Auf Unterstützersuche
Es geht um die Sanktionen gegen Russland, einen „Krieg gegen Arbeitnehmer“und wie sich das Bündnis Sahra Wagenknecht in Mittelschwaben für die Kommunalwahl 2026 aufstellen will.
Günzburg Wenn Xaver Merk und Elmar Heim über ihre Parteichefin sprechen, sagen sie so etwas wie: „Die Sahra hatte den Vorschlag“und „Sahra meint ...“. Die beiden Ex-Mitglieder der Linken sind als Delegierte beim allerersten Parteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) am 27. Januar in Berlin dabei gewesen. Die einzigen zwei Mitglieder aus „Mittelschwaben“, so Merk, wollen das BSW im Kreis Günzburg und Kreis NeuUlm voranbringen. Bis Herbst/ Winter 2024 soll es sogar einen bayerischen Landesverband geben.
Man wolle es langsam angehen, erklärt der 70-Jährige aus Senden bei einem ersten Treffen der Unterstützer des Bündnisses in Günzburg am Mittwochabend, zu dem neben ihm vier weitere Personen gekommen sind. „Wir haben aktuell 8000 Mitgliedsanträge vorliegen“, sagte die Vorsitzende Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur vor einem Monat. Bei der Parteigründung Anfang Januar habe man für das gesamte Jahr nur maximal 1000 Mitglieder angepeilt. Aktuell zähle die Partei laut Xaver Merk 40 Mitglieder in Bayern sowie mindestens 700 Anträge, die durchgeschaut werden müssen. „Wir wollen zunächst Unterstützerkreise zusammenbekommen“, erklärt er. Der 70-Jährige hat in seinem politischen Leben schon eine Menge Posten bekleidet, als Gemeinderat, Stadtrat in Senden, Zweiter stellvertretender Bürgermeister, Kreisrat, als Linken-Kreisvorsitzender und sogar einst als geschäftsführender Landesvorsitzender und Mitglied des Bundesvorstands seiner ehemaligen Partei. Beim BSW-Gründungsparteitag in Berlin habe man beschlossen, sich die Bewerbungen der potenziellen Mitglieder genau anzuschauen, so sagt er in Günzburg. Man wolle keine ExAfDler oder Menschen, die die Parteiarbeit nur stören. Auch das habe es bei der Linken am Anfang gegeben.
Einen Kreisverband Günzburg/ Neu-Ulm des BSW oder sogar einen Ortsverband wird es vorerst nicht geben. Man sucht allerdings
Menschen, die helfen – bei organisatorischen Themen, Social Media, oder bei Veranstaltungen des BSW in der Region. Steht man auf der Unterstützerliste, hilft man mit, ohne einen Beitrag zu zahlen oder Mitglied sein zu müssen – Letzteres darf man dennoch werden, fügt Herbert Appel, langjähriger Betriebsratsvorsitzender bei Milkana/Edelweiss (Kempten), hinzu.
Mit einem Kandidaten aus Schwaben möchte BSW bei der Europawahl antreten, informieren die Mitglieder aus dem Kreis NeuUlm. Friedrich Pürner, Ex-Gesundheitsamtsleiter von AichachFriedberg und einst kritischer Beobachter der Corona-Maßnahmen, steht auf Platz 6 der Europawahlliste des BSW. Möglicherweise wird es im Mai eine Veranstaltung in der Region geben, bei der sich der Kandidat vorstellt. „Wir müssen hier in Bayern bei der Europawahl über fünf Prozent kommen“, appelliert Merk. Denn das Ergebnis zählt, um bei der Kommunalwahl
2026 mit dem BSW antreten zu können. Anderenfalls müsste das BSW Mittelschwaben in den Rathäusern Unterschriftenlisten auslegen. Im Unterschied zu anderen Parteien „will Sahra“, so Appel, „die Leute von der Basis holen“. In Expertenkreisen sollen Personen außerhalb der Partei die Inhalte mitgestalten können, nicht nur Mitglieder. Gegründet wurde das BSW ohne ein richtiges Parteiprogramm. Es gibt Ziele und Themenfelder, etwa die Rente, einen starken Sozialstaat aber auch die Ablehnung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland sowie Friedensverhandlungen zwischen Putin und der Ukraine.
Die letzteren beiden Punkte haben laut Heim mit einem der
Grundpfeiler der Partei, der „Vernunft“zu tun. „Wir geben vier Milliarden im Jahr aus nur für die Unterstützung der Ukraine. Für einen Krieg, den wir mit unseren Steuergeldern befeuern.“Angeblich hätte „die Sahra“den Vorschlag in den Raum geworfen, dass der ehemalige Kanzler Schröder, der „ja einen guten Draht zu Putin hatte“, mal zu diesem gehen könne, um auszuloten, welche Voraussetzungen es für einen Waffenstillstand geben müsste. Unverständnis herrscht bei den anwesenden Rentnern auch über den wachsenden Rüstungsetat Deutschlands. Jeder Krieg sei ein Krieg gegen Arbeitnehmer, hört man den Neu-Ulmer DGB-Kreisverbandsvorsitzenden Elmar Heim im Gasthof Rose schimpfen. Es sind keine lokalen Themen, die die BSW-Mitglieder bewegen, sondern die großen Komplexe: soziale Ungerechtigkeit, Frieden, Freiheit und wirtschaftliche Vernunft. „Warum zahlen Abgeordnete nicht in die Rentenkassen ein?“, fragt Merk – er erwartet keine Antwort von seinen Tischnachbarn. Es ist ein Rentner aus Bibertal, einer der beiden Gäste an diesem Abend, der ein Beispiel aus der Realität aufbringt. „Wäre ich Beamter gewesen, würde ich jetzt 1600 Euro mehr Rente bekommen. Da hat man 40 Jahre gearbeitet und kommt gerade so über die Runden“, sagt er. Man müsse die Sozialpolitik anders gestalten, mehr „Geld in die Kassen kriegen“, sodass ältere Menschen nicht mehr bei den Tafeln anstehen müssen. Doch wie genau das funktionieren soll, können die fünf Männer an diesem Abend nicht klären.
Man wolle weiter diskutieren, Pläne für die Zukunft schmieden, auch an anderen Orten um Unterstützung bitten. Am Donnerstag, 25. April, um 19 Uhr lädt der Unterstützerkreis Mittelschwaben ins Stadtcafé am Marktplatz in Senden ein, am Montag, 29. April, um 18 Uhr in die Pizzeria Capri in Neu-Ulm.
Der Krieg zwischen Ukraine und Russland ist Thema.