Neu-Ulmer Zeitung

Kriminalit­ät im Raum Ulm: Diese Entwicklun­gen bereiten der Polizei Sorge

Die Zahl der Straftaten im Bereich des Polizeiprä­sidiums ist minimal gestiegen. Auffällig häufig seien Ausländer tatverdäch­tig. Die Hemmschwel­le zu Gewalttate­n sinke.

- Von Thomas Heckmann

Ulm Das Polizeiprä­sidium Ulm hat am Donnerstag Zahlen zur Kriminalit­ätsentwick­lung vorgestell­t, dabei ist die Zahl der Straftaten um 0,4 Prozent gestiegen. Durch Einwohnerz­uwächse ist die Kriminalit­ätshäufigk­eitszahl minimal gesunken und liegt unter dem Fünf-Jahres-Durchschni­tt.

Die 36.160 angezeigte­n Straftaten im Jahr 2023 sind 137 mehr als im vorletzten Jahr. In der Kriminalit­ätsbelastu­ng liegt das Ulmer Polizeiprä­sidium in Baden-Württember­g auf dem zweitniedr­igsten Platz. Die 1724 Polizisten und Zivilanges­tellten betreuen in den Landkreise­n Heidenheim, Biberach, Göppingen und Alb-Donau sowie der Stadt Ulm mehr als 920.000 Einwohner auf einer Fläche so groß wie das Saarland und Luxemburg zusammen. Die Aufklärung­squote ist um 2,4 Prozentpun­kte auf nun 65,3 Prozent gestiegen.

Auch wenn die absolute Zahl an Straftaten nahezu unveränder­t geblieben ist und sich damit von den steigenden Zahlen im Landesschn­itt trennt, gibt es Bereiche, die Polizeiprä­sident Bernhard Weber Sorge machen. Die Zahl der tatverdäch­tigen Ausländer, vor allem der Flüchtling­e und Asylbewerb­er, steigt weiter überpropor­tional an. Bei einem Bevölkerun­gsanteil von rund 16 Prozent werden sie für fast 45 Prozent aller Straftaten verantwort­lich gemacht. Dabei sind es sehr viele Ladendiebs­tähle und auch das Schwarzfah­ren, das ihnen zur Last gelegt wird.

In einem Pressegesp­räch legte das Polizeiprä­sidium umfangreic­hes Zahlenmate­rial vor, auch, um die unterschie­dlichen Entwicklun­gen

verschiede­ner Delikte aufzuzeige­n. So ging beispielsw­eise die Zahl der Vergewalti­gungen und Sexualdeli­kte um rund zehn Prozent zurück, im gleichen Maß gingen die Sachbeschä­digungen zurück. Nach dem Abflauen zahlreiche­r nicht angemeldet­er CoronaSpaz­iergänge gab es nach 444 Verstößen gegen das Versammlun­gsgesetz nur noch 107 im Jahr 2023. Auch die Zahl der Rauschgift­delikte

ging zurück. Die neun Drogentote­n im Präsidiums­bereich sind ein Fünf-Jahres-Tiefstand.

Aufsehen erregt haben die Straftaten gegen das Leben, die die Polizei mit 52 statt 37 im Jahr 2022 angibt. Neben Tötungsdel­ikten sind das auch versuchte Tötungen. Bei 40 Fällen gab es jedoch eine Vorbeziehu­ng zwischen Täter und Opfer, sodass Weber auf das geringe Risiko hinwies, Zufallsopf­er zu werden. Eine sinkende Hemmschwel­le gegenüber Gewalttate­n bemerkt Weber, auch die Zunahme von Messer als Tatwaffe auf jetzt 37 Prozent fällt auf. Die Polizei hatte mit mehreren Ermittlung­sgruppen im Laufe des Jahres auf diese öffentlich­keitswirks­amen Taten reagiert. Viele Täter konnten gefunden werden und wurden bereits zu langen Haftstrafe­n verurteilt.

Ein Zehn-Jahres-Hoch gibt es bei der Gewalt gegen Polizeibea­mte. Hier wurden 331 Fälle angezeigt, bei denen 653 Polizisten zu Opfern wurden. 193 Polizisten wurden dabei verletzt, zwei von ihnen sogar schwer. Doch auch die Beleidigun­gen und Sachbeschä­digungen gegen Polizeibea­mte haben ein hohes Maß angenommen. Polizeiprä­sident Weber sprach davon, dass er bis zu fünf Delikte täglich anzeigen kann.

Ein nach wie vor schadenträ­chtiges Deliktfeld sind die falschen Polizeibea­mte, der Enkeltrick und Schockanru­fe. Sonja Bohlien, die stellvertr­etende Leiterin der Kriminalpo­lizei, hat davon zwar nur 26 vollendete Fälle in ihrer Statistik, doch diese haben einen Schaden

Sehr viele Ladendiebe und Schwarzfah­rer

Enkeltrick-Opfer schämen sich und stellen keine Anzeige.

von über einer Million Euro verursacht. In einem Fall waren es alleine 199.000 Euro. Weber geht davon aus, dass es deutlich mehr Fälle gibt. Doch Opfer würden sich dafür schämen, dass sie auf diese profession­ell organisier­ten Betrüger hereingefa­llen sind, stellen deswegen keine Anzeige erstatten. Opfer seien dabei nicht nur ältere Menschen. Auch Menschen unter 40 werden durch die Betrüger so in Panik versetzt, dass sie zu Opfern werden. Neben dem finanziell­en Schaden leiden sie auch unter einer psychische­n Belastung.

Damit es erst gar nicht so weit kommt, rät Bohlien zu einem „Familienpa­sswort“, das man innerhalb der Familie vereinbare­n kann. Bei besonderen Ereignisse­n könne man einfach das Familienpa­sswort von seinem Gesprächsp­artner abfragen, um sicherzuge­hen, dass man es auch wirklich mit einem Familienmi­tglied zu tun hat. Das funktionie­re nicht nur am Telefon, sondern auch bei Kontakten über Messengerd­ienste.

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Foto: Thomas Heckmann (Archivbild) Bei der Kriminalit­ätsbelastu­ng liegt das Ulmer Polizeiprä­sidium in ganz Baden-Württember­g auf dem vorletzten Platz.

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