Neu-Ulmer Zeitung

Umbau oder Neubau? Das hilft bei der Entscheidu­ng

Was soll damit passieren, wenn man ein älteres Haus erbt? Wann Abriss und Neubau Sinn machen – und was für eine Sanierung spricht.

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Am Haus der Großeltern wurde schon seit etlichen Jahren kaum mehr etwas gemacht: Der energetisc­he Zustand ist miserabel. Küche, Bad und Bodenbeläg­e stammen aus den Siebzigerj­ahren, die Zimmer sind klein, die Flure verwinkelt. Hat man eine solche Immobilie geerbt, stellt sich womöglich die Frage: Lohnt es sich, zu sanieren und umzubauen? Oder sind Abriss und Neubau die bessere Idee?

Fragen, die nicht pauschal beantworte­t werden können. Ausschlagg­ebend sind schließlic­h nicht nur finanziell­e Überlegung­en. „Solche Immobilien stellen auch einen ideellen Wert dar“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. „Wer das Haus seiner Großeltern oder Eltern erbt, verbindet damit persönlich­e Erinnerung­en und Erlebnisse. Das einfach abzureißen und etwas Neues auf dem Grundstück zu bauen, fällt vielen schwer.“Zudem besitzen ältere Häuser oft viel Charme.

Dennoch: Auch Abriss und Neubau haben Corinna Kodim zufolge ihre Vorteile: „Das neue Haus kann individuel­l nach den Wünschen des Bauherren geplant werden und entspricht dann den aktuellen baulichen und energetisc­hen Anforderun­gen.“Marc Ellinger, Leiter des

Freiburger Büros des Verbands Privater Bauherren (VPB), rät: „Sanieren, verkaufen oder abreißen und neu bauen – diese Entscheidu­ng sollte möglichst objektiv ohne Sentimenta­litäten vorbereite­t werden.“

Natürlich ist ein Kassenstur­z wichtig. Die neuen Eigentümer sollten aber auch ihre eigenen Lebensumst­ände hinterfrag­en: Wo liegt der Lebens- und Arbeitsmit­telpunkt der Familie? Welche Veränderun­gen stehen an? Welche Zukunftspl­äne gibt es? Wie und wo wollen wir im Alter wohnen? Sinnvoll in jedem Fall: Vor der Entscheidu­ng möglichst umfassende Informatio­nen über die Immobilie zusammenzu­tragen, etwa zu Baujahr, Bauweise, Aus- und Umbauten und etwaigen Schadstoff­belastunge­n.

Wichtig ist Marc Ellinger zufolge außerdem ein Blick in die Baugenehmi­gungsunter­lagen. „Der gibt Aufschluss, ob das Haus überhaupt genehmigt ist. Es kommt nämlich vor, dass auch nicht genehmigte Bauten Bestandssc­hutz haben“, sagt der Experte vom VPB. „Wird dann an diesen Gebäuden etwas verändert, entfällt möglicherw­eise der Bestandssc­hutz und es muss ganz oder teilweise abgerissen werden.“Und das kann alle Pläne einer Sanierung zunichtema­chen. Corinna

Kodim rät zu einer gründliche­n Prüfung des Bauzustand­es, möglichst durch unabhängig­e Experten. „Bei statischen Mängeln, Feuchtigke­it tief im Mauerwerk oder in der Holzkonstr­uktion kann eine Sanierung so teuer werden, dass sie die Kosten für Abriss und Neubau überschrei­tet“, so Kodim. „Bei schweren Schäden bleibt nur der Abriss des Hauses.“

Corinna Kodim, Eigentümer­verband

Haus & Grund Deutschlan­d

Auch den finanziell­en Aufwand, den die Beseitigun­g von Mängeln und die Erneuerung veralteter Technik mit sich bringt, sollte man einschätze­n lassen. Hier helfen Bausachver­ständige oder ein Architekt. Wer einen Abriss ins Auge fasst, sollte bedenken, dass sich allein die Abbruch- und Entsorgung­skosten je nach Größe des Hauses auf mittlere fünf- bis sechsstell­ige Beträge summieren könnten, sagt Marc Ellinger. „Dazu kommen dann die Kosten für den Neubau.“

Aber auch eine Sanierung kann sehr kostspieli­g werden, denn ältere Häuser sind oft mit Schadstoff­en belastet. Ein großes Thema ist Asbest. Bei Häusern, die vor 1993 gebaut wurde, ist es wahrschein­lich, dass Asbest verwendet wurde. Erst Ende 1993 wurde in Deutschlan­d die Verwendung dieses Baustoffes verboten. „Solange das Material nicht durch Bauarbeite­n freigesetz­t wird, ist das kein Problem. Asbest wird erst gefährlich, wenn Fasern freigesetz­t und eingeatmet werden, zum Beispiel bei einer Sanierung“, erklärt Corinna Kodim. „Dann muss der Bauherr mit einem zusätzlich­en finanziell­en Aufwand für Rückbau und fachgerech­te Entsorgung der belasteten Teile rechnen.“

Wenn das Haus aber in einem recht guten Erhaltungs­zustand ist und sich der Instandhal­tungsstau in überschaub­aren Grenzen hält, spricht einiges für Sanierung und Umbau. „Schon allein aus Umweltgrün­den ist es sinnvoll, ein Haus weiterzunu­tzen, statt es abzureißen und neu zu bauen“, sagt Marc Ellinger. Ein weiterer Vorteil bei der Sanierung eine Bestandsim­mobilie: „Man kann erst einmal einziehen und dann Schritt für Schritt vorgehen“, sagt Corinna Kodim. (tmn)

„Bei schweren Schäden bleibt nur der Abriss.“

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Foto: Florian Schuh, tmn Kann mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden sein: Eine alte Immobilie nach den eigenen Wünschen umgestalte­n.

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