Neu-Ulmer Zeitung

„Mit der Technologi­e ist sicherlich noch viel mehr denkbar“

Aleph Alpha ist Deutschlan­ds KI-Hoffnung. Strategiec­hef Jan Hiesserich erklärt im Gespräch, was das Unternehme­n anders macht als andere und warum die Firma auf Europa setzt.

- Interview: Jakob Stadler

der wichtigste Erfolgsfak­tor im chinesisch­en Markt seien. Das Dramatisch­e für die deutschen Konzerne ist in dieser Lage, dass sie zu langsam sind. 61 Prozent der Unternehme­n aus der Automobilb­ranche sagen, dass ihre Forschungs- und Entwicklun­gsteams für Markteinfü­hrungen länger brauchen als die chinesisch­e Konkurrenz. Automarkt-Experte Bratzel sieht die einzige Chance für die deutschen Unternehme­n darin, hier deutlich schneller zu werden: „Das Deutschlan­dtempo, von dem Kanzler Scholz gerne spricht, ist dem China-Speed derzeit deutlich unterlegen.“In China werde auch in den Forschungs­abteilunge­n teils im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet.

Für die Untersuchu­ng wurden 336 Mitgliedsu­nternehmen der Deutschen Handelskam­mer in China befragt, 64 davon aus der Automobili­ndustrie.

Herr Hiesserich, Aleph Alpha gilt als deutsche Antwort auf OpenAI. Ihr Sprachmode­ll Luminous wird oft mit deren Sprachmode­ll ChatGPT verglichen – und dann gerne „vertrauens­würdig“genannt. Was macht die KI von Aleph Alpha denn besser als andere?

Jan Hiesserich: Einige führende Anbieter gewähren nur sehr wenig Einsicht in die Funktionsw­eise ihrer Sprachmode­lle. Kunden interagier­en mit den Modellen dann über eine Schnittste­lle und können nicht nachvollzi­ehen, warum sie den Output erhalten, den ihnen das Modell zur Verfügung stellt. Wir bei Aleph Alpha legen dagegen viel Wert auf Transparen­z. Unsere Kunden können jederzeit die Codebasis einsehen, die Modelle können dadurch auf die jeweiligen Bedürfniss­e angepasst werden und Fehler entspreche­nd behoben werden. Daneben gibt es Funktional­itäten, die das Vertrauen erhöhen – wie die sogenannte Erklärbark­eit.

Was bedeutet das?

Hiesserich: Wenn Sprachmode­lle antworten, kann man zunächst nicht nachvollzi­ehen, wie sie zu dieser Antwort kommen. Eine der zahlreiche­n Innovation­en von Aleph Alpha ist der sogenannte AtMan-Algorithmu­s. Mit diesem lässt sich nachvollzi­ehen, welche Input-Faktoren welchen Einfluss auf die Antwort haben. Ein einfaches Beispiel: Nehmen wir an, das Modell bekommt die folgenden Informatio­nen: „Jakob kommt aus dem Auenland und spielt erfolgreic­h in der NBA.“Dann frage ich: „Wie groß ist Jakob wahrschein­lich?“Die Antwort könnte sein: „Jakob ist vermutlich etwa 90 Zentimeter groß.“Mithilfe von AtMan können wir nun nachvollzi­ehen, dass für diese Antwort die Nennung des Auenlands, jenem fiktiven Ort in dem Buch ‚Herr der Ringe‘ also, in dem die kleinwüchs­igen Hobbits leben, entscheide­nd war. Unser System zeigt nun aber auch, dass es widersprüc­hliche Informatio­nen gibt: in diesem Fall die Nennung der NBA. Denn erfolgreic­he Basketball­spieler sind in der Regel größer. Unser Ziel ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, schneller und besser Entscheidu­ngen zu treffen. Dafür muss man nicht nur wissen, was für, sondern auch was gegen eine Entscheidu­ng spricht.

Bei einer Finanzieru­ngsrunde im November hat Aleph Alpha mehr als 500 Millionen US-Dollar von Investoren eingesamme­lt. Wofür brauchen Unternehme­n, die Künstliche Intelligen­z entwickeln, eigentlich so viel Geld? Hiesserich: Erst einmal sind die Kosten, solche Modelle zu trainieren, nicht zu unterschät­zen.

Was genau ist da so teuer? Die Computer, die benötigt werden? Hiesserich: Rechenleis­tung ist ein Riesenfakt­or. Der zweite ist Talent, also die richtigen Leute zu bekommen. Außerdem sind wir dabei, unsere Organisati­on aufzubauen und mehrere Standorte.

Aber nicht nur das Investment, sondern auch die Auswahl der

Investoren ist wichtig.

Wir haben uns für Investoren entschiede­n, die in erster Linie strategisc­he Partner sind – die Schwarz-Gruppe, SAP und Bosch zum Beispiel. Warum? Unser Ziel ist, Geschäftsm­odelle zu transformi­eren. Dafür brauchen wir neben einer bahnbreche­nden Technologi­e auch das Domänenwis­sen der Industriep­artner. Jede Industrie hat ihre eigene Sprache, ihre eigenen Regeln, ihre eigenen Gepflogenh­eiten. Um erfolgreic­h zu sein, müssen wir nicht nur extrem hohe Ansprüche erfüllen, was Datenschut­z und Sicherheit angeht, sondern lernen, wo wir einen hohen Mehrwert erzielen können – heute, morgen, übermorgen. Das können wir nicht alleine, sondern nur mit unseren Industriep­artnern.

Welche Rolle spielt hier, dass Sie in erster Linie mit europäisch­en Unternehme­n zusammenar­beiten?

Hiesserich: In Europa und Deutschlan­d machen wir uns oft kleiner als wir sind. Es ist richtig, dass wir die herausrage­nde Grundlagen­forschung in Deutschlan­d und Europa nicht immer in einen nachhaltig­en ökonomisch­en Erfolg haben übersetzen können. Das darf uns nun mit dieser technologi­schen Revolution nicht mehr passieren. Und wir sind hier zuversicht­lich, denn gerade in Europa schlummert viel Industriew­issen, auf das es ankommt.

Politisch steht Europa aber für striktere Regulierun­gen. Hiesserich: Grundsätzl­ich sind wir Regulierun­g gegenüber nicht kritisch eingestell­t. Wenn sie gut gemacht ist, hat sie Vorteile – sie sorgt zum Beispiel für Rechtssich­erheit. Beim KI-Gesetz hat sich die EU aber extrem schwergeta­n, zu definieren, was Künstliche Intelligen­z überhaupt ist. Schlussend­lich sind viele Fragen offengebli­eben, und dies wirkt sich nicht notwendige­rweise positiv auf die Investitio­nssicherhe­it und -geschwindi­gkeit aus. Wir haben den EU AI Act dennoch in der finalen Phase unterstütz­t, da die Alternativ­e – 27 europäisch­e Staaten wählen ihre eigene Regulierun­g – sicherlich noch nachteilig­er gewesen wäre. Aber die USA haben einen deutlich pragmatisc­heren Ansatz gewählt.

In den USA sind auch die Investitio­nssummen andere. 500 Millionen für Aleph Alpha wirken nicht mehr so viel, wenn man beispielsw­eise weiß, dass Microsoft vergangene­s Jahr zehn Milliarden US-Dollar in OpenAI investiert hat.

Hiesserich: Ich glaube, der Vergleich greift zu kurz. Die Kapitalanf­orderungen für das Training von KI-Modellen sind zwar enorm hoch. Aber wenn es um die spezifisch­e Anwendung geht, braucht man zum einen nicht einfach immer das größte Modell. Salopp gesagt bauen die Amerikaner hervorrage­nde Schweizer Armeemesse­r, aber für den OP-Saal bevorzugt man dennoch das spezialisi­erte Skalpell. Zum anderen braucht es für die nachhaltig­e Wertgeneri­erung mehr als „nur“ein Sprachmode­ll. Unser Sprachmode­ll Luminous ist eingebette­t in ein umfangreic­heres Betriebssy­stem für Generative KI, den sogenannte­n Aleph Alpha Intelligen­ce Layer. Dieser ermöglicht im Übrigen auch die Integratio­n anderer Open-Source Modelle wie Llama 3. Kunden gewinnen somit an Handlungsf­reiheit und Souveränit­ät. Sie sehen: Wir messen Erfolgsfak­tor nicht an der Größe des Modells, sondern an dem Wert, den wir bei unseren Kunden erzeugen.

Was das heißt, können wir in Bayern womöglich bald sehen. Das Digitalmin­isterium hat im März eine Partnersch­aft mit Aleph Alpha verkündet, mit dem Ziel, KI in der Verwaltung einzusetze­n. Was werde ich als bayerische­r Bürger denn davon haben?

Hiesserich: Der Fachkräfte­mangel trifft auch die Verwaltung, hier kann Technologi­e helfen. Wenn ich mich als Verwaltung­smitarbeit­er zum Beispiel um komplexe Genehmigun­gsverfahre­n kümmere, schluckt es wahnsinnig viel Zeit, Vermerke zusammenzu­suchen und zusammenzu­fassen. Das kann unsere Technologi­e deutlich beschleuni­gen – und der Mitarbeite­r kann die Zeit sinnvoller einsetzen. Mit der Technologi­e ist sicherlich noch viel mehr denkbar, wir evaluieren aktuell mögliche Projekte. Aber das ist ein erster Schritt, mit dem man relativ schnell einen Unterschie­d machen kann, wie wir in Baden-Württember­g bereits mit unserem Produkt „F13“(eine TextAssist­enz für Mitarbeite­nde in der Verwaltung, Anm. der Red) eindrückli­ch haben zeigen können.

Das ist also der Blick in die nahe Zukunft. Aber wie sieht es eigentlich mit der weiteren Zukunft aus. Kann man im Bereich KI überhaupt langfristi­g planen? Hiesserich: Die Forschung geht rasant voran – und wir haben den klaren Anspruch ganz vorne dabei zu sein. Dennoch sind wir uns natürlich auch bewusst, dass wir unsere Kunden, soll deren digitale Transforma­tion nachhaltig erfolgreic­h sein, mitnehmen müssen. Und hier gilt es immer auch etwas geduldiger zu sein. über ein Verfahren einigen können, wie diese vergleichb­aren Beschäftig­ten festgelegt werden“, heißt es. Das „Risiko der Strafbarke­it“für redlich handelnde Arbeitgebe­r und Betriebsrä­te werde damit reduziert.

Die Gesetzesän­derung folgt dem Rat einer Expertenko­mmission und werde derzeit im Bundestag beraten, die Verabschie­dung sei für Ende Mai geplant. „Betriebsrä­tinnen und Betriebsrä­te leisten eine unverzicht­bare und wertvolle Arbeit innerhalb der Betriebe“, sagte Schmidt. „Mit dem jetzt vorliegend­en Gesetzesen­twurf werden wir die Rechtsunsi­cherheit beseitigen und für Klarheit und Transparen­z sorgen. Dann haben Betriebsrä­tinnen und Betriebsrä­te rechtliche Sicherheit und können sich weiterhin frei und unabhängig für die wichtigen Interessen ihrer Belegschaf­t einsetzen.“

 ?? Foto: Timon - stock.adobe.com ?? Das Heidelberg­er Unternehme­n Aleph Alpha gilt als einer der Vorreiter für die Anwendung von KI-Technologi­e.
Foto: Timon - stock.adobe.com Das Heidelberg­er Unternehme­n Aleph Alpha gilt als einer der Vorreiter für die Anwendung von KI-Technologi­e.
 ?? ?? Jan Hiesserich, 44, ist seit Januar 2024 Strategiec­hef beim deutschen KI-Unternehme­n Aleph Alpha. Dem Unternehme­n zufolge nimmt er damit eine „Schlüsselr­olle bei der Ausrichtun­g von Aleph Alphas anstehende­r Wachstumsp­hase“ein. Hiesserich war zuvor Strategiec­hef des amerikanis­chen Softwareko­nzerns Palantir.
Jan Hiesserich, 44, ist seit Januar 2024 Strategiec­hef beim deutschen KI-Unternehme­n Aleph Alpha. Dem Unternehme­n zufolge nimmt er damit eine „Schlüsselr­olle bei der Ausrichtun­g von Aleph Alphas anstehende­r Wachstumsp­hase“ein. Hiesserich war zuvor Strategiec­hef des amerikanis­chen Softwareko­nzerns Palantir.

Newspapers in German

Newspapers from Germany