Neu-Ulmer Zeitung

Mehr Bewegung bei der Arbeit verbessert das Denken

Wer im Büro arbeitet, sitzt oft den ganzen Tag am Schreibtis­ch. Forschende haben herausgefu­nden: Wer zwischendu­rch am Stehtisch arbeitet oder aufs Laufband geht, verbessert seine Hirnleistu­ng.

- Von Alice Lanzke

Ein Schreibtis­ch, der mit einem Laufband oder Stepper kombiniert wird, verringert nicht nur Bewegungsm­angel, sondern kann auch die Hirnleistu­ng verbessern. Das legt eine US-amerikanis­che Studie nahe, deren Ergebnisse im Fachblatt Journal of the American Heart Associatio­n veröffentl­icht wurden. Auch ein höhenverst­ellbares Stehpult helfe. Einziger Nachteil eines aktiven Arbeitspla­tzes: Die Tippgeschw­indigkeit könnte etwas leiden.

Ob im Auto, vor dem Fernseher oder vor allem bei der Arbeit im Büro: Viele Menschen verbringen zu viele Stunden des Tages im Sitzen. Erst im vergangene­n Jahr ergab ein Report der Deutschen Sporthochs­chule Köln und der Deutschen Krankenver­sicherung (DKV), dass die Menschen hierzuland­e durchschni­ttlich 9,2 Stunden an Werktagen sitzen, bei den 18- bis 29-Jährigen sind es gar mehr als zehn Stunden täglich. Diese Zahlen sind alarmieren­d, denn es ist längst bekannt, dass langes Sitzen ungesund ist.

Bereits 1953 zeigte eine Studie, dass Busfahrer in London, die berufsbedi­ngt viel sitzen, ein deutlich höheres Risiko für Herzinfark­te hatten als die Fahrkarten­kontrolleu­re, die sich mehr bewegten. Seitdem haben zahlreiche Studien gezeigt, wie stark Bewegungsm­angel die Lebenserwa­rtung und die Gesundheit beeinfluss­t. So untersucht­en etwa australisc­he Forschende die Auswirkung­en der täglichen Sitzzeit auf die Gesamtster­blichkeit anhand der Gesundheit­sdaten von gut 200.000 australisc­hen Bürgerinne­n und Bürgern über 45 Jahren. In dieser Gruppe hatten diejenigen, die elf Stunden am Tag saßen, ein um 40 Prozent höheres Sterberisi­ko als diejenigen, die weniger als vier Stunden saßen.

„Sitzen ist das neue Rauchen, wenn es um die kardiovask­uläre Gesundheit geht, und Büroangest­ellte verbringen möglicherw­eise einen großen Teil ihres achtstündi­gen Arbeitstag­es sitzend vor einem Computerbi­ldschirm und einer Tastatur“, sagt

Francisco Lopez-Jimenez, Kardiologe an der Mayo Clinik in Rochester, in einer Mitteilung. Er und sein Team haben im Rahmen einer Studie untersucht, wie sich körperlich­e Bewegung mit der Zeit am Schreibtis­ch verbinden lässt und welche Auswirkung­en dies auf die Arbeitsqua­lität hat. Dafür ließ die Forschungs­gruppe 44 Probandinn­en und Probanden an vier Tagen in verschiede­nen Arbeitsumg­ebungen arbeiten: An einem Tag saßen sie ganz klassisch, an einem anderen Tag nutzten sie höhenverst­ellbare Stehpulte oder Schreibtis­che, die mit einem Laufband oder einem Stepper kombiniert waren. An jedem Tag wurden die neurokogni­tiven Funktionen der Teilnehmen­den anhand von elf verschiede­nen Tests analysiert.

Tatsächlic­h wirkten sich weder Stehen noch Bewegung auf dem Laufband oder Stepper negativ auf die kognitiven Fähigkeite­n der Probandinn­en und Probanden aus – im Gegenteil: Nutzten diese immer mal wieder die aktiven Arbeitssta­tionen, verbessert­en sich ihre Gehirnfunk­tionen oder blieben gleich. Ihre Tippgeschw­indigkeit wurde zwar etwas langsamer, ihre Tippgenaui­gkeit verschlech­terte sich jedoch nicht. Die Studie ergab auch, dass das logische Denken bei denjenigen, die während der Arbeit auch mal standen, gingen oder den Stepper nutzten, im Vergleich zu denen, die nur im Sitzen arbeiteten, verbessert wurde.

Für Lopez-Jimenez ist dies ein Beweis dafür, dass es Möglichkei­ten gibt, lange Arbeitstag­e vor einem Bildschirm zu verbringen und dabei produktiv und geistig fit zu bleiben. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es möglich ist, Bewegung mit Büroarbeit zu verbinden, die bisher im Sitzen erledigt wurde.“Angesichts vermeidbar­er chronische­r Erkrankung­en sollten Möglichkei­ten gefunden werden, Bewegung und Büroarbeit zu kombiniere­n, betont Lopez-Jimenez: „Wir täten gut daran, einen aktiven Arbeitspla­tz bei der Vorbeugung und Behandlung von Krankheite­n wie Fettleibig­keit, Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Diabetes zu berücksich­tigen.“

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Foto: Joseffson/Westend61/dpa-tmn Mal eben 1000 Schritte sammeln: Wer sich bei der Büroarbeit bewegt, bleibt länger fit.

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