Mehr Verspätungen auf der Illertalbahn
Verspätungen und Ausfälle haben auf der Illertalbahn, bei Go-Ahead und Agilis zugenommen. Aktuell bremsen Reparaturen in Kellmünz und Altenstadt den Betrieb aus.
Landkreis Seit einer guten Woche verspäten sich die Züge auf der Strecke Ulm–Memmingen reihenweise, weil eine Weiche am Kellmünzer Bahnhof am Montagabend, 8. April, von einem Zug beschädigt wurde. Eine knappe Woche später, am Sonntag, 14. April, fuhr ein Fahrzeug gegen eine geschlossene Bahnschranke in Altenstadt-Untereichen. Seitdem sind die Verspätungen wegen der Reparaturen an nun zwei Stellen noch üppiger, mehrere Fahrten fielen aus. Schon in den drei zurückliegenden Jahren waren die Pünktlichkeitswerte dort in vielem schlechter und nur knapp besser als im bayernweiten Durchschnitt – ähnlich sah es auf den Linien von Ulm nach München und Regensburg aus. Nicht nur deshalb passen die Vorfälle in Kellmünz und Altenstadt ins Bild.
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), ein öffentliches Unternehmen, plant, finanziert und kontrolliert den Nahverkehr auf den bayerischen Schienen. Sie hat die Statistik für das Jahr 2023 veröffentlicht und vermeldet den schlechtesten Wert seit der Bahnreform in den 90er-Jahren. Nur 87 Prozent der Züge im Freistaat kamen pünktlich. Als pünktlich gewertet werden alle Züge, die weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Verbindungen, die ganz ausfallen, kommen in dieser Auflistung nicht vor, dafür gibt es eine eigene Statistik. Auch diese Zahl ist bayernweit mit 6,3 Prozent deutlich höher als zuletzt.
Die schlechtesten Werte der drei regionalen Linien weist Go-Ahead auf: 80,2 Prozent der Züge zwischen Ulm und München beziehungsweise zwischen Ulm und Augsburg waren pünktlich (2021: 90,9 Prozent; 2022: 85,8 Prozent). 8,1 Prozent der Züge fielen aus (2021: 7,7 Prozent; 2022: 2,9 Prozent). Agilis erreichte auf der Strecke Ulm–Regensburg einen Pünktlichkeitswert von 82,2 Prozent (2021: 90,9 Prozent; 2022: 82,1 Prozent). 5,1 Prozent der Züge fielen aus (2021: 1,9 Prozent; 2022: 3,6 Prozent). Auf der Illertalbahn Ulm–Memmingen, wo DB Regio beauftragt ist, waren 87,6 Prozent der Züge pünktlich (2021: 92,5 Prozent; 2022: 89,1). 5,9 Prozent der Züge fielen aus (2021: 4,5 Prozent; 2022: 4,0 Prozent).
Nach Angaben der BEG ist marode Infrastruktur für einen großen Teil der Ausfälle verantwortlich. Im vergangenen Jahr verschuldeten Störungen von Leitund Sicherheitstechnik, an Weichen und an Bahnübergängen bayernweit 27,2 Prozent der Verspätungen im Freistaat. An zweiter Stelle folgten Verzögerungen, für die die Unternehmen verantwortlich sind, etwa Fahrzeugprobleme, Haltezeitüberschreitungen oder verspätet eingetroffenes Personal (23,2 Prozent). 18,7 Prozent gingen auf externe Einflüsse zurück, beispielsweise extreme Witterungsbedingungen, Streiks und Ereignisse wie Personen im Gleis oder Notarzteinsätze. Diese Werte beziehen sich nur auf Verspätungen, die sich einer direkten Ursache zuordnen lassen, sogenannte Primärverspätungen. Folgeverspätungen, die im weiteren Fahrtverlauf entstehen, bleiben ausgeklammert.
Verspätungen gibt es bayernweit vor allem auf Strecken, die sowohl von Regional-, Fern und Güterverkehr genutzt werden. Keine der drei Linien von und nach Ulm wird ausschließlich von Regionalzügen befahren. Der Einfluss externer Ursachen nahm zu, auch
Bauarbeiten spielen eine größere Rolle als zuvor. Bauarbeiten, wie sie nun auf der Illertalbahn in Kellmünz und Altenstadt nötig sind.
Bei Kellmünz fuhr ein Nahverkehrszug am 8. April gegen 19.15 Uhr auf die Weiche und beschädigte diese. Die Ursache wird nach Angaben einer Bahnsprecherin aktuell untersucht. Derzeit laufe die Reparatur der Weiche, die oberbauund signaltechnisch schwer beschädigt worden sei. Die Ersatzteile müssen entsprechend beschafft und Ressourcen für den Austausch und den Einbau gebunden werden. Ziel sei es, die Weiche schnellstmöglich zu reparieren. Einen Zeitpunkt für den Abschluss dieser Arbeiten nannte sie nicht. Bei Altenstadt fuhr ein Fahrzeug am Sonntag offenbar gegen die geschlossene Schranke am Bahnübergang Untereichen/Mühlbachstraße, dabei wurde der automatische Antrieb beschädigt. Nach Angaben
der Polizei wurde die Störung am 14. April gegen 10.15 Uhr gemeldet.
Die Auswirkungen auf den Zugverkehr sind deutlich spürbar, weil ein Gleis im Kellmünzer Bahnhof durch die defekte Weiche aktuell nicht genutzt werden kann. So fällt eine Stelle für sogenannte Zugkreuzungen aus. Zwei entgegenkommende Bahnen können sich im Kellmünzer Bahnhof anders als sonst nicht begegnen, Fahrten verzögern sich deswegen. Der Abschnitt zwischen Kellmünz und Pleß soll beim geplanten Ausbau der Illertalbahn zweigleisig werden.
Die BEG warnt aber bereits vor den Folgen weiterer Baustellen – zunächst mit Blick auf die anstehende Generalsanierung der sogenannten Hochleistungskorridore. „Monatelange Komplettsperrungen sind für Fahrgäste ein Albtraum. Es braucht deshalb Schienenersatzverkehr auf einem ganz neuen Niveau, mit einem dichten Takt und Expressbussen“, fordert BEG-Geschäftsführerin Bärbel Fuchs.
Andernfalls laufe man Gefahr, viele Fahrgäste wieder an den Individualverkehr zu verlieren.
Ersatzteile für beschädigte Weiche müssen beschafft werden.