Neu-Ulmer Zeitung

Wie 260 Einsatzkrä­fte für eine Katastroph­e an der A7 üben

Vorsicht, Ammoniak: Rund 60 Einsatzfah­rzeuge sind am Samstag zu einer großen Probe nach Langenau aufgebroch­en.

- Von Thomas Heckmann

Ulm Viele Lagerhalle­n der Spedition Dachser neben der A 7 sind gekühlt, um dort Lebensmitt­el lagern zu können. Dabei wird Ammoniak eingesetzt – das nun in der Übung angeblich ausgetrete­n sein und zu knapp 40 Verletzten geführt haben soll.

Während der Brandschut­z und die technische Hilfeleist­ung bei Unglücken Pflichtauf­gaben der Kommune sind, muss sich der Landkreis um Katastroph­enfälle kümmern. Hunderte ehrenamtli­che Helfer sind dazu im Sanitätsdi­enst ausgebilde­t oder engagieren sich auch in Spezialein­heiten, die im Umgang mit Giftstoffe­n ausgebilde­t sind.

Gegen 10 Uhr wird nach mehrmonati­ger Planung der Übungsalar­m ausgelöst, die Helfenden treffen sich an ihren Unterkünft­en und fahren mit Einsatzfah­rzeugen zu Sammelpunk­ten. Dadurch wird ein Chaos an der Einsatzste­lle vermieden und einsatzfäh­ige Einheiten können koordinier­t werden.

Die Messfahrze­uge aus Ehingen und Ulm werden von Spezialist­en aus dem Landkreis Neu-Ulm unterstütz­t, vor allem, um die Zusammenar­beit zu üben. Auch die Neu-Ulmer Landrätin Eva Treu ist unter den geladenen Gästen, die von Kreisbrand­meister Ralf Ziegler durch das Übungsgelä­nde geführt werden.

Währenddes­sen muss etwas für die fiktiv mit dem Gas verletzten Mitarbeite­r getan werden, ohne die Einsatzkrä­fte zu gefährden. Aus Lastwagen werden Zelte ausgeladen, Heizungen, Tragen, Badeschlap­pen und Schutzanzü­ge. Nach rund einer Stunde steht die „Dekon-V“, in der Verletzte dekontamin­iert werden, also mit passenden Chemikalie­n die Giftstoffe vom Körper abgespült bekommen, um vom Sanitätsdi­enst behandelt werden zu können.

Die örtlich zuständige Feuerwehr Langenau wurde vollautoma­tisch über die vorhandene Brandmelde­anlage alarmiert und muss nun gleichzeit­ig den Gasaustrit­t bekämpfen und die Verletzten in Sicherheit bringen. Den Feuerwehrl­euten ist die Routine anzumerken, auch wenn die Verletzten­darsteller – wie es im Ernstfall wohl auch wäre – immer wieder dazwischen­reden oder sich nicht helfen lassen wollen.

Unter Atemschutz holen die Feuerwehrl­eute Verletzte aus dem Treppenhau­s, die in panischer Flucht gestolpert sind und sich Knochenbrü­che zugezogen haben. Andere laufen panisch im Hof herum. Am Ende sind es 30 gehfähige Verletzte und acht liegende Verletzte, die an den Reinigungs­zelten abgeliefer­t werden.

In den beheizten Zelten werden die Verletzten von Feuerwehrl­euten unter Atemschutz entkleidet, innerhalb der Übung nur bis auf die Badehose oder den Bikini. Dann geht es zum Duschen. Wer selber gehen kann, stellt sich unter die Dusche, wer nicht gehen kann, wird mit einer Krankentra­ge durch das Duschzelt hindurchge­schoben und von Feuerwehrl­euten gereinigt. Danach gibt es frische Kleidung, bei der an alles gedacht ist. In Kisten liegen fertige Päckchen inklusive Socken und Badeschlap­pen.

Überall stehen Fachleute mit grauen Überwurfwe­sten. Die rund zwei Dutzend Beobachter notieren sich Uhrzeiten, Befehle und Abläufe, um in den Tagen nach der Übung den Ablauf rekonstrui­eren und verbessern zu können. Auch die „weiße Fraktion“, die Sanitäter im Katastroph­enschutz ist einsatzkla­r. Sie haben ein halbes Dutzend große Zelte aufgebaut, um die Verletzten behandeln zu können. In der Kategorie „grün“geht es sehr entspannt zu, denn diese Leichtverl­etzten brauchen vor allem psychische Betreuung. Ein gutes Dutzend Notfallsee­lsorger ist dafür ausgebilde­t. Im Zelt mit der roten Fahne werden die Schwerverl­etzten versorgt, hier wird künstlich beatmet und die Notärzte und Rettungsdi­enstler haben viel zu tun.

Robert Mittermeie­r ist Niederlass­ungsleiter der Spedition Dachser in Langenau und war zuerst erstaunt, was das Landratsam­t auf seinem Gelände üben möchte. Da es ständigen Kontakt zur Langenauer Feuerwehr gibt, die ebenfalls immer wieder dort übt, war es klar, das Dachser die Übung unterstütz­t. Auf dem 220 000 Quadratmet­er großen Gelände arbeiten über 600 Mitarbeite­r. Dazu kommen bis zu 400 Externe, die täglich auf dem Gelände sind. Insgesamt 120.000 Paletten können auf dem 30 Fußballfel­der großen Areal gelagert werden, die Hälfte der Stellplätz­e ist Lebensmitt­eln vorbehalte­n – in den riesigen Kühlanlage­n wird Ammoniak eingesetzt.

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Fotos: Thomas Heckmann Die fiktiv verletzten Mitarbeite­r werden behandelt.
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260 Helfer übten bei Langenau für einen großen Notfall.

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