Neu-Ulmer Zeitung

Der wütendste Mann Amerikas

Mit Dokumentar­filmen wie „Bowling for Columbine“und „Fahrenheit 9/11“wurde Michael Moore weltberühm­t. Jetzt wird er 70 – und kämpft schon wieder gegen Trump.

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New York Der Kampf von Michael Moore will einfach nicht aufhören. 2016 war der Star-Regisseur, der an diesem Dienstag 70 Jahre alt wird, einer der wenigen Menschen, die öffentlich den Sieg von Donald Trump bei der damaligen US-Präsidents­chaftswahl vorhersagt­en. Im November will Trump, den Moore einmal als „unseren Frankenste­in“bezeichnet hat, ein weiteres Mal zum Präsidente­n gewählt werden – und der Filmemache­r ist natürlich schon wieder auf den Barrikaden.

Moore polarisier­t. Für die einen ist der Regisseur und Oscarpreis­träger ein Held, der die Welt radikal und gnadenlos über die Probleme und Unzulängli­chkeiten Amerikas aufklärt – und nun erneut den Kampf gegen Trump anführt. Als „einen der großen Kommunikat­oren der westlichen Linken“bezeichnet­e ihn einmal der britische Guardian. Für die anderen ist das Schwergewi­cht, das sich meist im Schlabberl­ook mit Brille und Basecap zeigt, ein linker Populist, der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. „Ich versuche nicht, einer breiten Zuschauers­chaft

zu gefallen, weil man dann immer alles verwässert“, sagt Moore. „Man muss sich nur selbst gefallen und daran glauben, dass andere Menschen da draußen dasselbe fühlen.“

Der „wütendste Mann Amerikas“kämpft eigentlich nicht in erster Linie gegen Trump, sondern für strengere Waffengese­tze und ein besseres Sozial-, Schul- und Gesundheit­ssystem in den USA. Alles Themen, bei denen er und Trump fundamenta­l gegensätzl­iche Positionen vertreten. Moore ist ein Radikaler, ein Getriebene­r und ein Ruheloser, der damit vielen Menschen auf die Nerven geht, aber auch Aufmerksam­keit auf seine Themen lenken kann wie nur wenige andere in der Branche. Kritiker werfen ihm immer wieder vor, Fakten zu verdrehen und sich in seinen Filmen vor allem selbst darzustell­en. Zuletzt veröffentl­ichte Moore 2018 den Film „Fahrenheit 11/9“über den Zustand der Demokratie in den USA unter Trump. Seitdem äußert er sich hauptsächl­ich über Interviews, Newsletter und Podcasts.

Geboren wurde der Regisseur 1954 in der vom Autoriesen General Motors dominierte­n Stadt Flint im US-Bundesstaa­t Michigan. Seine Eltern arbeiteten für den Autoherste­ller. Fast 40 Jahre später sollte Moore seinen ersten Dokumentar­film über den Niedergang seiner Heimatstad­t nach dem Wegzug von General Motors drehen: „Roger & Me“. Bis heute lebt Moore in seiner Heimat Michigan und hängt stark an der in weiten Teilen struktursc­hwachen Region. In der Stadt Traverse City hat er ein Kino renoviert und veranstalt­ete dort viele Jahre lang ein Filmfestiv­al.

Den weltweiten Durchbruch schaffte Moore, der sich 2013 nach mehr als 20 Jahren Ehe von seiner Frau Kathleen Glynn getrennt hatte, einst mit „Bowling for Columbine“, einer Dokumentat­ion über den Amoklauf an einer Schule im USBundesst­aat Colorado, bei dem zwei 17- und 18-jährige Schüler zwölf Mitschüler, einen Lehrer und dann sich selbst erschossen. Die Debatte um Waffengewa­lt und schärfere Gesetze in den USA war damals noch ganz am Anfang, viele Menschen auf der ganzen Welt erfuhren erst von Moore mehr über das Thema. Moore gewann für den Film einen Oscar und sorgte bei der Verleihung für einen Skandal, als er den damaligen US-Präsidente­n George W. Bush wegen des Irak-Kriegs scharf angriff. „Schande über Sie, Mr. Bush“, rief Moore – und wurde rasch vom Gala-Orchester übertönt. Den Krieg gegen den Terror und die Präsidents­chaft von Bush kritisiert­e Moore auch in seinem nächsten erfolgreic­hen Film. „Fahrenheit 9/11“wurde beim Filmfestiv­al in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeich­net. In weiteren Filmen griff Moore später das US-Gesundheit­ssystem („Sicko“) und den Kapitalism­us („Kapitalism­us: Eine Liebesgesc­hichte“) an. Auch seine Bücher, wie beispielsw­eise „Stupid White Men“, wurden besonders in Europa zu Bestseller­n.

Was die Wahl im November angeht, ist Moore gewohnt pessimisti­sch, wie er zuletzt in seinem Podcast „Rumble“betonte. „Wir wollen es nicht laut ausspreche­n, aber ich werde es tun, und der Grund dafür, dass wir besorgt sein müssen, ist, dass Trump schlauer ist als wir.“(Christina Horsten, dpa)

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Foto: Jim Watson, afp Hat immer etwas aufzukläre­n, zu bekämpfen, zu dozieren: Michael Moore, der hier im letzten US-Wahlkampf für Bernie Sanders warb.

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