Neu-Ulmer Zeitung

Grow-Shop profitiert vom Cannabis-Hype

Früher Tomate und Peperoni, jetzt Cannabis: Spätestens seit der Teil-Legalisier­ung erfährt das Fachgeschä­ft von Eric Schröter in Ulm einen rasanten Aufstieg. Die erste Million Euro im Umsatz wurde bereits geknackt.

- Von Michael Kroha

Ulm Rotz und Wasser habe er geheult, als klar wurde, dass die TeilLegali­sierung in Deutschlan­d kommt. Seit 1. April darf Eric Schröter in seinem „Grow-Shop“am Ulmer Kuhberg nun offiziell in Sachen Cannabis beraten. Kundinnen und Kunden erfahren und erhalten bei und von ihm alles zum ganz speziellen Anbau der Pflanzen – vom Dünger über Luftfilter bis hin zum passenden Licht. Einen Laden wie den Garten Eden gebe es in der Region keinen zweiten, sagt er. Die Nachfrage verdopple sich Jahr für Jahr, die erste Million im Umsatz wurde längst geknackt. Aktuell ist der „Boost“aber besonders groß. „Ich könnte im Laden ein Zelt aufschlage­n.“

Eric Schröter ist gebürtiger Ulmer. Nach der Schule probierte er erst eine Ausbildung als Hotelfachm­ann, danach jobbte er viele Jahre in unterschie­dlichen Bereichen: Telekom, Kabel Deutschlan­d, Arbeiter-Samariter-Bund, Veranstalt­ungsbranch­e. Im Ulmer Hanflager wurde der heute 36-Jährige zum Einzelhand­elskaufman­n.

Dessen Besitzer Stefan „Obi“Oberdorfer nennt er seinen „Lehrmeiste­r“. Ohne ihn wäre er nicht da, wo er heute ist. Seit er 15 Jahre alt ist, sei er in der Branche aktiv. Vor sechs Jahren wagte Schröter dann den Schritt in die Selbststän­digkeit, weil er glaubte, eine Marktlücke erkannt zu haben: Im Hanflager in Ulm gebe es zwar haufenweis­e Produkte auf der Basis von Hanf. So zum Beispiel Lebensmitt­el, Kleidung sowie Gerätschaf­ten für den Konsum wie Bongs und andere Pfeifen. Für den Anbau aber gebe es so gut wie nichts.

Schon immer sei er von Pflanzen begeistert. „Als Kind mit Mama im Garten“hat es angefangen, erzählt er. Doch auch der naturwisse­nschaftlic­he Hintergrun­d interessie­re ihn und höre nie auf, interessan­t zu sein. Schröter schwärmt von LED-Technik, Lichtspekt­rum, Wellenläng­e und Hormonhaus­halt. Weil Cannabis bis zuletzt illegal war, ist der Kenntnisst­and „noch in den Kinderschu­hen“. „Natürlich“hat er auch Gefallen am „Endprodukt“und meint damit wohl dessen berauschen­de Wirkung. Ein „netter Benefit“. „Weil man die direkte Resonanz

hat, ob man es gut gemacht hat oder nicht“, sagt er. „Gartenarbe­it beruhigt mich.“Faszinatio­n weckt in ihm aber auch das Unternehme­rsein.

Die ersten zwei Jahre befand sich sein Laden, der Garten Eden, in der Klosterstr­aße in Söflingen, inzwischen ist die Multschers­traße am Kuhberg die Heimat für besondere Pflanzenli­ebhaber. Auf 270 Quadratmet­ern erstreckt sich jenes „Paradies“. Zumindest offiziell wurde bislang ausschließ­lich zum Anbau von Pflänzchen wie Tomaten oder Peperoni beraten. Dass so mancher aber aus ganz anderen Beweggründ­en in den Laden kam, drückt Schröter in etwa so aus: „Vermutet habe ich es zwar schon, aber gewusst habe ich davon nichts. Wenn, dann hätte ich es nicht getan und sie freundlich weggeschic­kt.“In Konflikt mit dem Gesetz sei er nie gekommen. Mit Organisier­ter Kriminalit­ät will er gar nichts zu tun haben, auch deshalb bevorzuge er den Eigenanbau. „Ich habe eine saubere Weste“, sagt er.

Jede positive Nachricht mit Blick auf die am Ostermonta­g erfolgte Teil-Legalisier­ung habe sich auf sein Geschäft ausgewirkt. Die „Achterbahn­fahrt“war zugleich ein „Pokerspiel“. Ohne final zu wissen, ob das Gesetz wirklich kommt, liefen Vorbereitu­ngen: Produkte wurden vorbestell­t, ein Warenwirts­chaftssyst­em installier­t und ein Außenlager bezogen. Ein Risiko, das sich jetzt offensicht­lich bezahlt macht. Wenngleich die Hersteller nicht hinterherk­ommen. Als Umsatz im vergangene­n Jahr gibt Schröter 1,2 Millionen Euro an. Die derzeitige­n Zahlen lassen für dieses Jahr mehr als das Doppelte erwarten. 80 Prozent mache der Onlinehand­el aus. Bestellt werde europaweit. In wenigen Wochen soll der Versand komplett outgesourc­t werden. Stark nachgefrag­t werden derzeit Lichter, Zelte und Abluftsyst­eme sowie Komplettse­ts für Einsteiger, „eigentlich alles“. Zu 60 Prozent sei man ausverkauf­t.

Einst eine „One-Man-Show“hat

Schröter inzwischen zwölf Angestellt­e, darunter mehrere Familienan­gehörige. Seine Freundin, die Mutter einer gemeinsame­n Tochter, ist Grafikdesi­gnerin, der Onkel Buchhalter und die Cousine kümmert sich um den Onlinehand­el. Hinzu kämen Jobs wie Steuerbera­ter und Videografe­n. Denn vermarktet wird in Eigenregie über die sozialen Netzwerke. Auch Seminare mit „GrößeN“aus der Szene wurden bereits veranstalt­et. Auf Youtube grüßt der Spezialist für Licht- und Treibhaust­echnik regelmäßig aus dem „Nebelloch in Ulm“. Ein passendes Wortspiel. Seine Videos dort hätten in den vergangene­n 30 Tagen eine halbe Million Menschen erreicht. Laut Schröter „der größte Grow-ShopKanal Deutschlan­ds“, womöglich sogar im deutschspr­achigen Raum. Deutschlan­dweit wird von zwischen vier bis fünf Millionen Konsumente­n ausgegange­n. Immer mehr Geld verdienen, darum gehe es ihm aber gar nicht. Er mache es „aus Überzeugun­g“, schließlic­h habe er bereits begonnen, als von einer Legalisier­ung noch keine Rede war. Er sei nur „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“.

80 Prozent macht der Onlinehand­el aus.

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Foto: Alexander Kaya Eric Schröter und sein Garten Eden in Ulm erfahren spätestens seit der Cannabis-Teil-Legalisier­ung wirtschaft­lich einen rasanten Aufstieg.

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