Grow-Shop profitiert vom Cannabis-Hype
Früher Tomate und Peperoni, jetzt Cannabis: Spätestens seit der Teil-Legalisierung erfährt das Fachgeschäft von Eric Schröter in Ulm einen rasanten Aufstieg. Die erste Million Euro im Umsatz wurde bereits geknackt.
Ulm Rotz und Wasser habe er geheult, als klar wurde, dass die TeilLegalisierung in Deutschland kommt. Seit 1. April darf Eric Schröter in seinem „Grow-Shop“am Ulmer Kuhberg nun offiziell in Sachen Cannabis beraten. Kundinnen und Kunden erfahren und erhalten bei und von ihm alles zum ganz speziellen Anbau der Pflanzen – vom Dünger über Luftfilter bis hin zum passenden Licht. Einen Laden wie den Garten Eden gebe es in der Region keinen zweiten, sagt er. Die Nachfrage verdopple sich Jahr für Jahr, die erste Million im Umsatz wurde längst geknackt. Aktuell ist der „Boost“aber besonders groß. „Ich könnte im Laden ein Zelt aufschlagen.“
Eric Schröter ist gebürtiger Ulmer. Nach der Schule probierte er erst eine Ausbildung als Hotelfachmann, danach jobbte er viele Jahre in unterschiedlichen Bereichen: Telekom, Kabel Deutschland, Arbeiter-Samariter-Bund, Veranstaltungsbranche. Im Ulmer Hanflager wurde der heute 36-Jährige zum Einzelhandelskaufmann.
Dessen Besitzer Stefan „Obi“Oberdorfer nennt er seinen „Lehrmeister“. Ohne ihn wäre er nicht da, wo er heute ist. Seit er 15 Jahre alt ist, sei er in der Branche aktiv. Vor sechs Jahren wagte Schröter dann den Schritt in die Selbstständigkeit, weil er glaubte, eine Marktlücke erkannt zu haben: Im Hanflager in Ulm gebe es zwar haufenweise Produkte auf der Basis von Hanf. So zum Beispiel Lebensmittel, Kleidung sowie Gerätschaften für den Konsum wie Bongs und andere Pfeifen. Für den Anbau aber gebe es so gut wie nichts.
Schon immer sei er von Pflanzen begeistert. „Als Kind mit Mama im Garten“hat es angefangen, erzählt er. Doch auch der naturwissenschaftliche Hintergrund interessiere ihn und höre nie auf, interessant zu sein. Schröter schwärmt von LED-Technik, Lichtspektrum, Wellenlänge und Hormonhaushalt. Weil Cannabis bis zuletzt illegal war, ist der Kenntnisstand „noch in den Kinderschuhen“. „Natürlich“hat er auch Gefallen am „Endprodukt“und meint damit wohl dessen berauschende Wirkung. Ein „netter Benefit“. „Weil man die direkte Resonanz
hat, ob man es gut gemacht hat oder nicht“, sagt er. „Gartenarbeit beruhigt mich.“Faszination weckt in ihm aber auch das Unternehmersein.
Die ersten zwei Jahre befand sich sein Laden, der Garten Eden, in der Klosterstraße in Söflingen, inzwischen ist die Multscherstraße am Kuhberg die Heimat für besondere Pflanzenliebhaber. Auf 270 Quadratmetern erstreckt sich jenes „Paradies“. Zumindest offiziell wurde bislang ausschließlich zum Anbau von Pflänzchen wie Tomaten oder Peperoni beraten. Dass so mancher aber aus ganz anderen Beweggründen in den Laden kam, drückt Schröter in etwa so aus: „Vermutet habe ich es zwar schon, aber gewusst habe ich davon nichts. Wenn, dann hätte ich es nicht getan und sie freundlich weggeschickt.“In Konflikt mit dem Gesetz sei er nie gekommen. Mit Organisierter Kriminalität will er gar nichts zu tun haben, auch deshalb bevorzuge er den Eigenanbau. „Ich habe eine saubere Weste“, sagt er.
Jede positive Nachricht mit Blick auf die am Ostermontag erfolgte Teil-Legalisierung habe sich auf sein Geschäft ausgewirkt. Die „Achterbahnfahrt“war zugleich ein „Pokerspiel“. Ohne final zu wissen, ob das Gesetz wirklich kommt, liefen Vorbereitungen: Produkte wurden vorbestellt, ein Warenwirtschaftssystem installiert und ein Außenlager bezogen. Ein Risiko, das sich jetzt offensichtlich bezahlt macht. Wenngleich die Hersteller nicht hinterherkommen. Als Umsatz im vergangenen Jahr gibt Schröter 1,2 Millionen Euro an. Die derzeitigen Zahlen lassen für dieses Jahr mehr als das Doppelte erwarten. 80 Prozent mache der Onlinehandel aus. Bestellt werde europaweit. In wenigen Wochen soll der Versand komplett outgesourct werden. Stark nachgefragt werden derzeit Lichter, Zelte und Abluftsysteme sowie Komplettsets für Einsteiger, „eigentlich alles“. Zu 60 Prozent sei man ausverkauft.
Einst eine „One-Man-Show“hat
Schröter inzwischen zwölf Angestellte, darunter mehrere Familienangehörige. Seine Freundin, die Mutter einer gemeinsamen Tochter, ist Grafikdesignerin, der Onkel Buchhalter und die Cousine kümmert sich um den Onlinehandel. Hinzu kämen Jobs wie Steuerberater und Videografen. Denn vermarktet wird in Eigenregie über die sozialen Netzwerke. Auch Seminare mit „GrößeN“aus der Szene wurden bereits veranstaltet. Auf Youtube grüßt der Spezialist für Licht- und Treibhaustechnik regelmäßig aus dem „Nebelloch in Ulm“. Ein passendes Wortspiel. Seine Videos dort hätten in den vergangenen 30 Tagen eine halbe Million Menschen erreicht. Laut Schröter „der größte Grow-ShopKanal Deutschlands“, womöglich sogar im deutschsprachigen Raum. Deutschlandweit wird von zwischen vier bis fünf Millionen Konsumenten ausgegangen. Immer mehr Geld verdienen, darum gehe es ihm aber gar nicht. Er mache es „aus Überzeugung“, schließlich habe er bereits begonnen, als von einer Legalisierung noch keine Rede war. Er sei nur „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“.
80 Prozent macht der Onlinehandel aus.