Neu-Ulmer Zeitung

Die Hamas sucht neue Partner

Die Führung der Terrororga­nisation könnte sich bald eine andere Bleibe suchen müssen. Katar verliert die Geduld – deshalb reiste Hamas-Chef Hanija jetzt in die Türkei.

- Von Thomas Seibert

und auf dem Parteitag am Wochenende verabschie­det werden.

FDP-Vizechef Johannes Vogel mahnte am Sonntag mit Blick auf die Äußerungen Mützenichs, dass die „derzeitige Schwäche des Wirtschaft­sstandorte­s“Deutschlan­d auch den starken Sozialstaa­t gefährde: „Alle Koalitions­partner müssen ein gemeinsame­s Interesse haben, die Wirtschaft­swende hinzubekom­men.“Dazu gehöre es, Bürgerinne­n und Bürger steuerlich zu entlasten, aber auch „Leistungsg­erechtigke­it“beim Bezug von Grundsiche­rung herzustell­en.

In dem FDP-Papier heißt es: „Wer seinen Mitwirkung­spflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsw­eise zumutbare Arbeit ohne gewichtige­n Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungsk­ürzung von 30 Prozent rechnen müssen.“

Die bisherige Regelung sieht vor, dass das Jobcenter Bürgergeld­beziehern bei der ersten Pflichtver­letzung maximal zehn Prozent der Leistungen für einen Monat streichen kann. Danach greift zunächst eine 20-ProzentKür­zung, ehe die Möglichkei­t besteht, die Leistung zeitweise um bis zu 30 Prozent zu reduzieren.

Das geht der FDP nicht weit genug. Auch mit Blick auf die abschlagsf­reie Rente mit 63 sehen die Liberalen dringenden Änderungsb­edarf. Das jetzige Modell entziehe „dem Arbeitsmar­kt wertvolle Fachkräfte“, heißt es in dem Papier. Deutschlan­d könne sich angesichts des Fachkräfte­mangels keine Rente mit 63 leisten. Stattdesse­n müssten Arbeitsanr­eize für ältere Menschen gesteigert werden. „Wer mit 72 noch arbeiten möchte, soll dies unter attraktive­n Bedingunge­n auch machen können.“

Anders als die SPD wollten die Grünen die Vorschläge der Liberalen am Sonntag auf Anfrage zunächst nicht kommentier­en. (dpa)

Istanbul Gaza-Vermittler Katar verliert offenbar die Geduld mit der kompromiss­losen Haltung der Hamas. Frust gibt es auch über Kritik aus dem Westen an den guten Beziehunge­n des Emirats zu der palästinen­sischen Terrororga­nisation. Man werde seine Rolle als Vermittler im Gaza-Krieg überdenken, sagte nun Katars Ministerpr­äsident Scheich Mohammed bin Abdulrahma­n bin Jassim Al Thani. Für die Hamas-Führung um Politbüro-Chef Ismail Hanija könnte das bedeuten, dass sie ihr Exil in Katar verlassen muss. Hanija reiste jetzt in die Türkei und traf Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Katar unterstütz­t die MuslimBrud­erschaft, die größte Bewegung des politische­n Islam in den sunnitisch­en Staaten des Nahen Ostens. Ein extremer Arm dieser Bewegung ist auch die Hamas. Die Beziehung zur Hamas spiele in den strategisc­hen außenpolit­ischen Überlegung­en Katars eine wichtige Rolle, sagt Sebastian Sons, Experte

für die Golf-Region bei der Bonner Denkfabrik Carpo. Das Emirat pflege auch Beziehunge­n zu anderen umstritten­en Akteuren wie den Taliban oder dem Iran, um sich internatio­nal „unersetzli­ch zu machen als Vermittler“, sagte Sons unserer Redaktion.

In der ersten Phase des GazaKriege­s spielte Katar diese Karte erfolgreic­h aus. Das Emirat vermittelt­e zusammen mit Ägypten und den USA im November eine erste Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel. Bemühungen um eine neue Feuerpause scheiterte­n nach Angaben der USA und Israels in den vergangene­n Wochen mehrmals, weil die Hamas einen US-Kompromiss­vorschlag ablehnte.

US-Politiker warfen Katar vor, nicht genug Druck auf die Hamas gemacht zu haben. Zudem wurde der Vorwurf laut, Katar habe vor dem Gaza-Krieg die Hamas-Verwaltung

in dem Küstenstre­ifen finanziert. Das stimmt zwar, doch Katar verweist darauf, dass dies mit Israels Einverstän­dnis geschah: Tel Aviv hoffte damals, die Hamas mit dem Geld aus Katar ruhigstell­en zu können.

„Für die katarische Führung wird wichtig sein, eine KostenNutz­en-Abwägung zu treffen“, sagte Sons über das künftige Verhältnis zur Hamas. Katar wolle seinen Status als Vermittler pflegen, besonders um seine Bedeutung für die USA zu unterstrei­chen – „aber nicht um jeden Preis“. Deshalb werde das Emirat sein Verhältnis zur Hamas nach dem Ende des Gaza-Konflikts möglicherw­eise neu bewerten, meint Sons.

Das Wall Street Journal meldete, die Hamas-Führung suche eine neue Bleibe und habe bei Oman und einem anderen arabischen Staat nachgefrag­t. Auch die Türkei kommt infrage. Hanija hatte Gaza vor fünf Jahren verlassen und lebte zeitweise in der Türkei, bevor er nach Katar zog. In Istanbul sprach Hanija am Samstag mit Erdogan über die Lage im Gaza-Krieg und türkische Hilfsliefe­rungen für die Zivilbevöl­kerung.

Erdogan bekräftigt­e dabei nach Regierungs­angaben seine Kritik an Israel und sagte, der jüdische Staat werde eines Tages einen Preis für die Gewalt in Gaza zahlen müssen. Islamisch-konservati­ve Politiker und Wähler in der Türkei werfen Erdogans Regierung vor, zu nachsichti­g mit Israel umzugehen. Die Kritik war einer der Gründe für die Niederlage von Erdogans Partei AKP bei den Kommunalwa­hlen im März.

Erdogan habe sich bisher nicht entschiede­n, ob er die Türkei zu einer Basis für die Hamas machen wolle, sagt Murat Somer von der Özyegin-Universitä­t in Istanbul. Eine enge Partnersch­aft mit der Hamas passe nicht zum Bestreben der Türkei, ihre Beziehunge­n zum Westen zu verbessern. Als neuer Gaza-Vermittler kommt die Türkei wegen Erdogans Parteinahm­e gegen Israel ohnehin nicht infrage. Israels Außenminis­ter kritisiert­e das Treffen des türkischen Präsidente­n mit Hanija scharf: Erdogan solle sich schämen.

 ?? Foto: Mahmoud Ajjour, APA Images via ZUMA Wire/dpa ?? Hamas-Chef Ismail Hanija muss sein Exil in Katar vielleicht bald verlassen.
Foto: Mahmoud Ajjour, APA Images via ZUMA Wire/dpa Hamas-Chef Ismail Hanija muss sein Exil in Katar vielleicht bald verlassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany