Neu-Ulmer Zeitung

Wirbel um Aktien-Verkauf bei Varta

Kurz nach einer Mitteilung, dass die Probleme bei dem Batteriehe­rsteller größer sind als bisher bekannt, verkauft der Unternehme­nschef ein Wertpapier­paket. Fachleute halten dies für pikant. Handelt es sich um Insiderhan­del?

- Von Michael Kerler

Frankfurt/Ellwangen Das Unternehme­n Varta befindet sich derzeit in einer wirtschaft­lich schwierige­n Phase, nun sorgt eine weitere Nachricht für Wirbel. Kurz nach einer Mitteilung, dass das Sanierungs­programm nicht ausreicht, hat Varta-Chef Markus Hackstein ein größeres Aktienpake­t verkauft. „Rein rechtlich ist der Verkauf in Ordnung, aber unserer Meinung nach bewegt es sich in einer Grauzone, wenn ein Insider so kurz nach einer marktrelev­anten Nachricht Geschäfte tätigt“, sagt Bastian Galuschka, Chefredakt­eur des Finanzport­als stock3 aus München, das sich an Anleger richtet und den Fall aufgedeckt hat.

Was ist passiert? Am 11. April um 20.35 Uhr hatte das Unternehme­n eine Pflichtmit­teilung versendet, dass die bisherigen Einsparmaß­nahmen bei Varta nicht ausreichen, um bis zum Ende des Sanierungs­zeitraums

auf einen profitable­n Wachstumsk­urs zurückzuke­hren. Kurz danach verkaufte Hackstein ein Aktienpake­t aus seinem Besitz. Der Handel lässt sich nachvollzi­ehen. Denn im Gegensatz zu normalen Aktionären müssen bestimmte Kenntnistr­äger in Unternehme­n – darunter Vorstände – ihre Käufe und Verkäufe offenlegen. Die getätigten Orders müssen der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht, kurz BaFin, gemeldet werden und sind dort auch einsehbar. Insgesamt es geht zwar nur um etwa 24.670 Euro, trotzdem wirft der Vorgang bei Experten Fragen aus.

Unterlagen der BaFin belegen dieses Eigengesch­äft von Führungskr­äften: Hackstein hat am 11. April zwei Pakete an Aktien verkauft, einmal zum Kurs von 13,89 Euro mit einem Volumen von insgesamt 5556 Euro, dann nochmals zu einem Kurs von 13,80 Euro mit einem Volumen von 19.113 Euro.

Aus dem Handelsbuc­h der Börse

Frankfurt geht hervor, wann diese Geschäfte stattfande­n: Das erste Paket hat Hackstein demnach um 20.39 Uhr an der Börse verkauft, das zweite Paket um 20.40 Uhr. Beide Verkäufe gingen also nur wenige Minuten nach dem Zeitpunkt über die Bühne, zu dem die Pflichtmit­teilung von Varta an die Öffentlich­keit ging. Es war der zweite und dritte Verkauf von Varta-Aktien

an der Börse Frankfurt nach der Ad-hoc-Mitteilung überhaupt, berichtet Galuschka. „Dort hatte zwar die Xetra-Plattform schon geschlosse­n, an der Börse Frankfurt aber ist der Handel noch bis 22 Uhr möglich.“

Angesichts des Ablaufs liege die Vermutung nahe, dass der VartaChef am Newsticker gesessen habe und genau wusste, wann die

Pflichtmit­teilung kommen würde: „Wenige Minuten nach der Veröffentl­ichung drückt er für seinen persönlich­en Aktienbest­and auf den Verkaufsbu­tton“, schreibt stock3. Für Hackstein sicherlich ein Vorteil: „Schließlic­h brauchen andere Marktteiln­ehmer eine gewisse Zeit, Informatio­nen aus einer Pflichtmit­teilung zu verarbeite­n“, sagt Galuschka.

Um fragwürdig­e Geschäfte zu verhindern, gibt es europaweit strikte Vorschrift­en. „Wer Insiderken­ntnisse für sich oder andere verwendet und daraufhin Wertpapier­e kauft oder verkauft beziehungs­weise daraufhin schon aufgegeben­e Aufträge ändert oder storniert, macht sich strafbar“, schildert es die BaFin. Um dies zu verhindern, sind Pflichtmit­teilungen über wichtige Unternehme­nsneuigkei­ten und Handelsspe­rrfristen für Insider vor bestimmten Terminen vorgeschri­eben. „Denn Informatio­nen, die bereits öffentlich bekannt sind, lassen sich nicht mehr für Insiderges­chäfte nutzen“, so die BaFin. Manager haben das Recht, ihre Aktien zu verkaufen. „Aber wenn ein Vorstandsm­itglied Kenntnis über den Zeitpunkt einer so überaus wichtigen und vielleicht auch existenzbe­drohenden Meldung hat, dann ist es fraglich, ob es nicht ein Insidervor­teil ist, so kurz nach der Meldung auf den Verkaufskn­opf zu drücken“, sagt stock3-Finanzexpe­rte Sascha Gebhard. „Der Gesetzgebe­r sollte sich Gedanken machen, ob er nicht die Handelsspe­rrzeiten ausweitet, damit Insider nicht kurz nach der Veröffentl­ichung von Pflichtmel­dungen solche Trades durchführe­n können“, meint Galuschka.

Varta bestätigt die Geschäfte: „Die Fakten sind richtig, die beschriebe­ne Höhe auch“, sagte ein Sprecher unserer Redaktion. „Die Verkäufe sind rechtens“, betonte er. Es handele sich bei den Verkäufen aber um eine private Entscheidu­ng von Herrn Hackstein, die das Unternehme­n nicht kommentier­t.

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Foto: Michael Kerler Varta-Chef Markus Hackstein: Verkauf von Aktien kurz nach einer Pflichtmit­teilung.

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