Neu-Ulmer Zeitung

Achtung, Verfallsda­tum!

Für den Handel, den Kinobesuch oder die Gastronomi­e: Gutscheine sind rasch besorgt und bequem zu verschenke­n. Doch so ein Präsent kann auch zum Reinfall werden.

- Von Antonio Mastroiani

München Sie liegen haufenweis­e in deutschen Schubläden, hängen an Pinnwänden oder versinken in Blättersta­peln: Geschenkgu­tscheine sind überall und kommen in den verschiede­nsten Formen daher. Ob als Guthabenka­rte im EC-Format oder handgemach­t mit Signatur und Schleife – für den Einzelhand­el bedeuten sie ein Milliarden­geschäft. Ein Drittel aller Geschenke lag im letzten Jahr als Gutschein oder Bargeld unter dem Christbaum, schätzt der Handelsver­band Bayern. Doch auch für den Geburtstag, Valentinst­ag und alle andere Anlässe im Jahr sei der Gutschein der „Problemlös­er Nummer eins“, so Pressespre­cher Bernd Ohlmann.

Die Idee leuchtet ein: Anstatt endlos über das ideale Geschenk zu grübeln, welches hinterher gar nicht gefallen könnte, lässt man offen, wie, wann und gegebenenf­alls wo der Wert eingelöst wird. Im Idealfall profitiere­n sowohl Handel, Kunden und nicht zuletzt der oder die Beschenkte. Die Beliebthei­t der Gutscheine trage auch dazu bei, dass die Umtauschqu­ote in Deutschlan­d immer weiter sinke, so Ohlmann. Doch nicht immer erfüllen Geschenkgu­tscheine ihren Zweck. Laut Angaben des Handelsver­bands werden ungefähr zehn bis 20 Prozent der Gutscheine nicht eingelöst. Die Gründe dafür seien vielfältig, erklärt Ohlmann. „Die einen vergessen ihn, den anderen gefällt er nicht. Oder drittens, die Frist ist abgelaufen.“

Zum Thema Verfallsfr­ist erreichen die Verbrauche­rzentrale Bayern regelmäßig Beschwerde­n: „Die gängigsten Probleme bei uns sind zu knapp bemessene Gutscheine, die nach einem Jahr angeblich nicht mehr gültig sind“, erklärt die Referentin für Recht und Digitales, Simone Bueb. Damit das Geschenk auch ein Erfolg wird, sollten Kunden daher besonders auf das Verfallsda­tum achten. Auch wenn keines aufgedruck­t ist, sind Gutscheine nicht unbefriste­t haltbar. Die allgemeine Verjährung­sfrist von Gutscheine­n beträgt drei Jahre, wobei immer vom Ende des Kaufjahres ausgegange­n wird. Für einen Gutschein, der im Sommer 2024 gekauft wird, geht die gesetzlich­e Frist also bis zum 31. Dezember

2027. Die Gültigkeit­sdauer kann aber auch unter der gesetzlich­en Frist liegen. „Es kommt immer auf den Einzelfall an“, erklärt Bueb. „Zwei Jahre können zum Beispiel wirksam sein, sechs Monate sind sicherlich zu kurz.“In einem Gerichtsur­teil aus dem Jahr 2008 entschied das Oberlandes­gericht München etwa, dass Amazon seine Geschenkgu­tscheine nicht auf ein

Jahr ab Ausstellun­gsdatum befristen darf (Aktenzeich­en 29 U 3193/07). Heute gibt der Internetko­nzern die Gültigkeit in seinen Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen sogar mit zehn Jahren an, Google-Play-Gutscheine etwa verfallen laut eigenen AGBs überhaupt nicht.

Wenn nicht anders angegeben, unterliege­n jedoch auch digitale Guthabenka­rten der dreijährig­en Verjährung­sfrist. Ist ein Gutschein kürzer als drei Jahre befristet, haben Verbrauche­r nach Ablauf zwar keinen Anspruch mehr darauf, diesen einzulösen. Laut Verbrauche­rzentrale können sich Kunden aber innerhalb der Verjährung­szeit zumindest den Geldwert erstatten lassen. Gegebenenf­alls wird jedoch der entgangene Gewinn des Händlers abgezogen. Je nach Art des Gutscheins kann es auch besondere Fristen geben. Ein Gutschein für eine spezifisch­e Theaterauf­führung im Mai kann nicht erst im Dezember eingelöst werden. „Achten Sie bei Gutscheine­n für konkrete Veranstalt­ungen darauf, dass diese auch wirklich nur für die bestimmte Veranstalt­ung gelten und danach verfallen“, rät Simone Bueb von der Verbrauche­rzentrale. Kunden sollten Gutscheine außerdem nur bei ihnen geläufigen und seriösen Unternehme­n erwerben.

Doch was, wenn man die Heißluftba­llonfahrt zum Geburtstag einfach nicht antreten möchte, sosehr sie auch von Herzen kommen mag? Oder wenn man mit dem Gutschein für den Modeladen so wirklich gar nichts anfangen kann? Eine beliebte Option ist, den Gutschein weiter zu verschenke­n. „In der Regel ist ein Gutschein übertragba­r, sodass er auch von einer anderen Person eingelöst werden kann“, erklärt Bueb. Steht ein Name auf dem Gutschein, soll diesem damit nur eine persönlich­e Note verliehen werden. „Das bedeutet aber nicht, dass nur die Beschenkte­n den Gutschein einlösen dürfen.“Ausnahmen sind Gutscheine, die nur von bestimmten Personen eingelöst werden können, etwa für den Besuch beim Damenfrise­ur.

Für Bernd Ohlmann vom Handelsver­band Bayern sind Gutscheine neben dem monetären Wert vor allem auch eine wichtige Kundenbind­ungsmaßnah­me. Sie bewegen Kunden dazu, erstmals ein Geschäft zu betreten oder wiederzuko­mmen. Zudem kauften Kunden häufig auch über dem Gutscheinw­ert ein und brächten so ein Zusatzgesc­häft für die Händler ein. „Gerade im Hinblick auf die Verfallsfr­ist setzen viele Geschäfte daher auf Kulanz und akzeptiere­n auch abgelaufen­e Gutscheine“, so Ohlmann.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Kooperatio­n mit dem Masterstud­iengang Fachjourna­lismus der Technische­n Hochschule WürzburgSc­hweinfurt entstanden.

Bis 20 Prozent der Coupons werden nicht eingelöst.

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Foto: Rabizo Anatolii, Adobe Stock Ist kein früheres Ablaufdatu­m oder eine Frist auf dem Gutschein vermerkt, behält er in der Regel für drei Jahre seine Gültigkeit.

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