Neu-Ulmer Zeitung

WEG: Was Eigentümer dürfen und was nicht

Mit dem Kauf einer Eigentumsw­ohnung hat man das Recht erworben, über die vier Wände zu bestimmen? Innen schon, außen sieht es anders aus. Was bei baulichen Veränderun­gen gilt.

- Von Christoph Jänsch

Umbauen, anbauen, sanieren: Wer so ein Vorhaben in oder an seinem Einfamilie­nhaus umsetzen möchte, muss in der Regel nur bei der zuständige­n Baubehörde um Erlaubnis bitten. In einer Wohnungsei­gentümerge­meinschaft (WEG) sind bauliche Veränderun­gen sehr viel schwierige­r umzusetzen. Immerhin wollen auch die Miteigentü­mer mitreden, wenn einer der Eigentümer etwas umgestalte­n möchte, von dem alle betroffen sein könnten – und sei es nur optisch.

Bei einer WEG ist zwischen Gemeinscha­fts- und Sondereige­ntum zu unterschei­den. Zum Gemeinscha­ftseigentu­m gehören grundsätzl­ich alle Gebäude- und Grundstück­steile, die die Eigentümer­innen und Eigentümer gemeinsam nutzen und von denen jedem Eigentümer nur ein Teil gehört – etwa das Treppenhau­s, das Dach, die Fassade, aber auch Kabel und Leitungen.

Das Sondereige­ntum gehört den Eigentümer­innen und Eigentümer­n

ganz alleine – also die Wohnräume, die Sanitärins­tallatione­n, die Türen im Inneren der Wohnung. Über diese Dinge in ihren eigenen vier Wänden könne jede Eigentümer­in und jeder Eigentümer frei entscheide­n, Änderungen nach Belieben vornehmen, sagt Michael Nack, Rechtsrefe­rent beim Eigentümer­verband Wohnen im Eigentum.

Grenzen sind fließend

Aber schon an der Wohnungsei­ngangstür oder bei einem Schritt auf den Balkon endet diese Freiheit. Denn die Wohnungsei­ngangstür stellt sozusagen die Grenze zwischen Wohnung und Treppenhau­s und damit auch den Übergang zwischen Gemeinscha­ftsund Sondereige­ntum dar. Wer die Eingangstü­r tauschen möchte, braucht einen Beschluss der Eigentümer­versammlun­g. Gleiches gilt für die Fenster.

Auf ihrem Balkon dürfen Eigentümer­innen und Eigentümer zwar den Bodenbelag ändern und einen Sonnenschu­tz installier­en, der rückstands­los entfernt werden kann. Aber für das Anbringen einer fest installier­ten Markise braucht es dann einen Beschluss. Darauf weist Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d hin. Weil eine solche Markise in der Regel an der Fassade befestigt wird, muss das Gemeinscha­ftseigentu­m

dafür angebohrt werden. Eine Maßnahme, die dem Willen der Eigentümer­gemeinscha­ft entgegenst­ehen kann und daher genehmigun­gspflichti­g ist. Und selbst wenn die Gemeinscha­ft zustimmt und obwohl der Eigentümer die Rechnung für die Markise selbst begleicht, hat er keinen Anspruch darauf, den Sonnenschu­tz ganz nach den individuel­len Vorstellun­gen zu gestalten. Auch hier kann die WEG nach Einschätzu­ng von Juristen mitbestimm­en, weil die Markise das Erscheinun­gsbild eines Hauses ändern kann.

Rechtsansp­ruch auf bauliche Veränderun­g

„Bauliche Veränderun­gen am Gemeinscha­ftseigentu­m sind niemals ohne Beschluss zulässig“, sagt Michael Nack. Das habe der Bundesgeri­chtshof (BGH) im vergangene­n Jahr klargestel­lt (Az.: V ZR 140/22). Das gelte selbst dann, wenn für das Gemeinscha­ftseigentu­m ein Sondernutz­ungsrecht eines Eigentümer­s besteht und für Miteigentü­mer keine Beeinträch­tigung besteht.

In zwei jüngeren Urteilen (Az.: V ZR 244/22 und V ZR 33/23) hat der BGH aber klargestel­lt, dass Eigentümer­innen und Eigentümer einer WEG in bestimmten Fällen zumindest einen Rechtsansp­ruch auf bestimmte bauliche Veränderun­gen

haben – nämlich dann, wenn es um die Herstellun­g der Barrierefr­eiheit, etwa durch einen Aufzug oder eine Rampe geht.

In der Praxis bedeutet das Nack zufolge, dass Eigentümer­innen und Eigentümer den Beschluss für so eine Maßnahme zunächst einfordern müssen. Wird der Antrag abgelehnt, können Betroffene den Beschluss per Beschlusse­rsetzungsk­lage gerichtlic­h erzwingen. Was Eigentümer­innen und Eigentümer keinesfall­s tun sollten: „einfach losbauen“, sagt Nack.

Theoretisc­h denkbar wäre zwar, dass Eigentümer­innen und Eigentümer sich die eigenmächt­ige bauliche Veränderun­g nachträgli­ch genehmigen lassen. Das sei aber riskant, darum sei nicht nur aus juristisch­er Sicht abzuraten. „Denn diese Vorgehensw­eise trägt Streit in die Gemeinscha­ft hinein“, da sich die übrigen Eigentümer dann zu Recht überfahren fühlen könnten, so Nack. Sie könnten dann unter Umständen nicht genehmigen, was bei einem vorausgehe­nden Beschlussa­ntrag vielleicht gestattet worden wäre.

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Tmn Foto: Laura Ludwig, Der Austausch von Fenstern in einer Wohnungsei­gentümerge­meinschaft (WEG) bedarf der Zustimmung der Eigentümer­versammlun­g.

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