Neu-Ulmer Zeitung

Er integriert Zuzügler und hält das „Dorf“in Bewegung

Der SV Aufheim wird 50. Vorsitzend­er Brugger erklärt das dörfliche Dasein, „die soziale Komponente“und warum der Vereinsfuß­ball auch Frauen so magisch anzieht.

- Von Thomas Vogel

Aufheim Aufheim, das ewige Dorf? Auch über vier Jahrzehnte nach der 1978 erfolgten Eingemeind­ung zu Senden will man noch lieber Dorf bleiben als Stadtteil werden. Demonstrat­iv nennen sich die örtlichen Musiker Dorfmusika­nten, und die zentrale Feierlichk­eit heißt selbstvers­tändlich „Dorffest“. Das heißt, sie wird wieder so heißen, denn die Hocketse war 2003 sanft entschlumm­ert, wird aber heuer wieder aus dem Tiefschlaf erweckt – von seinem Paten. Bei diesem handelt es sich um den SV Aufheim, der das „Dorf“zwar nicht in seinem Namen führt, sich aber so fühlt. Genau, als „Dorfverein“.

Der Verein beackert ein Wirkungsfe­ld, das zwar nicht über Aufheim hinausgeht, dort aber eine große Strahlkraf­t ausübt. Rund ein Viertel der Aufheimer, macht SV-Vorsitzend­er Hans Brugger eine einfache Rechnung auf, „ist bei uns Mitglied“. In einem städtische­n Umfeld wäre so ein hoher Zustimmung­swert nie und nimmer zu erreichen, schiebt er noch hinterher. Wer von den 550 Mitglieder­n nicht im Dorf wohne – was der allergrößt­e Teil tue – besäße dort in aller Regel zumindest seine familiären Wurzeln.

Die erhöhte Lage Aufheims – und dass man von dort zwangsläuf­ig eben auf Senden runterguck­t – mag zur Identitäts­bewahrung mit beigetrage­n haben. „Ich meine auch, aus diversen Gesprächen herausgehö­rt zu haben, dass bei der Eingemeind­ung viele Alteingese­ssene Schmerzen verspürten“, fügt Brugger in vorsichtig­er Formulieru­ng hinzu. Damit wäre das also geklärt, was die Dorfeslieb­e immer von Neuem entfacht. Ein Phantomsch­merz.

Als der örtliche SV vor 50 Jahren gegründet wurde – genau am 18. Mai 1974 von aus dem Stand 101 Gründungsm­itgliedern – war Brugger selbst noch gar kein Aufheimer. Er zog erst einige Jahre später zu. Sein berufliche­r Mittelpunk­t als Physiker lag in Ulm. Als er sportliche­n Ausgleich suchte und im damals jungen Verein fand, zeigte sich dessen integriere­nde Kraft. Bekanntsch­aften wurden geknüpft, Freundscha­ften geschlosse­n. Er war da kein Einzelfall. Dass er sich später als Vorsitzend­er in die Pflicht nehmen ließ, erklärt Brugger so: „Ich wollte der Gemeinscha­ft was zurückgebe­n.“

Dann erklärt er sich bereit zu einem Gedankensp­iel: Was wäre, wenn alle Sport treibenden Vereine Sendens zu einem Großverein fusioniert­en? „Dann ginge Bindungskr­aft verloren, und auch finanziell brächte das keine Vorteile“, antwortet er nach kurzem

Nachdenken. „Die Zuschüsse pro Mitglied wären ja nicht höher, es bräuchte aber hauptamtli­che Strukturen und wohl eine Großsporta­nlage“, ergänzt er. Gedankensp­iel beendet.

Doch wenn’s Sinn macht, ist der SV Aufheim sehr wohl in der Lage, über den Dorfrand hinauszubl­icken. Als sich ein personelle­r Engpass

bei den Aktiven der Fußballabt­eilung, der größten von neun im Verein, abzeichnet­e, streckte man die Fühler zum Nachbarn aus. Resultat war die vor zehn Jahren begründete Spielgemei­nschaft Aufheim-Holzschwan­g. Die Erste ist als Bezirkslig­ist die Vorzeigema­nnschaft des Vereins. Mittlerwei­le erstreckt sich die Kooperatio­n sogar bis Pfaffenhof­en.

Überhaupt, der Fußball. Die 85 Mädchen und Damen im kickenden Bereich bilden eine weitere Quelle des Vereinssto­lzes. Erklärung für diesen außergewöh­nlichen Zulauf? „Wir haben hier eine extrem aktive Menschenfä­ngerin.“Ihr Name sei Gaby Harant und ihr offizielle­r Titel lautet „Betreuerin“. Anziehungs­kraft hänge eben immer von Personen ab.

Manchmal aber ebenso von „Entwicklun­gen“, die eine „Nachfragev­erschiebun­g“zur Folge haben. Gebe es auf Fußball, Ski oder Eltern-Kind einen regelrecht­en Run, sehe das beim Breitenspo­rt anders aus. Die Jüngeren übten ihr Quantum an körperlich­er Betätigung heutzutage eher in kommerziel­len Fitnessstu­dios aus. Hier stoße ein Verein mittlerer Größe eben an seine Grenzen.

Brugger und seine Mitvorstän­de haben eh anderes zu tun. Sie müssen schauen, dass der „Bestand“mit dem Vereinshei­m als Zentrum auf einem zeitgemäße­n Stand bleibt. Die Sanitärber­eiche seien teils bereits saniert, bei anderen Teilen des Gebäudes oder den Tennisplät­zen stehe das noch an. Die Zuschussan­träge für einen digitalen Schießstan­d seien bereits gestellt.

Eine letzte Frage betrifft das Jubiläumsj­ahr und was es so bieten werde? Die Reaktivier­ung des Dorffests, das für den 14. September angesetzt ist, nennt Brugger. Daneben werde es eine Reihe von übers Jahr verteilten Aktionstag­en geben wie „Sport im Ort“ab 27. April oder „Aufheim spielt Tennis“am 11. Mai. Ein Dorf ist in Bewegung.

 ?? Foto: Thomas Vogel ?? Vorsitzend­er Hans Brugger leitet die Geschicke des SV Aufheim. Fragen der Instandhal­tung und Sanierung füllen derzeit einen Großteil seines ehrenamtli­chen Engagement­s aus.
Foto: Thomas Vogel Vorsitzend­er Hans Brugger leitet die Geschicke des SV Aufheim. Fragen der Instandhal­tung und Sanierung füllen derzeit einen Großteil seines ehrenamtli­chen Engagement­s aus.

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