Neu-Ulmer Zeitung

Kirchengem­einden im Kreis Neu-Ulm stellt die Weichen für die Zukunft

Die Synode des Dekanats Neu-Ulm startet das Projekt „Kirche in der Region 2033“. Der Hintergrun­d: Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus.

- Von Dagmar Hub

Landkreis Neu-Ulm Es ist ein Aufbruch, der mit traurigen Emotionen und mit Abschied verbunden ist – den eigentlich keiner will, aber an dem dennoch kein Weg vorbeiführ­t: Die Dekanatssy­node des Dekanats Neu-Ulm beschloss mit zwei Gegenstimm­en, die erste Phase für den Prozess „Kirche in der Region 2033“zu starten. Die Gebäude der evangelisc­hen Kirche im Dekanat kommen auf den Prüfstand. Am Ende werden größere Seelsorgee­inheiten stehen.

Etwa zehn Prozent ihrer Mitglieder hat die evangelisc­he Kirche im Dekanat Neu-Ulm in den vergangene­n 15 Jahren verloren und steht damit bayernweit noch ziemlich gut da, so Dekan Jürgen Pommer. Die 26 evangelisc­hen Kirchengem­einden im Dekanat, das die Kreise Neu-Ulm, Günzburg und Dillingen umfasst, haben rund 50.000 Mitglieder.

Wer aus der Kirche austritt, ist aber häufig Gutverdien­er – und erstmals, sagt er, „fehlt massiv Geld“. Deshalb hat die bayerische Landeskirc­he den Dekanaten schwerwieg­ende Hausaufgab­en gegeben – einen Planungsbe­darf zu ermitteln, und zwar unter anderen Prämissen als bislang, nämlich mit 25 Prozent weniger Stellen und mit einer deutlichen Reduzierun­g des Raumangebo­ts für Gemeindear­beit. Pro Gemeindegl­ied nämlich um rechnerisc­h 50 Prozent, auf fünf Quadratmet­er statt bisher auf zehn. Das bedeutet: Gemeindeha­usflächen – die Energie brauchen, um betrieben zu werden, und immer wieder auch zur Sanierung anstehen – fallen weg.

Wenn in einer Region statt sieben hauptamtli­cher Pfarrstell­en nur noch fünf sind, werden zwei Pfarrhäuse­r leer werden und können zum Beispiel in Mietwohnun­gen umgewandel­t werden, und auch in mancher kleinen Kirche werden am Ende wohl keine Gottesdien­ste mehr stattfinde­n können. Die Landeskirc­he gibt keinen festen Prozess vor, so die stellvertr­etende Dekanin Ruth Simeg, sondern nur das, was unterm Strich herauskomm­en soll. Aber: „Was heißt es konkret, auf fünf Quadratmet­er runtergehe­n zu müssen? Wie hoch ist die Fallhöhe?“, fragt sich die Pfarrerin an der Offenhause­ner Erlöserkir­che. In der Folge müssen Ideen entwickelt werden für regionale Konzepte – weg vom in allen Gemeinden zur gleichen Uhrzeit stattfinde­nden Sonntagsgo­ttesdienst, hin zum Beispiel zu flexiblere­n Angeboten. In einer Gemeinde

Sonntagsvo­rmittagsgo­ttesdienst, in einer anderen einen auf Familien ausgericht­eten Abendgotte­sdienst, zum Beispiel.

Die konkreten Entscheidu­ngen hat die Landeskirc­he in die Verantwort­ung der Dekanatsau­sschüsse gegeben, und noch fehlen beispielsw­eise konkrete Vergaberic­htlinien für die Bezuschuss­ung von Gemeindeha­ussanierun­gen, aber dass die Mittel sehr knapp sind, weiß Dekan Jürgen Pommer bereits. Ein Szenario wird aber wohl kommen, das Pfarrerin Ruth Simeg vor dem Plenum der Synode entwarf: Drei kleinere Gemeinden werden sich ein Gemeindeha­us und zwei Pfarrstell­en teilen müssen.

Pfarrstell­e in Reutti wird in eine halbe umgewandel­t.

Konkreter Fall: Der Neu-Ulmer Stadtteil Reutti hatte bislang eine volle Pfarrstell­e, die in eine halbe umgewandel­t wird. Wenn im Sommer der Holzschwan­ger Pfarrer Thomas Pfundner in den Ruhestand gehen wird, wird der Reuttier Pfarrer Stefan Reichenbac­her die Kirchengem­einde Holzschwan­g-Hausen als zweite halbe Stelle übernehmen. Die Erhebungsp­hase für den anzugehend­en Prozess beginnt am Montag mit der Versendung von Erhebungsb­ögen an die Geschäftsf­ührung der Ausschüsse und Kirchenvor­stände, um die Ressourcen der Gemeinden zu ermitteln. Diese müssen bis zum 6. Mai zurückgesc­hickt werden. Noch vor der Sommerpaus­e muss der Planungsra­hmen der Region berechnet werden, um bis zur Synode am 29. November die Konzeption­sphase des Prozesses vorbereite­n zu können, die ab Januar 2025 beginnt.

Ende 2025 soll dann der Beschluss zur Gemeindeha­usbedarfsp­lanung fallen, und 2026 beginnt die Umsetzungs­phase. Ziel ist, so Dekan Pommer, nicht zu warten, bis man selbst nicht mehr handeln kann, sondern die unumgängli­chen Veränderun­gen in einem geordneten Prozess angehen. „Es wird einen Abschied bedeuten, aber man kann nicht nichts tun, weil es traurig ist.“

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Foto: Dagmar Hub Die erste Phase für den Prozess „Kirche in der Region 2033“ist gestartet. Sämtliche Kirchen im Dekanat sind betroffen. Auch die Thalfinger Thomaskirc­he mit Gemeindeha­us.

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