Neue Debatte über Arbeiten bis 72 oder 73
FDP-Politiker Dürr sorgt mit Vorstoß für Diskussionen
Berlin Mit Äußerungen zum Arbeiten mit 72 Jahren hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr Kritik auf sich gezogen. Im Zusammenhang mit der aktuell geplanten Rentenreform sollte die Koalition „auch gleichzeitig eine Flexibilisierung des Renteneintritts beschließen, dass Menschen freiwillig länger arbeiten“, sagte Dürr. Dies provozierte Kritik von SPD-Chefin Saskia Esken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Esken brachte eine Ausweitung der vor drei Jahren eingeführten Grundrente für eine stärkere Unterstützung ärmerer Rentner ins Spiel.
Dürr verwies auf Schweden, wo das Rentenalter flexibel ist und die Altersrente frühestens ab dem Monat beantragt werden kann, in dem man 63 Jahre alt wird. Auf die Nachfrage, ob er die Menschen ermuntern wolle, auch noch mit 72 oder 73 zu arbeiten, sagte Dürr: „Warum sollte ich jemandem verbieten, mit 70 oder 72 zu arbeiten?“Das wäre geradezu altersdiskriminierend. Esken attestierte Dürr „mangelnden Respekt denen gegenüber, die sich krumm gemacht haben“. „Nach einem Blick in das Sozialgesetzbuch sollte jedem klar sein: Es gibt keine starre Altersgrenze“, so Esken. „Rente gibt es nur auf Antrag und niemand wird gezwungen, eine Rente zu beantragen.“DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warf Dürr „Geisterdebatten“vor, die mit der Arbeits- und Lebensrealität der Mehrheit der Beschäftigten wenig zu tun hätten. „Auch der immer wieder kehrende Hinweis auf Schweden hört sich an wie ,Oh wie schön ist Bullerbü’.“
Unterdessen müssen rund 244.000 Rentner in diesem Jahr keine Steuern mehr zahlen, weil sie von der Erhöhung des Grundfreibetrags profitieren. Das teilte ein Sprecher des Finanzministeriums mit. Der Grundfreibetrag gilt für alle Steuerpflichtigen und bezeichnet das Jahreseinkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. Er stieg zum Jahreswechsel um 696 Euro auf 11.604 Euro. Zugleich kämen 114.000 Rentner wegen der im Juli anstehenden Rentenerhöhung neu als Steuerpflichtige hinzu. (dpa)