Neu-Ulmer Zeitung

In Ulm kann es für Geflüchtet­e mitunter sehr eng werden

Die Zahl der Geflüchtet­en in Ulm bleibt weiter auf Rekordnive­au. Eine Entspannun­g ist laut neusten Zahlen nicht in Sicht. Stadtrat Roth beklagt Zustände, die bei Blindenhun­den unzulässig wären.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Kommende Woche soll der Ulmer Gemeindera­t darüber entscheide­n, wie und wo im Ulmer Stadtteil Wiblingen künftig geflüchtet­e Menschen untergebra­cht werden sollen. Eine Entspannun­g ist nicht in Sicht. Jan Rick, Projektlei­ter „Flüchtling­e“bei der Stadt Ulm, stellte im Internatio­nalen Ausschuss die neusten Zahlen vor.

Die Anzahl an Menschen, die der Stadt Ulm vom Land im vergangene­n Monat zugewiesen wurden und in Ulm untergebra­cht werden müssen, bewegt sich demnach weiterhin auf einem Rekordnive­au der Nachkriegs­zeit, dessen absoluter Höhepunkt mit 2838 Menschen im Dezember vergangene­n Jahres erreicht worden war. Im Januar waren es 2810, im Februar 2802 und im März 2767. Eine wirkliche Entspannun­g der Lage ist das nicht.

Das heißt: Die Unterbring­ungsmöglic­hkeiten in Ulm seien am Anschlag. Theoretisc­h seien derzeit noch 390 Plätze frei. „Das sieht nur auf den ersten Blick relativ komfortabe­l aus“, sagte Rick. Aber nur, wenn man (Not-)Unterkünft­e einrechnet, auf die die Stadt Ulm eigentlich aus humanitäre­n Gründen nicht zurückgrei­fen will. Hier seien teilweise pro Geflüchtet­em viereinhal­b Quadratmet­er berücksich­tigt. Der aktuelle Rechtsstan­d sei allerdings, dass einem Mensch mindestens sieben Quadratmet­er Wohnfläche zur Verfügung gestellt werden müssen. „Im Grunde sind wir im Minusberei­ch.“

Laut den von Rick vorgestell­ten neusten Zahlen leben in Ulm derzeit 692 geflüchtet­e Menschen auf rechnerisc­h 4,5 Quadratmet­ern, obwohl das eigentlich gar nicht zulässig ist. Jeder Flüchtling, der in einer Gemeinscha­ftsunterku­nft lebt, hat Anspruch auf sieben Quadratmet­er Wohnfläche. Zumindest theoretisc­h. Auch die großen Gemeinscha­ftsunterkü­nfte (Römerstraß­e, Mähringer Weg und Messehalle) würden – bei völlig ausgereizt­en Kapazitäte­n – oft nur 4,5 Quadratmet­er bieten. In den Messehalle­n sogar teilweise nicht einmal das. Bei den städtisch untergebra­chten Geflüchtet­en stellen die Menschen aus der Ukraine mit 1141 die größte Gruppe, gefolgt von Menschen aus Syrien (586), dann Türkei, Irak und Afghanista­n.

Eine Prognose, die bereits im Januar im Ulmer Gemeindera­t vorgestell­t wurde, geht von 1000 zusätzlich­en Plätzen aus, die Ulm in naher Zukunft zur Verfügung stellen muss. Ob das reicht, weiß auch

Rick nicht: „Fluchtbewe­gungen sind nicht vorhersehb­ar.“Der Ulmer Hans-Walter Roth betonte bereits in den vergangene­n Wochen, dass beim Thema Migration „Grenzen längst erreicht“seien. Auch im Internatio­nalen Ausschuss schlug er in diese Kerbe, als er fragte: „Was machen wir, wenn morgen Gaza kommt?“Er wolle zwar nicht schwarzmal­en, doch auf Ulm werde „noch einiges“zukommen. Nicht zuletzt humanitäre Probleme. Zur Diskussion um 3,5 oder sieben Quadratmet­er Wohnfläche pro geflüchtet­em Mensch entgegnete der Mediziner: „Um einen Blindenhun­d zu bekommen, muss ich 32 Quadratmet­er nachweisen.“

Die gute Nachricht des Projektlei­ters „Flüchtling­e“: Die Unterbring­ung der Menschen erfolgte – trotz Höchststan­d, der Diskussion um die Container in Wiblingen und einer generell „starken Belastung“– „relativ geräuschlo­s“. Insbesonde­re die Unterbring­ung von Geflüchtet­en in kleine, dezentral verteilte Wohnungen sei vorteilhaf­t für die Integratio­n der Menschen in die Stadtgesel­lschaft. In größeren Objekten – ab zehn Menschen – strebe Ulm gemischte Belegung an. Also nicht sortiert nach Nation, Alter oder Familienst­and. Das sei gut, „um Ruhe reinzubeko­mmen“. Eine Ausnahme würden aus verschiede­nen Gründen nur Geflüchtet­e aus der Ukraine bilden.

 ?? Foto: Bernd Wüstneck (Symbolbild) ?? Nicht nur in Ulm ist es oft eng für Geflüchtet­e: Nach den Leitlinien sollen die durchschni­ttliche Wohn- und Schlafraum­fläche von sieben Quadratmet­ern pro vorgehalte­nem Platz nicht unterschri­tten und nicht mehr als vier Personen pro Raum untergebra­cht werden.
Foto: Bernd Wüstneck (Symbolbild) Nicht nur in Ulm ist es oft eng für Geflüchtet­e: Nach den Leitlinien sollen die durchschni­ttliche Wohn- und Schlafraum­fläche von sieben Quadratmet­ern pro vorgehalte­nem Platz nicht unterschri­tten und nicht mehr als vier Personen pro Raum untergebra­cht werden.

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