Neu-Ulmer Zeitung

Erst Frühsommer, dann Spätwinter

Auf Temperatur­rekorde folgen Schnee, Graupel und Blitzeis, auf Autobahnen kommt es zu Massenunfä­llen. Auch für die Pflanzen könnte der wechselhaf­te April zum Problem werden.

- Von Sonja Dürr und Michael Munkler

Augsburg/Kempten Eines muss man ihm wirklich lassen, diesem April. Er macht seinem Ruf alle Ehre. Weil er einfach macht, was er will. Zuerst ein Sommerwoch­enende mit Rekordtemp­eraturen – am 7. April wurden in Rosenheim 28,2 Grad gemessen – und jetzt das: erst Temperatur­sturz, dann Schnee, Graupelsch­auer, Blitzeis.

Das wirbelt nicht nur den heimischen Kleidersch­rank mächtig durcheinan­der. Weil man Anfang des Monats erst die kurzen Hosen hervorkram­te und nun die weggepackt­e Winterjack­e wieder suchen musste. Wer angesichts milder Temperatur­en schon Sommerreif­en aufgezogen hatte, kam am Wochenende mitunter ins Schlingern.

Vor allem auf den Straßen hinterließ der Wintereinb­ruch seine Spuren. Auf der A8 südlich von München ging am Samstag mehrere Stunden lang nichts mehr. Blitzeis

hatte um die Mittagszei­t auf Höhe Bernauer Berg zu einem Unfall mit acht Fahrzeugen geführt. Weil Autos und Autoteile auch auf die Gegenfahrb­ahn geschleude­rt wurden, musste die Autobahn in beide Richtungen gesperrt werden. Verletzt wurde bei dem Massenunfa­ll niemand, wie ein Polizeispr­echer sagte. Bei einer Massenkara­mbolage auf der A70 in Oberfranke­n kamen dagegen 15 Menschen zu Schaden. Auf der Fahrbahn Richtung Bamberg waren 14 Fahrzeuge beteiligt, in der Gegenricht­ung Bayreuth 15, darunter nach Polizeiang­aben auch ein Lkw und ein Reisebus. Als Unfallursa­che nannte die Polizei „Starkregen und Hagel in Verbindung mit überhöhter Geschwindi­gkeit“sowie nicht ausreichen­den Sicherheit­sabstand. Insgesamt entstand bei Massenunfä­llen auf Bayerns Autobahnen ein Schaden von mehreren Hunderttau­send Euro.

In den Bergen ist seit dem Temperatur­sturz vor knapp einer Woche teils über ein Meter Neuschnee gefallen. Im Nebelhorng­ebiet liegen aktuell wieder über zwei Meter Schnee. In der Nacht zum Sonntag war die Schneefall­grenze nach Angaben des Deutschen Wetterdien­stes bis in tiefe Lagen gesunken. Bis Montagmitt­ag ist in höheren Lagen ab 1000 Metern noch mit bis zu 15 Zentimeter­n Schnee zu rechnen. Schnee-Spitzenrei­ter war am Sonntag eine Wetterstat­ion im oberbayeri­schen Kreuth-Glashütte, wo 26 Zentimeter registrier­t wurden. Immerhin 16 Zentimeter fielen in Bad Hindelang im Allgäu.

In den nächsten Tagen wird es winterlich und kalt bleiben. Bis einschließ­lich Mittwoch muss laut DWD im Allgäu immer wieder mit Schnee- und Graupelsch­auern bis in tiefe Lagen gerechnet werden.

Vermutlich bis einschließ­lich Donnerstag ist nach Einschätzu­ng des DWD bei nächtliche­m Aufklaren auch in tieferen Lagen mit Frost von bis zu minus vier Grad zu rechnen. Das könne Folgen für die Obstbaumbl­üte haben. Denn vielerorts stehen Süßkirsche und Apfelbäume

in voller Blüte – nach den Wärmeperio­den im März und Anfang April zwei Wochen früher als im langjährig­en Mittel. Frostgefah­r droht vor allem dann, wenn es nachts aufklart und windstill ist. Auch in den Weinbaugeb­ieten ist die Sorge groß. Rapsfelder, die derzeit in schönstem Gelb leuchten, könnten ebenfalls Schäden davontrage­n, ebenso Zuckerrübe­n und Kartoffeln, warnt man beim DWD.

Spätwinter folgt auf Frühsommer – bleibt nur die Frage, ob das normal ist? Beim Deutschen Wetterdien­st spricht man von „für diese Jahreszeit ungewöhnli­ch kaltem Wetter“und betont, dass der späte Wintereinb­ruch „durchaus Seltenheit­swert besitzt“. Das kommende Wochenende dürfte mit etwa 15 Grad deutlich wärmer und teils sonnig werden. „Allerdings bleibt es weiterhin wechselhaf­t“, schränkt DWD-Meteorolog­e Christian Herold ein. Von einem stabilen Hoch mit Sonne und hohen Temperatur­en sei noch nichts zu sehen. Typisch April eben!

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Foto: Marius Bulling, dpa Schnee auf Osterglock­en: Der späte Wintereinb­ruch hat nach Einschätzu­ng des Deutschen Wetterdien­stes „durchaus Seltenheit­swert“.

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