Gesucht: Teilnehmer an Nahwärmeprojekt
Zwei Landwirte bauen ein Netz zur Wärmeversorgung in Roggenburg aus, die Basis dafür haben sie schon vor einigen Jahren gelegt. So funktioniert das System.
Roggenburg „Es ist ein Gemeinschaftsprojekt für Roggenburg und ist sinnvoll für alle“, sagt Matthias Hofmayr. 41 Haus- und Grundeigentümer im Ort haben aktuell ein Interesse, mit Nahwärme versorgt zu werden. Gespeist werden soll das Netz über eine Heizzentrale mit zwei Biogasmotoren und zwei Hackschnitzelkesseln, die der Landwirt zusammen mit seinem Bruder Wolfgang betreiben will. Damit könnten circa 376 Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr im Ortsteil eingespart werden.
Wer definitiv mit dabei sein will, der muss sich bis zum 5. Mai entscheiden. „Danach können wir das Wärmenetz planen“, erklärt der private Investor. „Wir erhalten jetzt Fördergelder, danach keine mehr, weshalb ein späterer Ausbau nur bedingt oder mit viel höheren Kosten verbunden ist“, nennt er die Gründe.
Bürgermeister Mathias Stölzle sieht die Initiative überaus positiv.
„Einen Glücksfall für die Gemeinde“nennt er es, dass ein privater Investor das Nahwärmenetz aufbauen und betreiben werde. „Wir unterstützen das zu hundert Prozent.“Überhaupt passe das Projekt perfekt zu den Plänen der Gemeinde zum klimagerechten Umstieg auf erneuerbare Energien.
„Wir haben 2016 eine 75 kWBiogasanlage gebaut“, erläutert Matthias Hofmayr, der mit seinem Bruder einen Bauernhof zwischen Roggenburg und Ingstetten betreibt. 650.000 kW-Stunden Strom würden im Jahr damit produziert. Aus vielen sich daraus ergebenden Überlegungen, fährt der Landwirt fort, sei nun ein Konzept gereift. Mit Klaus Jekle, der als einer der ersten mit der Abwärme aus seiner Biogasanlage einen Großteil der Gebäude seines Heimatorts Edelstetten versorgt, „kam die Sache ins Rollen“, sagt der Roggenburger. Er unterstütze die Planung mit seinem Know-how.
„Im Endeffekt wird ein Teil der jetzigen Wärme nach Roggenburg in die neue Heizzentrale verlagert“, erläutert Matthias Hofmayr, wie so ein Nahwärmenetz funktioniert. Dort werde bedarfsgerecht produziert. „Wir müssen die Wärmeversorgung garantieren, nicht nur über Jahre, sondern Jahrzehnte“, betont er.
Circa 65 bis 80 Grad heißes Wasser werde ins Nahwärmenetz abgegeben, das über speziell isolierte Erdleitungen in die angeschlossenen Gebäude gelange, erläutert Matthias Hofmayr. Über den Rücklauf fließe das abgekühlte Heizwasser zurück in die Heizanlage und werde erneut erwärmt. Ein wiederkehrender Kreislauf, bildlich gesprochen. „Den Anschluss im Haus, die sogenannte Übergabestation, schließt man an die Hausheizung an.“Mehr sei in der Regel nicht nötig, resümiert er.
Die Vorteile liegen für den Unternehmer auf der Hand. „Vor Ort gewachsen, vor Ort verarbeitet, im Ort genutzt“, bringt er es auf einen prägnanten Nenner. Betreiber und Heizmaterial kämen aus der Region, betont er den ökonomischen und ökologischen Gewinn, und verweist auf die beschlossenen Klimagesetze. Spätestens ab 2044 beispielsweise werden Öl- und Gasheizungen komplett verboten sein. Wichtig für Bürgermeister Mathias Stölzle: „Die komplette Wertschöpfung bleibt im Ort.“
Der Schwerpunkt der Interessenten liegt laut Matthias Hofmayr im Ortskern von Roggenburg, er und der Bürgermeister würden aber auch gerne das Neubaugebiet mit einbeziehen. Der Gemeinde, sagt der Ortschef, würden dort zwei Grundstücke gehören, für die bereits Bedarf angemeldet worden sei. Auch dort, wo es noch Baulücken gebe oder wo konkrete Baupläne
bestünden, solle doch über einen Anschluss ans künftige Nahwärmenetz nachgedacht werden, appelliert Stölzle.
Nach den Kalkulationen der Familie Hofmayr entfällt auf jede Abnehmerin und jeden Abnehmer im Monat ein Basispreis von brutto 45 Euro, der Wärmeverbrauchspreis je verbrauchter Kilowattstunde beträgt 11,5 Cent brutto. Eine Preisgarantie bestehe bis 2029. Hinzu kommen einmalige Kosten für den Anschluss. „Die Leitungen sind auf 60 Jahre ausgelegt und man kann sie auch auf andere Technologien umrüsten“, resümiert Matthias Hofmayr. Es handle sich um eine langfristige Investition, die sich rechne.
Loslegen wollen die Gebrüder Hofmayr mit dem Bau der Infrastruktur aber erst, wenn die 40-prozentige staatliche Förderzusage fix ist. „Ohne sie geht es nicht“, unterstreicht der Landwirt. Die nötigen Investitionen für das Projekt schätzt er auf etwa 1,8 Millionen Euro. Anfang 2025 soll, wenn alles klappt, mit den Arbeiten begonnen werden.