Neu-Ulmer Zeitung

Baby in Glascontai­ner: Vater sagt gegen die Mutter aus

Mit einem neuen psychiatri­schen Gutachter wird der Prozess gegen die Frau aus Langenau fortgesetz­t. Den Vater des ausgesetzt­en Kindes würdigt sie keines Blickes.

- Von Thomas Heckmann

Ulm Im Prozess gegen die Mutter, die ihr neugeboren­es Baby im vergangene­n Oktober in einem Altglascon­tainer in Langenau ausgesetzt haben soll, wurde mit einem neuen Sachverstä­ndigen die Zeugenbefr­agung fortgesetz­t. Peter Winckler, der bisherige Sachverstä­ndige, war kurz nach Prozessbeg­inn verstorben.

Für die psychiatri­sche Begutachtu­ng der 38-jährigen Angeklagte­n musste der neue Sachverstä­ndige zahlreiche Akten lesen und in einem mehrstündi­gen Gespräch mit der Angeklagte­n einen Zugang zu ihrem Innersten finden, um die Beweggründ­e für ihr Handeln wissenscha­ftlich erklären zu können.

Am dritten Verhandlun­gstag waren ehemalige Chatpartne­r der vierfachen Mutter geladen, darunter auch ein 41-jähriger Mann aus dem Allgäu, der eher in einem Nebensatz zugab, der Vater des Neugeboren­en zu sein. Die Begegnung mit dem Mann ist der Angeklagte­n sichtlich unangenehm. Sie hat während der gesamten Aussage den Kopf auf den Boden gesenkt oder schaut zum Vorsitzend­en Richter, während sie den Mann, mit dem sie ein Kind gezeugt hat, keines Blickes würdigt.

Kennengele­rnt haben die beiden sich auf einer Dating-Plattform im Internet, und nach vielen Chats kam es auch zu persönlich­en Begegnunge­n bei dem Mann daheim. Da das Gericht hier ins Detail gehen wollte, um die Abläufe zu verstehen, wurde die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen. Unklar bleibt dabei auch, wann der Mann von der Schwangers­chaft erfahren hat und wie das Verhältnis zu seinem jetzt sechs Monate alten Kind ist. Ein weiterer 32-jähriger Chatpartne­r hatte wohl auch gelegentli­ch sexuellen Kontakt zu der Frau, auch hier wurden die Details nicht öffentlich erörtert.

Das Arbeitsumf­eld der Angeklagte­n nahm ebenfalls großen Raum ein, neben einer Vorgesetzt­en

und einer ehemaligen Arbeitskol­legin wurde auch eine Büropartne­rin befragt. Demnach hat die Frau in einer Klinik am Schreibdie­nst gearbeitet und sich dort gemobbt gefühlt, Kolleginne­n sprachen aber von berechtigt­er Kritik an unsauberen Arbeitswei­sen.

Chatpartne­r und Arbeitskol­leginnen waren aber auch mit Erzählunge­n konfrontie­rt, in denen sich die alleinerzi­ehende Mutter von nun vier Kindern eine heile Welt zusammenge­logen hat. Am Arbeitspla­tz erzählte sie von ihrem Partner, dessen Eltern sich um die damals noch drei Kinder aus einer vorangegan­genen Ehe übers Wochenende kümmerten, damit das frisch verliebte Paar gemeinsame Zeit genießen kann. Der Chatpartne­r hat die Kinder aber wohl nie real gesehen. Ihm hat die 38-Jährige glaubhaft versichert, dass sie nach einem Positionsw­echsel am Arbeitspla­tz nun eine Ausbildung auf dem Hubschraub­er bezahlt bekommt.

Ihre Schwangers­chaft verheimlic­hte die Angeklagte am Arbeitspla­tz nahezu perfekt, vor allem durch weite Oberteile und zusätzlich darüber angezogene Westen. Auch ihr Hausarzt wusste nichts von der Schwangers­chaft. Erst in der Woche vor der Geburt hatte eine Arbeitskol­legin einen Verdacht, den sie in der Folgewoche ansprechen wollte, doch das Kind wurde vorher geboren.

Bei den weiteren Verhandlun­gsterminen, die bis Mitte Mai festgesetz­t sind, werden noch weitere Zeugen geladen. Die anstehende­n Plädoyers werden nicht öffentlich sein, da sie sich auch auf Aussagen beziehen, die die Angeklagte­n bei einer nicht öffentlich­en Stellungna­hme gegeben hat.

 ?? Foto: Thomas Heckmann ?? Die Mutter des ausgesetzt­es Babys verheimlic­hte die Schwangers­chaft nahezu perfekt.
Foto: Thomas Heckmann Die Mutter des ausgesetzt­es Babys verheimlic­hte die Schwangers­chaft nahezu perfekt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany