Die Geschichte der Hirschstraße 30
Nach dem Umbau in der Hirschstraße steht die Telekom kurz vor dem Einzug. Der Weg dorthin war lang und hängt eng mit dem ältesten Unternehmen der Stadt zusammen.
Ulm Mit dem Abschluss der letzten Maßnahmen zur baulichen Trennung der Gebäude in der Hirschstraße 26 und 30 schlägt die indirekt zur Gold Ochsen Brauerei gehörende Leibinger Vermögensverwaltung (LVV) ein neues Kapitel in der Geschichte dieser Häuserzeile auf. Bis zum 15. April 2024 erfolgt der letzte Feinschliff. Dann zieht die Telekom als Mieter im Haus Nummer 30 ein und eröffnet im Mai ihr Ladengeschäft.
Der Startschuss für die umfangreichen Baumaßnahmen mit einem Projektvolumen im siebenstelligen Bereich war im August 2023. Nach der Entkernung des Gebäudeteils Hirschstraße 30 sowie dem Rückbau der gesamten Technik und Trennung der technischen Infrastruktur erfolgte der Einbau von Brandwänden vom Unter- bis ins Dachgeschoss. Darüber hinaus wurden zwei selbstständige Treppenhäuser in der Wengengasse und Hirschstraße 30 als vertikale Erschließung errichtet. Der Neuaufbau der technischen Infrastruktur umfasste neben Trafoanlage und Fernwärme auch die Bereiche Telefon, Wasser und Lüftung. Hinzu kommen weitere Maßnahmen im Erdgeschoss: Neben dem Einbau einer energietechnisch neuen Glas-AluminiumSchaufensterfassade erfolgte die konstruktive Trennung der Portalfassade zwischen der Hirschstraße 26 und 30 im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Der Shopausbau an sich liegt in den Händen der Telekom.
„Für einen erheblichen Kostenaufwand sorgten die äußeren Rahmenbedingungen rund um das Objekt“, so Thomas Schulz, Geschäftsführer der Architekturwerkstatt Generalplaner in Ulm, die für die Planung und Steuerung des Bauprojekts zuständig war. Dazu zählt in erster Linie die erschwerte Andienung: Diese erfolgte – aufgrund der Sperrung der Wengengasse – über die Bahnhofstraße, die Abfahrt wiederum über die Glöcklerstraße. „Eine weitere Herausforderung war die äußerst schwierige Park- und Lagersituation. Denn die Baustelleneinrichtung wurde auf ein Minimum reduziert, um das Geschehen in der Fußgängerzone sowie das Tagesgeschäft bei Hugendubel so wenig wie möglich zu beeinträchtigen“, ergänzt Schulz.
Im Rahmen eines Empfangs nutze die Gold-Ochsen-Chefin Ulrike Freund die Gelegenheit, allen Beteiligten ihren Dank auszusprechen. „Hinter uns liegt ein ganzes Stück Arbeit. Umso mehr freue ich mich, dass jetzt alle Weichen für die Zukunft gestellt sind. Und mit der Modernisierung des Gebäudes an der Ecke Hirschstraße/Wengengasse leisten wir schon heute einen Beitrag, die Ulmer Fußgängerzone attraktiver zu gestalten“, so
Freund, geschäftsführende Gesellschafterin der Leibinger Vermögensverwaltung.
Der Umbau zieht dabei nicht zuletzt einen Schlussstrich unter die bisherige, komplexe Konstellation der Eigentums- und Mietverhältnisse unter dieser Adresse, die vor rund 70 Jahren ihren Anfang nahm. Denn am 17. Dezember 1958 schließt August Leibinger einen Erbbauvertrag mit der zum Kaufhaus-Konzern gehörigen Firma Kaufhalle aus Köln – nachdem er Grundstück und Gebäude der Hirschstraße 28-30 wenige Jahre zuvor erworben hatte, um zusätzliche Werte für seine Nachkommen zu schaffen. Ab diesem Datum zeichnet der neue Pächter Kaufhalle für die Gestaltung und Weiterentwicklung der Immobilie verantwortlich – bis das Erbbaurecht 1992 erlischt, wobei das Unternehmen weiterhin in der Rolle des Mieters auftritt.
Inzwischen begleitet bereits ein neuer Eigentümer der Hirschstraße 26 die Geschicke der baulich verbundenen Hausreihe, gemeinsam mit der Leibinger Vermögensverwaltung. 1999 wird die Fläche der Kaufhalle Ulm im Sinne der Sportarena – ebenfalls eine Kaufhof-Tochter – umgebaut. Diese übernimmt 2005 als Mieter den
Vertrag von Kaufhalle und vermietet noch im gleichen Jahr an das Modehaus s.Oliver unter, welches wiederum den Buchhändler Hugendubel als weiteren Untermieter gewinnt. Nach der Insolvenz der Sportarena 2020 werden die Mietverträge direkt zwischen s.Oliver, Hugendubel und den Eigentümern geschlossen. Die komplexe Situation findet im Zuge der Komplettaufteilung der Häuser entsprechend den Eigentumsverhältnissen nun ein konsequentes Ende, wovon nicht zuletzt die Mieter – Telekom in der Hirschstraße 30 sowie Hugendubel in der Hirschstraße 26 – profitieren. (AZ/heo)