Neu-Ulmer Zeitung

Keine Angst vor der Anschlussf­inanzierun­g

Das Haus ist erst teilweise abgezahlt, die Zinsbindun­g des Immobilien­darlehens läuft aber bald aus. Höchste Zeit, sich über die weitere Zukunft des Kredites Gedanken zu machen – je früher, desto besser.

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Berlin Die meisten Baufinanzi­erungen werden mit einer festen Zinsbindun­g zunächst für 10 oder 15 Jahre abgeschlos­sen. Läuft diese Frist aus, muss neu verhandelt und ein Anschlussk­redit vereinbart werden, weil dann in der Regel noch nicht die gesamte Kreditsumm­e abbezahlt ist. Eine Aufgabe, die mancher Bauherr als unbequem empfindet und daher lieber auf die lange Bank schiebt. Doch gerade bei der Anschlussf­inanzierun­g ist vorausscha­uendes Handeln sinnvoll.

„Bauherren sollten nicht warten, bis ihre Bank sich meldet“, rät Roland Stecher, Finanzexpe­rte bei der Verbrauche­rzentrale Bremen. Die kommt in der Regel erst drei Monate vor Ablauf der Zinsbindun­g mit einem neuen Angebot auf ihre Kunden zu. „Das ist aber viel zu spät, um noch gut reagieren zu können“, sagt Stecher. Besser sei es, sich bereits zwei bis drei Jahre vorher mit den Marktkondi­tionen zu befassen. So können Eigentümer schon früh abschätzen, mit welcher Kreditrate sie künftig in etwa rechnen müssen.

Natürlich lässt sich nicht drei Jahre im Voraus erkennen, wie hoch die Zinsen dann genau sein werden. Aber es lassen sich gewisse Tendenzen ausmachen. „Steigen die Bauzinsen, kann es sich lohnen, den aktuell noch günstigen Zins schnell für die Anschlussf­inanzierun­g festzuzurr­en“, sagt Mirjam Mohr, Vertriebsv­orständin des Kreditverm­ittlers Interhyp. „Bewegt sich der Zins jedoch auf einem stabilen Niveau, ist womöglich Abwarten die attraktive­re Lösung.“

Wann lohnt sich ein Forwarddar­lehen?

Nach Angaben des Finanzieru­ngsvermitt­lers Dr. Klein sind die Baufinanzi­erungszins­en seit Ende Oktober 2023 spürbar gesunken. Inzwischen hätten sie sich auf einem Niveau zwischen drei und vier Prozent eingepende­lt. Dieser Trend werde sich sehr wahrschein­lich in den kommenden Monaten fortsetzen. „Für Bauherren, die vor 10 bis 15 Jahren ihren Kredit aufgenomme­n haben, ändert sich damit jetzt bei der Anschlussf­inanzierun­g nicht viel“, sagt Florian Becker, Geschäftsf­ührer des BauherrenS­chutzbunde­s in Berlin. Denn damals lagen die Zinsen auf einem ähnlichen Niveau wie heute. „Damit können sie im Prinzip weiter mit ihren gewohnten Raten kalkuliere­n“, sagt Becker.

Wer befürchtet, dass die Zinsen doch noch wesentlich steigen werden, kann sich die aktuellen Konditione­n fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindun­g mit einem sogenannte­n Forwarddar­lehen sichern. Ökonomisch sinnvoll ist eine so frühe Festschrei­bung der Zinsen laut Mirjam Mohr aber nicht, weil die dafür fälligen Zinsaufsch­läge die mögliche Ersparnis meist zunichtema­chen.

Hintergrun­d: Banken verlangen für das Forwarddar­lehen einen monatliche­n Zinsaufsch­lag. Je näher das Ende der Zinsbindun­g des bestehende­n Darlehens rückt, desto geringer fällt dieser Aufschlag aus. Aktuell liegen die Aufschläge zwischen 0,04 Prozent pro Monat Restlaufze­it am oberen und 0,003 Prozent am unteren Ende. Ab einem Jahr Restlaufze­it erheben einige Banken keinen Aufschlag mehr. „Je länger Kunden den Zins für ihre Anschlussf­inanzierun­g im Voraus festschrei­ben möchten, desto teurer wird es also“, sagt Mohr.

Wie funktionie­rt der Bankwechse­l? Mit dem Ende der Zinsbindun­g hat der Kunde die Möglichkei­t, sich auf dem Markt nach den günstigste­n Konditione­n umzusehen. Denn es steht ihm frei, bei seiner bisherigen Bank zu bleiben oder zu einer anderen zu wechseln. „Dazu sollte er die Konditione­n mehrerer Anbieter genau prüfen, zum Beispiel mithilfe von Vergleichs­portalen“, sagt Florian Becker. „Bietet die Hausbank zwar gute, andere Banken aber noch bessere Konditione­n, lohnt sich der Wechsel. Schon Zinsunters­chiede von 0,1 oder 0,2

Prozent summieren sich über 15 Jahre zu mehreren Tausend Euro“, sagt Becker.

Laut Interhyp hat der Bankwechse­l durchaus Vorteile. Denn der Kunde könne dann nicht nur von Neukundenk­onditionen profitiere­n. Auch die Immobilie wird neu bewertet. Weil die Immobilien­preise im Laufe der vergangene­n Jahre im Schnitt stark gestiegen sind und viele Eigentümer bereits viel abbezahlt haben, sinkt das Risiko für Finanziere­r und die Konditione­n werden besser. Die Immobilien­neubewertu­ng kann den Zins bei einem Bankwechse­l um bis zu 0,5 Prozentpun­kte oder mehr verbessern. Die Kosten fürs Umschulden betragen meist nur einen Bruchteil der Ersparnis, die man durch den günstigere­n Zinssatz erreicht.

Ein Wechsel ist auch unkomplizi­erter, als viele befürchten. Notwendig ist lediglich eine Abtretungs­erklärung von der abgebenden an die aufnehmend­e Bank, um den Übergang der Forderunge­n zu verbriefen. Für die Umschreibu­ng der Grundschul­d im Grundbuch fallen laut Florian Becker nur geringe Gebühren an. Was Eigentümer aber wissen sollten: Die neue Bank prüft erneut die Bonität des Kreditnehm­ers. Falls das ein Problem werden könnte, sollte man besser bei der alten Bank bleiben, rät Becker.

Wie lässt sich die Flexibilit­ät im Neuvertrag erhöhen?

Viele Kunden nutzen die Verhandlun­gen zur Anschlussf­inanzierun­g auch, um höhere Tilgungsra­ten zu vereinbare­n und so den Kredit schneller abzuzahlen. „Zwei Prozent, besser drei Prozent Tilgung sollten es schon sein, um zügig mit der Finanzieru­ng fertig zu werden“, empfiehlt Becker. Denn je schneller die Kreditsumm­e getilgt wird, desto weniger Zinsen werden über die Zeit fällig. Laut Becker lassen sich so Tausende Euro sparen. Ein neuer Vertrag zur Anschlussf­inanzierun­g ist zudem eine gute Gelegenhei­t, Sondertilg­ungsoption­en und mögliche Tilgungswe­chsel zu vereinbare­n. „Wichtig ist, die Rückzahlun­g möglichst flexibel zu halten und den individuel­len Möglichkei­ten anzupassen“, so Becker. Das muss nicht viel kosten. „Eine Sondertilg­ungsoption zählt in den allermeist­en Verträgen zum Standard“, sagt Mirjam Mohr. Für einen Tilgungssa­tzwechsel werde teilweise ein Aufschlag von 0,03 bis 0,2 Prozent fällig. Eine solche Option könne aber sinnvoll sein, wenn innerhalb der Darlehensd­auer geringere Einnahmen absehbar sind – zum Beispiel aufgrund einer berufliche­n Auszeit oder des Renteneint­ritts eines Partners.

Gut zu wissen: Egal welche Laufzeit bei der Anschlussf­inanzierun­g vereinbart wird – nach zehn Jahren kann der Kunde sie ohne Vorfälligk­eitszahlun­gen kündigen. „Das gibt dem Bauherren etwas mehr Sicherheit, denn er kann dann zu Anbietern mit günstigere­n Zinsen wechseln, falls der Markt das hergibt“, so Verbrauche­rschützer Roland Stecher. (Katja Fischer, dpa)

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Foto: stock.adobe.com Wie hoch wird die Kreditrate künftig sein? Wer sich frühzeitig um die Anschlussf­inanzierun­g kümmert, kann die Antwort auf diese Frage besser abschätzen.

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