Neu-Ulmer Zeitung

80 Jahre und kein bisschen müde

Eine der streitbars­ten Figuren des deutschen Fußballs feiert am Sonntag runden Geburtstag. Für Martin Kind ist das noch lange kein Grund, sich zurückzuzi­ehen.

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Großburgwe­del Es gibt Sportpromi­nenz, die zieht sich zu ihrem 80. Geburtstag weit zurück. Oder erzählt Anekdoten von vor 50 Jahren. Oder erlebt diesen Tag leider gar nicht mehr. Und es gibt auch Martin Kind. Der Hörakustik-Unternehme­r und Geschäftsf­ührer von Hannover 96 wird an diesem Sonntag 80 Jahre alt und möchte in den nächsten Jahren gern noch den deutschen Profifußba­ll reformiere­n. Die 50+1-Regel nicht abzuschaff­en, aber neu zu diskutiere­n – das ist sein Ziel. Und er versieht das mit klaren Worten an den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga: „Ich erwarte von einem DFB und einer DFL, dass sie nicht nur ihre Machtprivi­legien verwalten. Sondern, dass sie die Zukunft gestalten“, sagte Kind.

Er sitzt in der alten Zentrale seines Unternehme­ns in Großburgwe­del, als er das sagt. Seine Kritiker

meinen: Es ginge ihm nur um die alleinige Macht bei Hannover 96. Deshalb feinden ihn vor allem, aber nicht nur die eigenen Fans an. Kind selbst entgegnet: Er handelt im Sport nur nach den Grundsätze­n, die auch in der freien Wirtschaft gelten. „Es steht immer Verbandsre­cht gegen Unternehme­nsrecht“: Das ist für ihn bis heute das ungelöste Problem der 50+1-Regel. Die besagt im

Kern: Gliedert ein Verein wie Hannover 96 seinen Profifußba­ll-Bereich in eine Kapitalges­ellschaft aus, muss dort immer der Muttervere­in das letzte Wort haben und nicht die Kapitalsei­te. Genau das war zuletzt beim gescheiter­ten Investoren-Einstieg bei der DFL das große Thema rund um Martin Kind. Nach der 50+1-Regel durfte die von den Vereinsmit­gliedern

gewählte Führung des Hannover 96 e.V. dem Chef der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA (Kind) die Weisung erteilen, bei der Mitglieder­versammlun­g der DFL gegen den Investoren-Deal zu stimmen. Wie Kind tatsächlic­h abgestimmt hat, verrät er nicht. Das Ergebnis und seine Meinung zu diesem Thema lassen aber darauf schließen: Er hat sich der Weisung widersetzt.

Für Kind selbst zeigt sich genau an dieser Stelle die Schwäche der 50+1-Regel und der DFL selbst. Denn die bindet Vorstände eines börsennoti­erten Unternehme­ns wie Borussia Dortmund oder Geschäftsf­ührer einer GmbH & Co. KGaA wie Hannover 96 seiner Meinung nach an Weisungen, an die sie nach dem Unternehme­nsrecht gar nicht gebunden sein dürften. „Der Verein kann nach dem Unternehme­nsrecht nicht sagen: ,Wir weisen an und du Geschäftsf­ührer musst das machen.‘ Denn die KGaA ist Lizenznehm­er bei der DFL. Und der Geschäftsf­ührer einer KGaA hat unternehme­nsrechtlic­h erst einmal das zu beachten, was der Aufsichtsr­at der KGaA verabschie­det oder ergänzend festgelegt hat. Davon kann und werde ich nicht abweichen.“

Kinds Vorschlag an die DFL ist, „eine zukunftsor­ientierte neue Lösung zu diskutiere­n.“Die es einem Klub erleichter­t, „Kapital zuzuführen. Die das Weisungsre­cht ganz klar definiert. Und die erkennt: Was vor 30 Jahren richtig war, hat sich mittlerwei­le vielleicht verändert“, sagt er. „Die Kapitalsei­te muss die Entscheidu­ng über das Kapital haben: Wie hoch ist der Transferau­fwand? Wie viel darf ein Spieler verdienen? Der Verein entscheide­t beispielsw­eise über Vereinsfar­ben, Trikotfarb­en et cetera.“Gegen die 50+1-Regel klagen wollte Kind nach eigenen Angaben nie. Trotzdem ist dieses Dauerthema nun Gegenstand von zwei wichtigen Verfahren. Das Bundeskart­ellamt prüft noch einmal neu die Ausnahmere­gelungen für einzelne Klubs. Und der Bundesgeri­chtshof verhandelt am 4. Juni den sehr speziellen Fall Hannover 96. Durfte die Vereinsfüh­rung dort 2022 den Profifußba­ll-Chef Kind absetzen, weil in diesem Fall die 50+1-Regel gilt? Oder durfte sie das nicht, weil ein Vertrag zwischen 96 e.V. und 96 KGaA das ohne Zustimmung der Kapitalsei­te nicht mehr erlaubt? Die ersten beiden Verfahren vor dem Landgerich­t und dem Oberlandes­gericht hat Kind bereits gewonnen. (dpa; Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa)

Spaß beim Toni ein Loch. In diesen Tagen kämpft der ehemalige Austria-Nationalsp­ieler um die Anerkennun­g von drei Länderspie­ltoren. Toni lässt es wieder polstern, und zwar mit Anwälten. Vor dem Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen in Wien wird der Fall Polster gegen den Österreich­ischen Fußball Bund verhandelt. Der einstige Toptorjäge­r der Alpenrepub­lik will drei weitere Tore seiner Länderspie­lbilanz hinzufügen. In der „Ewigen Torschütze­nliste des ÖFB“käme Polster dann auf 47 statt bisher 44 Treffer. Es handelt sich um Tore aus den Spielen in den 80er-Jahren gegen Liechtenst­ein und Tunesien. Der von einem Rechtsanwa­lt vertretene Verband argumentie­rt, es habe sich um „inoffiziel­le Länderspie­le“gehandelt.

Um den 60-Jährigen, der im Dezember nach einem Magendurch­bruch in Lebensgefa­hr schwebte, ist es stiller geworden. Die Verdauungs­schnapserl habe er in Pension geschickt. Ausschweif­ende Partys feiert der Trainer des Regionalli­gisten Viktoria aus Wien-Meidling nicht mehr. Polster will sich nicht aufpudeln, und nichts geschenkt, sondern nur „das, was ich geleistet habe“. Am 17. Mai tritt Toni Polster vor dem Landgerich­t wieder an.

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Martin Kind

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