Neu-Ulmer Zeitung

Der Hochseil-Pianist

Alain Roche betrachtet Dinge gern aus einem anderen Blickwinke­l: Noch bis 20. Juni spielt er jeden Morgen in München an einem zehn Meter über dem Boden hängenden Flügel.

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Ebenfalls dazu:

Den Wohnungsba­u zu fördern, bedarf kluger steuerlich­er und gesetzlich­er Rahmenbedi­ngungen, die, richtig angewandt, in der Regel auch Früchte tragen. Die Ampel scheint hierzu nicht in der Lage zu sein und versucht, den Erfolg mittels Brechstang­e über die Mietpreisb­remse erzwingen zu wollen. Dieser staatliche Markteingr­iff hat aber gegenteili­ge Effekte, da dringend benötigte Investoren aus Angst über eine staatlich reglementi­erte Rendite einen Bogen um Deutschlan­d machen. Wie von Michael Kerler dargestell­t, profitiere­n auch die Mieter in der Regel nicht von diesem Gesetz, da es Wohnungssu­chende gibt, die für ein rares Gut wie Wohnraum den geforderte­n Preis bezahlen. Der verzweifel­te Versuch der Ampel, Deutschlan­d mehr und mehr im Sinne einer Planwirtsc­haft über Gesetze, Verbote und Förderunge­n (E-Auto) zu steuern, ist zum Scheitern verurteilt. Zukunftsor­ientierte politische Weichenste­llungen und Konzepte findet man nicht in der sozialisti­schen Mottenkist­e. Stefan Raab, Neu-Ulm

Der Einäugige unter Blinden

Zu „Lindner: Deutsche arbeiten zu wenig“(Seite 1) vom 19. April: Ein kleiner Artikel auf Seite 1 mit einer großen Aussage eines Politikers, der es zu wissen scheint. Leider nur „scheint“, denn hier spricht der Blinde unter den Einäugigen. Welche Arroganz von einem, der bisher nur wenig zum realen Arbeitsleb­en und fast gar nichts zum Sozialbeit­rag in Deutschlan­d geleistet hat. Weiß Herr Lindner eigentlich, was arbeiten bedeutet? Abitur mit 19, vier Jahre unternehme­risch tätig, das war es dann auch schon. Politiker wie Herr Lindner, die vom wirklichen Arbeitsleb­en keine Ahnung haben, sollten sich mit derartigen Aussagen, auch wenn es etwas relativier­t wurde, zurückhalt­en und erst mal richtig arbeiten und sich dann ein Urteil darüber erlauben dürfen. Udo Brickl, Großkitzig­hofen

Bayerns Schaufenst­erpolitik

Zu „Bayern verbietet Kiffen im Biergarten“(Seite 1) vom 17. April: Wenn der CSU so viel an Gesundheit­sschutz liegen würde, wie sie behauptet, gäbe es längst ein allgemeine­s Rauchverbo­t in Biergärten, in den Außenberei­chen der Gastronomi­e und der Volksfeste sowie ein strikteres Alkoholver­bot im öffentlich­en Raum. Aber so ist es halt wieder einmal nur billige populistis­che Schaufenst­erpolitik. Söder und seine sogenannte „Bayern-Koalition“haben es halt verstanden, Politik nur noch für schöne Bilder zu machen. Da wird Söder zum ABBA-Tanzbär, irgendwelc­he Raketen

Zu „Chemikalie­n im Wildschwei­n“(Panorama) vom 19. April:

Eine Belastung durch Umwelteinf­lüsse unserer frei lebenden Tierwelt steht außer Frage. Es steht aber in keiner Weise der landwirtsc­haftlichen Haltungsfo­rm einschließ­lich Tierwohl nach. Landwirtsc­haftliche Nutztiere leben auch nicht unter einer Käseglocke. Die Verstrahlu­ng durch Radium Cäsium ist entspreche­nd dem damaligen Niederschl­ag regional unterschie­dlich, in Norddeutsc­hland fast vernachläs­sigbar. Ein zusätzlich­er Bleieintra­g im Wildfleisc­h mit Bleimuniti­on ist sicher unstrittig, aber auf wessen Kosten nehmen wir das in Kauf? Auch hier gibt es Tierschutz. Studien über verzehrtes Wildfleisc­h, das mit Kupfergesc­hoß erlegt wurde, und die Auswirkung­en im menschlich­en Körper gibt es nicht ausreichen­d. Es gibt aber z.B. Grenzwerte für Kupfer im Trinkwasse­r, 2mg/l und Mineralwas­ser 1mg/l, warum? Jeder, der Lebensmitt­el in den Verkehr bringt, hat bestimmte Regeln einzuhalte­n, das gilt auch für Jäger. Der letzte Satz am Ende des Artikels ist allerdings bemerkensw­ert: Im Grunde müsse man sich um die Gesundheit eigentlich keine Sorgen machen.

Peter Fedrizzi, Bibertal

Gute Nachricht für die Bäder

Zu „Mehr Kinder lernen Schwimmen“(Meinung & Dialog) vom 20. April:

Es ist erfreulich zu lesen, dass wieder mehr Kinder das Schwimmen lernen sowie eine große Anzahl von Rettungssc­hwimmerinn­en und -schwimmer durch das Ablegen des Silberabze­ichens gewonnen werden konnte. Während der Corona-Jahre, als Bäder geschlosse­n hatten, war dies nicht möglich und der Bedarf riesig. So können durch die neuen Rettungssc­hwimmer die Fachkräfte in den Bädern unterstütz­t werden, und kein Bad muss mehr bei 30 Grad im Schatten geschlosse­n bleiben.

Jürgen Hajek, Bobingen

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Wenn Frank-Walter Steinmeier jetzt in die Türkei reist, bietet sich ihm eine große Chance: Er könnte beginnen, seine durchwachs­ene Bilanz im Umgang mit demokratie­feindliche­n Staaten aufzubesse­rn. Eben erst hat der Bundespräs­ident ein neues Buch geschriebe­n, „Wir“, so lautet der Titel. Darin geht es, sehr bedeutungs­schwer, um die Vergangenh­eit der Deutschen und die Zukunft der Demokratie. Doch der Mann im höchsten Staatsamt darf sich gerne noch etwas selbstkrit­ischer fragen, was seinem „Ich“in der Vergangenh­eit als Teil der Regierung nicht so gut gelungen ist. Und wo dieses „Ich“es vielleicht an Klartext hat fehlen lassen.

Leider aber deutet wenig darauf hin, dass der laute türkische Präsident Erdogan auch nur ein bisschen nervös werden müsste angesichts des leise auftretend­en Besuchers

Trekkingsc­huhe, dicke Jacke, Mütze, Schal, Handschuhe und eine Stirnlampe gehören in der Regel nicht zur Berufsklei­dung eines Konzertpia­nisten. Alain Roche, Musiker, Komponist und Designer, spielt derzeit allerdings auch nicht in einem wohltemper­ierten Konzertsaa­l, sondern lässt sich im Münchner Werksviert­el Mitte mit seinem Flügel von einem Kran zehn Meter in die Höhe hieven.

Und damit nicht genug: Der Franko-Schweizer liegt dafür in einem Sessel mit Lehne und Kopfstütze, denn das Instrument befindet sich in der Vertikalen. Er wolle damit „allgemeine Vorstellun­gen brechen und einen anderen Blick auf das Alltäglich­e werfen“, meint Roche lapidar zu diesem Hochseilak­t. Eine Tänzerin hat ihm ein spezielles Übungsprog­ramm erstellt, mit dem er die körperlich­en Herausford­erungen bewältigen kann. Hunderte von Konzerten hat Roche auf diese Weise schon gegeben, auch zu Hause übt er auf einem vertikalen Klavier, das aber nur zehn Zentimeter über dem Boden schwebt.

„When The Sun Stands Still – Solstice To Solstice“nennt sich Roches Projekt in München, bei dem er seit der Winter- und bis zur Sommersonn­wende insgesamt 182 Konzerte gespielt haben wird. Musik zur Blauen Stunde, in der die Sonne den Horizont noch nicht überstiege­n hat, in der Nacht und Tag noch mystisch changieren. Jeden Tag beginnt das rund 45-minütige Konzert deshalb zwei Minuten früher, am letzten Konzert-Tag, dem 20. Juni, schon um 3.54 Uhr.

Zu hören bekommt das Publikum, mit Kopfhörern in Liegestühl­en sitzend, nicht nur die eingängig dahinperle­nde Eigenkompo­sition Alain Roches, sondern auch Geräusche aus der Natur, die live eingespiel­t werden – das Plätschern eines Baches, das Fauchen des Windes, das Knacken der Gletscher. An 32 Stellen in Bayern hat Roche hochsensib­le Mikrofone stationier­t, die die Geräusche übertragen und auf die er mit seinem Spiel reagiert.

Seine musikalisc­he Ausbildung erhielt der 51-Jährige an der Musikhochs­chule in Genf, in der herkömmlic­h horizontal­en Weise, wie man vermuten kann. Aber Roche, der im Alter von sechs Jahren begann, Klavier zu spielen, war schon immer einer, der die Dinge auf den Kopf stellte.

„Wenn ich als Kind in meinem Zimmer auf dem Boden lag, schaute ich an die Decke und dachte, es sei der Boden. Meine ganze Welt veränderte sich in einem Augenblick.“Auf sich selbst hat er dagegen einen angenehm unspektaku­lären Blick: „Ich bin einfach ein Pianist, der in einer besonderen Position Klavier spielt.“Birgit Müller-Bardorff

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Foto: Peter Kneffel, dpa Alain Roche und sein schwebende­r Flügel.

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