Was sind meine Talente? Kindermuseum setzt auf Ausprobieren
Das Edwin Scharff Museum gestaltet eine eigene „Mach-Mit-Ausstellung“. Dort sollen die Besucherinnen und Besucher vor allem etwas über sich selbst lernen.
Neu-Ulm Ob Kunstwerke, die Geschichte der eigenen Stadt oder alte Autos. In Museen kann man sehr viel zu sehr vielen verschiedenen Dingen lernen. Das Neu-Ulmer Kindermuseum geht in seiner ersten selbst gestalteten Ausstellung einen anderen Weg und will es seinen Besucherinnen und Besuchern ermöglichen, etwas über sich selbst und die eigenen Fähigkeiten zu erfahren.
Das Kindermuseum im Edwin Scharff Museum gibt es inzwischen seit 15 Jahren. Nun nutzte das Team seine gesammelte Erfahrung, um eine eigene MachMit-Ausstellung an den Start zu bringen, die im Oktober eröffnet werden soll. Im Bildungs- und Kulturausschuss stellte Museumsleiterin Helga Gutbrod zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen die Idee hinter der neuen Ausstellung vor, die bislang den Arbeitstitel „Was DU alles kannst. Eine Forschungsreise in die Welt der Arbeit und zu deinen Lieblingstätigkeiten“trägt.
Birgit Höppl, stellvertretende Museumsleiterin und Projektverantwortliche im Kindermuseum erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, wie die Idee zu dieser Ausstellung entstanden ist. Am Anfang stand die Überlegung, eine Ausstellung zu den verschiedenen Berufsfeldern zu gestalten, die heute viel unübersichtlicher sind, als sie es früher waren. Immer mehr Menschen arbeiten in Bürojobs mit unübersichtlichen Titeln, die oft auch Erwachsene vor ein Rätsel stellen. Hinzu kommt, dass sich die Arbeits- und Lebenswelten rasch ändern. So rückten die Ausstellungsmacher den Fokus weg vom Thema Arbeit hin zu Talenten und Fähigkeiten, die man entweder für die Arbeit oder auch im privaten Umfeld nutzen kann. Und hin zu der Frage:
„Was kann ich gut und was macht mir noch Spaß?“
Das Kindermuseum will einen Raum schaffen, in dem sich Kinder (und auch Erwachsene, ganz im Sinne des lebenslangen Lernens) völlig wertungsfrei ausprobieren und interagieren können. Etwas, das häufig zu kurz kommt, sagt Höppl. In der Erziehung und Bildung gehe es schon früh um richtig und falsch, sodass Kinder früh in eine gewisse Richtung gedrängt werden. Genau solche Bewertungen soll es im Kindermuseum aber nicht geben.
Es wurden verschiedene Könnensbereiche identifiziert, die teilweise auch an klassische Berufsbilder erinnern. Dazu gehört etwa eine Holzwerkstatt, aber auch dem Komplex „Fürsorge“wurde ein Ausstellungsbereich gewidmet. Innerhalb dieser Bereiche sind wiederum unterschiedliche, teilweise aber auch die gleichen Fertigkeiten gefragt. Kreativität etwa kann man an verschiedenen Stellen einsetzen. Über allem steht dann auch der Begriff Selbstwirksamkeit, den das Museumsteam im Kulturausschuss folgendermaßen definiert. Selbstwirksamkeit sei das Vertrauen darin, mit den eigenen Fähigkeiten neue Herausforderungen meistern zu können. Eine wichtige Lektion. Wer diese verinnerlicht hat, lebe meist zufriedener und gesünder, erklärt Höppl. Das lasse sich auch wissenschaftlich belegen. Das Kindermuseum hat zu den Themen „Selbstwirksamkeit“, „Selbstwert“und „Persönlichkeitsentwicklung“mit dem Institut für Psychologie und Pädagogik, Abteilung Entwicklungspsychologie der Uni Ulm zusammengearbeitet.
Es ist ein recht abstraktes Thema, das das Kindermuseum für seine Ausstellung gewählt hat. Das bedeutet aber auch, dass die Ausstellung steht verändert und weiterentwickelt werden kann. So sollen die Besucher in der knapp zwei Jahre dauernden Laufzeit dort immer wieder Neues entdecken können. Und auch, wenn diese Mit-mach-Ausstellung im Anschluss daran an andere Kindermuseen
verliehen wird, sollen Anpassungen leicht möglich sein. Die Coronapandemie, die durch Schließungen und strenge Auflagen auch den Betrieb im Edwin Scharff Museum ins Stocken brachte, hatte letztlich doch einen Vorteil.
Sie schuf überhaupt erst die Freiräume in der täglichen Museumsarbeit, die das Team für die Gestaltung einer eigenen Ausstellung nutzen konnten. Die bisher gezeigten Wechselausstellungen im Kindermuseum waren Leihgaben aus anderen Häusern. Zuletzt lockte „Erzähl mir was vom Tod“so viele Besucherinnen und Besucher an, dass diese Ausstellung bis zum 30. Juni verlängert wurde.