Neu-Ulmer Zeitung

Polizei ging nach Dreifachmo­rd erst von Amoklauf aus

Am dritten Verhandlun­gstag gegen den mutmaßlich­en Mörder Gerhard B. sagen Einsatzkrä­fte aus. Sie berichten von einer unübersich­tlichen Lage nach der Bluttat in Langweid.

- Von Philipp Kinne

Langweid Er könnte kaum unauffälli­ger aussehen. Gerhard B., der mutmaßlich­e Dreifachmö­rder aus Langweid, trägt auch am dritten Verhandlun­gstag seine blaue Steppjacke, ein blaues Oberteil und Jeans. Dass der 64-Jährige drei seiner Nachbarn getötet und zwei Menschen schwer verletzt hat, ist ihm nicht anzusehen. Auch gegenüber der Polizei verhielt sich der mutmaßlich­e Mörder „ruhig und kooperativ“, berichten Einsatzkrä­fte. Sie schildern am dritten Verhandlun­gstag im Prozess um den tödlichen Streit, wie sie den auch für erfahrene Polizisten außergewöh­nlichen Einsatz erlebten.

Zunächst war die Lage völlig unübersich­tlich.

„Wir mussten mit dem Allerschli­mmsten rechnen“, berichtet einer der Polizisten. Um 19.18 Uhr erreichte die Polizei an einem Freitag im vergangene­n Juli der erste Notruf aus dem Haus, in dem Gerhard B. drei Nachbarn aus nächster Nähe erschoss. Etliche Streifenwa­gen machten sich aus allen Himmelsric­htungen auf in Richtung Langweid.

„Wir sind zunächst von einer Amoklage ausgegange­n“, sagt ein Polizist aus Friedberg. Durch die emotionale­n Schilderun­gen des Zeugen am Notruftele­fon mussten die Beamten davon ausgehen, dass ein bewaffnete­r Mann durch Langweid zieht.

Während des 23-minütigen Notrufs ergab sich für die Polizei ein immer detaillier­teres Bild. Horst N., ein Nachbar des Schützen Gerhard B., teilte am Telefon wichtige Informatio­nen, während er um das Leben seiner Ehefrau kämpfte. So gab er etwa an, dass der Täter bewaffnet war und einen silbernen Golf Variant fuhr.

Auch das Kennzeiche­n des Autos konnte Horst N. durchgeben. Als die Polizei nach quälend langen Minuten in dem Mehrfamili­enhaus eintraf, war Gerhard B. davongefah­ren. „Als ich ankam, wurden weitere Schüsse gemeldet“, erinnert sich einer der Polizisten. Die Polizei ging nun von zwei Tatorten und einem flüchtigen, bewaffnete­n Täter aus.

Nachdem Gerhard B. augenschei­nlich ziellos durch Langweid und angrenzend­e Orte gefahren war, gab er auf. Auf einem Firmenpark­platz ließ er sich festnehmen. „Er war ganz ruhig, als wäre nichts gewesen“, so ein Beamter. Mit klarer Stimme antwortete B. auf die ersten Fragen der Polizei.

Dem Schützen sei klar gewesen, dass er eine schwere Tat begangen habe, berichtete­n mehrere Einsatzkrä­fte. Allerdings: „Er sagte immer wieder, dass er einen Blackout hatte.“

Dabei bleibt Gerhard B. bislang auch vor Gericht. An die Schüsse könne er sich nicht mehr erinnern, ließ er über seinen Verteidige­r Walter Rubach ausrichten. Der Prozess wird im Mai fortgesetz­t.

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Foto: Marcus Merk Der mutmaßlich­e Mörder Gerhard B. (links) mit seinem Verteidige­r Walter Rubach. Der Angeklagte legt keinen Wert darauf, unkenntlic­h gemacht zu werden.

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