„Wie ein intensives Hobby“
1990 war Herbert Richter (SPD) jüngstes Mitglied im Weißenhorner Stadtrat. 34 Jahre später beschreibt er die Herausforderungen und Erfolge seiner Tätigkeit.
Weißenhorn Vom Hörsaal in den Stadtrat – so kann man den Beginn der kommunalpolitischen Karriere von Herbert Richter skizzieren. Inzwischen ist der Fraktionsvorsitzende der SPD das dienstälteste Mitglied des Gremiums. Nach 34 Jahren hat unsere Redaktion ihn um ein Resümee seiner Arbeit gebeten – und gleichzeitig um eine Einschätzung, welche Themen für die Kommune derzeit besonders wichtig sind.
Wie hat das Herbert Richter angefangen? 1990 wurde er als 23-jähriger von dem erfahrenen und langjährigen Stadtrat Heinz Schulz eingeladen, sich für das Amt zu bewerben. Schulz vertrat die Sozialdemokraten beeindruckende 42 Jahre lang im Stadtrat – von 1966 bis 2008. Sohn Thomas trat in die politischen Fußstapfen des Vaters – und sitzt heute neben dem Fraktionsvorsitzenden am Ratstisch.
Richter studierte zur damaligen Zeit, also 1990, noch in Ulm Maschinenbau und wurde über Nacht zum jüngsten Stadtratsmitglied. Er sei froh gewesen, damals erfahrene „Schwergewichte“aus der SPD-Fraktion wie Heinz Schulz, Hermann Geiger oder Helmut Rausch an seiner Seite gehabt zu haben, die ihm mit Rat und Tat zur Seite standen, sagt er. Auch bot der Landkreis Neu-Ulm zur damaligen Zeit noch Schulungen für neue Stadträtinnen und Stadträte an, die beispielsweise in das Haushaltswesen einführten.
Nach 34 Jahren ist zwar heute vieles Routine, aber die Anforderungen seien deutlich gestiegen. „Die Fragestellungen sind komplexer geworden“, sagt Richter mit Blick auf Vergabeverfahren und Planungsprozesse, die inzwischen teilweise „zeitraubend und nervenaufreibend seien“. Auch die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger hätten sich gewandelt, heute würden höhere Ansprüche gestellt.
Daher trifft sich die SPD-Fraktion etwa eine Stunde vor jeder regulären Stadtrat- oder Ausschusssitzung zur Beratung. Der zeitliche Aufwand schwanke zwar, aber mit vier bis fünf Stunden pro Woche müsse man für den Einsatz schon planen, erzählt Richter. Da diese Arbeit, abgesehen von einer Aufwandsentschädigung, ehrenamtlich geleistet wird, müsse man sich die Anliegen einer Stadt zu eigen machen. Wie ein intensives Hobby sei es, sagt Richter.
Für die kommenden Jahre verdienen seiner Ansicht neben den bekannten Großprojekten wie der
Sanierung und Neukonzeption des Museumskomplexes und der Neubau des Feuerwehr-Gerätehauses auch zwei weitere Bereiche besondere Aufmerksamkeit: Zum einen bedeute der absolut notwendige Umstieg auf alternative Energieformen, dass man unbedingt die Bürgerinnen und Bürger einbeziehen müsse. Richter ist überzeugt: „Das nächste halbe Jahr wird entscheidend sein.“Der Weg, in Richtung Bürger-Energie-Genossenschaften zu gehen, sei absolut richtig. Daher solle so bald wie möglich der Appell an die Weißenhornerinnen und Weißenhorner gerichtet werden, nicht übereilt Verträge mit Investoren abzuschließen.
Zum anderen liegt Richter am Herzen, Weißenhorn als „Schulstadt“voranzubringen. Der Stadtund Kreisrat ist froh, dass bei jenen Schulen, die von der Stadt ausgestattet werden, digitale Unterrichtsformen nun auch durch die Einführung von Tablets unterstützt werden können. Doch mit Blick auf die Umsetzung der offenen Ganztagsschule ab 2026 sieht Richter auch große Herausforderungen auf die Stadt zukommen.
In der Gesamtbetrachtung seiner Zeit im Stadtrat zieht Richter ein positives Fazit: Bei allen Beteiligten sei, trotz aller Meinungsunterschiede, immer der Wille vorhanden gewesen, die Stadt „nach vorne“zu bringen. Das Schönste sei, „wenn man erleben kann, wie Dinge vorangehen und man diese zu einem guten Schluss führen kann“.