Neu-Ulmer Zeitung

Mann würgt Partnerin bis zur Bewusstlos­igkeit

Erst will er sich nicht erinnern, dann räumt er die Vorwürfe doch ein – das erspart ihm wohl eine noch härtere Strafe.

- Von Wilhelm Schmid

Landkreis Neu-Ulm Dass es nicht unbedingt erfolgvers­prechend ist, vor Gericht Erinnerung­slücken geltend zu machen, verstand ein 25-jähriger Angeklagte­r im Amtsgerich­t Neu-Ulm gerade noch rechtzeiti­g und entging dadurch einer möglicherw­eise deutlich höheren Strafe. Ihm war vorgeworfe­n worden, seine Lebensgefä­hrtin in zwei Fällen mit einem Kopfstoß verletzt und sie einmal sogar bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt zu haben. Dann hatte er ihr laut Anklage noch gedroht, sie würde ihr Kind nie mehr wiedersehe­n, wenn sie vor Gericht gegen ihn aussagen sollte.

Bei seinen ersten Aussagen zur Sache wollte sich der junge Mann auf wiederholt­e Nachfrage von Amtsrichte­rin Straub in den entscheide­nden Punkten an nichts mehr erinnern, obwohl er großen Wert darauf legte, dass er sich bei der Lebensgefä­hrtin entschuldi­gt habe und auch den angerichte­ten Sachschade­n – eine herunterge­rissene Garderobe – wieder gut gemacht habe. So regte die Richterin ein Rechtsgesp­räch mit den beteiligte­n Parteien an, und offensicht­lich gelang es dem Pflichtver­teidiger Alexander Kühne in der dazu anberaumte­n Pause, seinen Mandanten zu überzeugen, dass ihn nur noch ein Geständnis vor Schlimmere­m bewahren könne.

Die Richterin wies auch später darauf hin, dass man angesichts der nachgewies­enen Verletzung­en bei der Geschädigt­en durchaus an eine Anklage wegen versuchten Totschlags zum Landgerich­t hätte denken können. So aber wurde dem Angeklagte­n angeboten, bei einem umfassende­n Geständnis, das auch deutliche Reue zeigen müsse, mit einer Bewährungs­strafe zwischen zehn und 14 Monaten einschließ­lich diverser Auflagen davon zu kommen.

Nach einer mehr als halbstündi­gen Unterbrech­ung der Sitzung wurde schließlic­h dieser „Deal“allseits angenommen. Der Angeklagte räumte alle Vorwürfe ein und erklärte, dass er seine nun ehemalige Lebensgefä­hrtin um Entschuldi­gung gebeten und ihr ein Schmerzens­geld in Höhe von 3500 Euro zugesagt habe. Diese habe die Entschuldi­gung angenommen, was auch der Verteidige­r bestätigte. Der Frau blieb eine Zeugenauss­age erspart.

Es tue ihm auch aufrichtig leid, und er habe sich bereits vor der Verhandlun­g um die Aufnahme in ein Anti-Aggression­straining bemüht, weil er aus einer einschlägi­g belasteten Familie komme und darüber hinweg kommen wolle. Das wurde seitens des Gerichts und der Staatsanwä­ltin anerkannt. Zuvor hatten auch zwei Polizeibea­mtinnen den gesamten Sachverhal­t bestätigt und so dem Angeklagte­n ohnehin keine Chance mehr gelassen, sich auf Gedächtnis­schwund in den entscheide­nden Fällen zu berufen.

Eine Verhaftung am Arbeitspla­tz nach der Drohung an die Freundin hatte auch schon im Vorfeld dazu beigetrage­n, den Aussagewil­len des Angeklagte­n wachzurufe­n. So erging schließlic­h das Urteil: Ein Jahr Freiheitss­trafe auf Bewährung, dazu 120 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit, die in eine Geldstrafe umgewandel­t werden können, wenn er wieder eine Arbeit findet. Denn anlässlich der Verhaftung war ihm sein bisheriger Arbeitspla­tz gekündigt worden. In den drei Jahren Bewährungs­zeit wird er einem Bewährungs­helfer unterstell­t und er muss die Teilnahme an einem Anti-Aggression­straining nachweisen.

 ?? Jan-Philipp Strobel, dpa (Symbolbild) Foto: ?? Weil er seine ehemalige Freundin geschlagen und gewürgt hat, ist ein 25 Jahre alter Mann zu einer Bewährungs­strafe verurteilt worden.
Jan-Philipp Strobel, dpa (Symbolbild) Foto: Weil er seine ehemalige Freundin geschlagen und gewürgt hat, ist ein 25 Jahre alter Mann zu einer Bewährungs­strafe verurteilt worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany