Wie fair ist das neue Wahlrecht?
Reform in Karlsruhe auf dem Prüfstand
Karlsruhe Hält die Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung verfassungsrechtlichen Bedenken stand? Das Vorhaben sollte unter anderem das Anwachsen des Bundestags aufgrund von Überhangmandaten stoppen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nahm am Dienstag das neue Bundeswahlgesetz, das schon im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl angewendet werden soll, ins Visier. Zum Auftakt der zweitägigen mündlichen Verhandlung hagelte es von der Klägerseite scharfe Kritik. Unter anderem gehen die bayerische Landesregierung, Bundestagsabgeordnete der CDU/ CSU-Fraktion, die Parteien CSU und Linke sowie eine Gruppe von mehr als 4000 Privatpersonen gegen das neue Wahlrecht vor.
CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte, die Ampel habe quasi auf den letzten Drücker die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen. Diese Klausel sorgte bisher dafür, dass eine Partei auch dann im Bundestag vertreten war, wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war, aber mindestens drei Direktmandate errungen hatte. Kleinere Parteien wie CSU und Linke, die zu den Klägern gehören, könnte der Wegfall der Grundmandatsklausel empfindlich treffen.
Mit der Neuregelung der Ampel soll die Zahl der Sitze im Bundestag auf 630 gedeckelt werden. Dafür sollen Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen, die den Bundestag bisher immer weiter anwachsen ließen. Für die Zahl der Sitze einer Partei im Parlament ist künftig allein ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend – auch dann, wenn sie mehr Direktmandate geholt hat. Dann gehen die Wahlkreisgewinner mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis leer aus.
Für das Gericht sei beispielsweise zu klären, ob diese Klausel strenger geprüft werden müsse. Ist die Sperrklausel zu hoch, weil zu viele Wählerstimmen nicht im Bundestag repräsentiert sind? Auch sei zu überlegen, wie sich Wahlkreisbewerber von den Parteien, die sie stellen, unterscheiden. Am Mittwoch soll weiterverhandelt werden. Ein Urteil dürfte erst in einigen Monaten fallen – möglichst deutlich vor der nächsten anstehenden Bundestagswahl. (dpa)