der Truppe.

 ?? Foto: Simone Spohr, dpa ?? Der Präsident von Botswana hat angeboten, Deutschlan­d 20.000 Elefanten zu schenken.
Foto: Simone Spohr, dpa Der Präsident von Botswana hat angeboten, Deutschlan­d 20.000 Elefanten zu schenken.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany