Ein Vereinsheim aus dem 3D-Drucker
Im ältesten Dorf des Landkreises entsteht ein neuer Brauchtumsverein auf den Spuren einer sagenumwobenen Kneipe. Das Projekt klingt ebenso raffiniert wie unterhaltsam.
Remmeltshofen Dieses neue Vereinsheim wird nicht nur ein beliebter Treffpunkt in Remmeltshofen und Kadeltshofen sein, vermutlich wird man weit über die Gemeindegrenzen hinaus davon sprechen. Aus dem Wunsch heraus ein Wirtshaus zu eröffnen und sein eigenes Bier zu brauen, stampft eine Gruppe von Freunden aus Pfaffenhofen in rasender Geschwindigkeit einen sogenannten Brauchtumsverein aus dem Boden.
Genau auf dem Grundstück, an dem es vor über 150 Jahren eine Wirtschaft namens „Zur faulen Axt“gegeben haben soll, errichten sie ein neues Vereinsheim mit hauseigener Brauerei. Beziehungsweise baut es ein großer 3D-BetonDrucker für sie auf. So wie es aussieht, wird es das erste 3D-Vereinsheim in Süddeutschland sein. Die Gründungsmitglieder wollen mit ihrem Brauchtumsverein also nicht nur an die Geschichte Remmeltshofens erinnern, sie schreiben sie auch fort.
Vor den Vitrinen mit den alten Fotos und Ausstellungsstücken von Remmeltshofen ein kühles, hausgemachtes Bierchen trinken, das ist die Wunschvorstellung der Gründungsmitglieder, sagt Fabian Rupp, Bauunternehmer und zweiter Vorsitzender des Vereins. Gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer Matthias Walk (erster Vorsitzender) ist er die treibende Kraft bei der Aktion. Alle möglichen Fragen sind schon durchdacht – so steht zum Beispiel der Biername „Axtbräu“schon fest. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. In diesen Tagen wird der „Brauchtumsverein Remmeltshofen e.V.“offiziell vom Memminger Amtsgerichts eingetragen, im Neu-Ulmer Landratsamt liegt der Bauantrag auf dem Tisch, die Website steht, und in rund einem Monat dürfte der Betondrucker anrollen. Allein binnen zwei Tagen in der vergangenen Woche soll die Mitgliederzahl auf 50 angewachsen sein.
„Wir haben uns am 2. April als Verein gegründet und möchten uns damit für die Brauchtumspflege einsetzen und dem Vereinssterben entgegenwirken“, informiert Rupp. Gerade hier in Remmeltshofen, dem wohl ältesten Dorf des Landkreises, gebe es sehr viel aus der Geschichte zu erzählen. Die Idee: Vereinsmitglieder und Interessierte, Jung und Alt, treffen sich im Vereinsheim, das sowohl Wirtshaus
als auch Heimatmuseum sein soll, tauschen sich aus, spielen Karten, essen und trinken. Bürgermeister Sebastian Sparwasser (parteilos) spricht von einem „echten Leuchtturmprojekt“. „Wir sind schon sehr gespannt auf die weiteren Entwicklungen und werden das Projekt intensiv unterstützten“, kündigt der promovierte Historiker an.
„Das Ganze wird untermauert von eigenem Bier“, erklärt Rupp. Untermauert im wahrsten Sinne des Wortes. Denn in dem Keller soll eine 90-Quadratmeter große Brauerei installiert werden, vorwiegend für den Eigenkonsum. Das Vereinsleben stellen sich die Gründungsmitglieder so vor: Jeden Donnerstag- und Freitagabend ist geöffnet, in dem Gastraum mit Platz für 35 Personen wird jenes Axtbräu und frische Speisen serviert. Es solle also verschiedene Thementage geben, bei denen jeder mitmachen kann. So sei für jeden ersten Donnerstag im Monat Brotzeit mit Hausmacherwurst vom Gasthof Hirsch geplant, auch ein Pizzatag stehe in Planung. „Wenn jemand sagt, er macht ein gutes Gulasch, kann er sich gerne melden“, sagt Rupp. Und unten im Keller soll es Seminare zur handwerklichen Bierherstellung geben. Gelebtes Brauchtum also.
Wann kam die Idee auf? Der 30-Jährige antwortet lachend: „Das haben uns schon viele gefragt, aber es weiß keiner so genau. Der Gedanke, dass jemand ein Bier braut und eine Wirtschaft aufmacht, gibt es bei uns sicher schon seit zehn Jahren.“Konkret sei es dann im vergangenen Jahr geworden.
Dass sie nun so rasend schnell umgesetzt werden, dürfte unter anderem an Rupps Fachwissen und Kontakte in der Baubranche liegen. Bevor die Bauarbeiten schon in einem Monat starten, wird zunächst das alte Haus von Matthias Walk abgerissen. Er überlässt dem Verein das Grundstück für die nächsten fünfzig Jahre, teilte er mit. Anfang Juni soll es dann schon mit dem Bauen losgehen. Ein Betondrucker auf einem Lastwagen der Weißenhorner Rupp Gruppe wird dann Schritt für Schritt den Rohbau
aufgießen. Bislang sei nur von einem Vereinsheim nördlich des Ruhrgebiets die Rede, das die Firma Peri aus Weißenhorn mit aufgebaut haben soll. Hier in Süddeutschland dürfte der Remmeltshofer Brauchtumsverein Pionier sein, ist die These der Vorstände. Die Fertigstellung ist für Juni 2025 vorgesehen.
Wenn dann alles gelingt, wie geplant, dann kehrt nach über 150 Jahren ein neues Wirtshaus auf den Spuren einer sagenumwobenen Kneipe zurück. Sie soll noch im Jahr 1870 wenige Meter daneben auf demselben Grundstück gestanden haben. Den Erzählungen zufolge hätten nicht selten Männer beim Kartenspielen in der „Wirtschaft zur faulen Axt“, Wälder und Felder verspielt, sagt Grundstückbesitzer Walk. Anfang des 19. Jahrhunderts sei das Lokal abgerissen worden. Hatte man die Schnauze voll von den Glücksspielen? So ganz genau wissen das die Projektbeteiligten nicht. „Das müsste in der Ortschronik von Remmeltshofen vermerkt sein“, vermutet Walk. Womöglich wird künftig an einem Donnerstag- oder Freitagabend bei einem „Axtbräu“darüber gefachsimpelt. Ganz im Sinne der Brauchtumspflege.
Erst wird das alte abgerissen – Anfang Juni soll der Drucker dann loslegen.