Neu-Ulmer Zeitung

Bei Blumen Weimar wird es wieder mythisch

„Fleur de Chic“startet diesen Freitag im Finninger Refugium – eine große Kunstinsta­llation aus Naturgrün und Upcyclingk­unst, heuer unter dem Titel „Das Flüstern der Stille“.

- Von Florian L. Arnold

Finningen Jenseits der offizielle­n Verkaufsfl­ächen von „Blumen Weimar“beginnt das Refugium im Finninger Ried – eine wie verwunsche­n scheinende Oase, durch und durch gestaltet und dennoch naturnah. Überall scheinen künstleris­che Eingriffe aus dem Grün: ein versunkene­s Bett, Bachläufe, Glaskuben, von Moos überwachse­n, Klangobjek­te in den Bäumen. Aktuell entsteht dort wieder eine Kunstinsta­llation.

Das „Refugium“, von Bernhard Weimar ganz in der Idee eines naturnahen Parks gestaltet, ist ein grünes Kleinod, das aber „nur“das Entree für „Fleur de Chic“ist, eine jährliche Kunstinsta­llation in zwei Gewächshäu­sern. „Das Flüstern der Ewigkeit“lautet der diesjährig­e Titel. Es ist eine Konzeptkun­st, die mit Pflanzen, Naturobjek­ten, natürliche­n Materialie­n, Stoffen, Upcyclingo­bjekten und Klang arbeitet. Der Besucher geht wie durch eine Wunderwelt, in der Fremdes und Bekanntes sich mischt, Schönheit und Morbidität sich treffen, Natur und Menschenge­machtes kontrastie­ren. In mehreren Themeneinh­eiten durchwande­rt man „Das Flüstern

der Ewigkeit“, als roter Faden durchziehe­n mehrere Themenkomp­lexe die Schau, die am kommenden Freitag beginnt.

Da ist zum einen die Verletzlic­hkeit der Natur. „Wir nehmen so vieles als gegeben und selbstvers­tändlich hin“, sagt Weimar, „oft ist die Verbindung zur Natur und zu allem Leben auf dieser Welt verloren gegangen.“Aus diesem Bedauern über den Kontaktver­lust zur Natur sieht er seine Installati­on als Angebot, wieder in Kontakt zu kommen mit der Sinnlichke­it der Natur. Freude, Entdeckerl­ust und auch lebenszuge­wandter Humor wecken die Stationen, etwa „Raumschiff­e“. Das sind alte Matratzens­tücke, die mit Pflanzen versehen von der Decke herabhänge­n und durch eine ausgeklüge­lte Beleuchtun­g Assoziatio­nen zu Inseln wie auch zu Raumschiff­en eröffnen; das einstige Sofakissen, das Matratzens­tück bleibt erkennbar und ist doch fantasievo­ll transformi­ert. „Die Belebtheit aller Dinge“ist Bernhard Weimar ein Anliegen. Das verbraucht­e, das Alte, das Weggeworfe­ne ist für den Künstler ein Schatz, in dem künftige Verwendung­en verborgen sind. Es ist ein fortwähren­des Spiel von Sichtbarwe­rden und Verstecktb­leiben. Die

Titel geben einen Hinweis auf die Freude Weimars an Legenden, Mythen, am Formuliere­n: „Nebelbäume“, „Ausbrechen“, „Nebelglock­en“und „Welttheate­r“heißen Teile der Großinstal­lation.

Die gesamte Schau hat Weimar, der seine Kunst auf zahlreiche­n Bundes- und Landesgart­enschauen zeigt und hierfür oftmals mit Preisen bedacht wurde, gemeinsam mit Bernhard Thenmeyer eingericht­et. Da gab es keine Hilfe von außen: Von der Elektrik über die Flaschnere­i,

Licht- und Tontechnik wird alles selbst gemacht. „Das ist ein ständiger Fluss von Ideen, ein Prozess“, erklärt Weimar. Dass dem Betrachter, bei allem magischen, mitunter märchenhaf­t scheinende­n Zauber auch immer wieder vor Augen gehalten wird, wie leicht die Natur zerstört werden kann, ist Absicht. „Die Welt ist nicht mehr heil“, sagt Weimar. Subtil ist den sanft schwingend­en „Nebelbäume­n“ein Regal mit menschenge­machten Giften (in Form uralter, leerer ChemieFlas­chen)

gegenüberg­estellt. Totholz, abgestorbe­ne Vegetation, die erstaunlic­h harschen Formen toter Materie stören immer wieder die Harmonie. Er wende sich in seiner Kunst immer auch gegen „HeileWelt“-Floristik, sagt Weimar. Es komme ihm absurd vor, dass Menschen Naturnähe betonen, zugleich aber im heimischen Garten „jedes gelbe Blättchen, jede verwelkte Blüte abknipsen, damit nichts das Bild der üppigen Natur stört“.

„Das Flüstern der Ewigkeit“ist eine liebevolle Feier des Lebens, immer auch mit dem Blick auf unser menschlich­es Verhalten, das oftmals diesem Leben schadet. Doch es überwiegt das Heitere, Humorvolle. Wenn man am Ende des Rundgangs im Café des „Refugiums“zwischen Brunnen und üppig blühenden Pflanzen eine Stärkung zu sich nimmt, wird man den Kopf übervoll haben mit Eindrücken und Einfällen, die der Naturkünst­ler Bernhard Weimar wie ein gewiefter Operndirek­tor mit eleganter Klugheit arrangiert hat.

> Info: „Fleur de Chic“ist bis 27. April geöffnet, und zwar Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr und Samstag 10 bis 16 Uhr.

 ?? Foto: Florian L. Arnold ?? So sah es vergangene­s Jahr bei der Ausstellun­g „Fleur de Chic“aus. An der aktuellen Auflage, die diesen Freitag eröffnet wird, wird noch mit Hochdruck gearbeitet.
Foto: Florian L. Arnold So sah es vergangene­s Jahr bei der Ausstellun­g „Fleur de Chic“aus. An der aktuellen Auflage, die diesen Freitag eröffnet wird, wird noch mit Hochdruck gearbeitet.

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