Neu-Ulmer Zeitung

„Vermiete nie an Schmid“: AfD-Mann will „Patriotisc­hes Zentrum“in Neu-Ulm

Franz Schmid sucht vergebens nach einem Wahlkreisb­üro in Neu-Ulm. Im Netz wird gegen die geäußerten Pläne des AfD-Landtagsab­geordneten vorgegange­n.

- Von Michael Kroha

Neu-Ulm Seit Oktober sitzt Franz Schmid im Bayerische­n Landtag. Seither ist der AfD-Abgeordnet­e auf der Suche nach einem Wahlkreisb­üro in Neu-Ulm. Bislang ohne Erfolg. Im Internet werden nun Stimmen laut, die hoffen, dass das auch so bleibt. Sie stört, dass der gelernte Kinderpfle­ger aus Babenhause­n sich kein normales Bürgerbüro vorstelle, sondern ein „Patriotisc­hes Zentrum“errichten möchte. Als Vorbild diene ein Treff von Rechtsextr­emen in Österreich. Ein „neuer brauner Ort“in NeuUlm aber solle verhindert werden. Schmid nennt das Unterfange­n im Netz einen „Witz“.

„Vermiete Nie An Schmid“heißt die Internetse­ite und trägt das Leitmotiv „Gegen ein Braunes Haus in Neu-Ulm“. Wer hinter der Seite steckt, wird nicht ersichtlic­h. Ein Impressum gibt es nicht. Unter dem Reiter „Über uns“heißt es lediglich: „Wir sind eine Mischung aus jung und alt, aus allen Ecken der Gesellscha­ft. Manche arbeiten schon oder noch, manche studieren oder sind in ihrer Ausbildung.“Sie eine alle, dass sie die Demokratie und „unser schönes Schwabenlä­ndle“verteidige­n wollen. An einer „großen Demonstrat­ion in Ulm“hätten sie teilgenomm­en. Mehr aber ist nicht zu erfahren. Eine Anfrage unserer Redaktion an die aufgeführt­e E-Mail-Adresse blieb bislang unbeantwor­tet.

Das Ziel der Seite aber ist klar, es gibt auch eine entspreche­nde Petition. Verwiesen wird zudem auf eine Broschüre der Stadt München, wie mit Anmietunge­n durch unter anderem rechtsextr­eme Personen umgegangen werden kann. Anlass scheint ein Vortrag Schmids Ende vergangene­n Jahres in Kempten im Wahlkreisb­üro des AfD-Bundestags­abgeordnet­en Rainer Rothfuß zu sein. Ein Video davon ist im Netz zu finden. Schmid berichtet hier von seinem Tun im Landtag sowie seiner Arbeit bei der Jungen Alternativ­e, dem AfD-Nachwuchs:

Wie man als Partei an junge Menschen herankommt. Das passiere überwiegen­d über soziale Medien wie TikTok, Instagram und Co. Doch Schmid strebt auch „Patriotisc­he Zentren“an, die Anlaufpunk­t für Junge sein sollen. Günstige Getränke soll es dort geben. Ein „niederschw­elliges Angebot“. Denn viele bestehende Organisati­onen, wie Schützenve­reine, Feuerwehr und Blasmusik, seien von der CSU „unterwande­rt“. Dass eine „Intoxikati­on“stattfinde, sei doch klar, so Schmid.

Als Vorbild solcher Zentren nennt der Landtagsab­geordnete das „Castell Aurora“in Steyregg bei Linz in Österreich. Ein Haus, das laut Webseite „ein fixer Bestandtei­l der patriotisc­hen Szene in Oberösterr­eich“ist. Dort finden regelmäßig politische Veranstalt­ungen statt. Anfang April war zum Beispiel der Rechtsextr­emist Martin Sellner zu Gast, Stichwort „Remigratio­n“. Betrieben wird das „Castell Aurora“von einer Gruppierun­g aus Rostock, die „Schanze Eins“. Die wird geleitet von Führungsak­tivisten

der rechtsextr­emen Identitäre­n Bewegung (IB). „Wir werden der Migrations­krise, die intensiver beleuchtet eine Identitäts­krise Europas ist, nicht allein durch Demonstrat­ionen oder Protestnot­en Herr. Genau an diesem Punkt setzt ‘Schanze Eins’ an“, so ihre eigene Beschreibu­ng.

Schmid bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Bürosuche nach wie vor erfolglos verläuft. „Ich habe immer noch keins“, sagt er am Dienstag. Dutzende infrage kommende Gebäude habe er bereits besichtigt. In seiner ersten Zeit im Landtag sei er mehr beim Immobilien­anschauen denn als Abgeordnet­er tätig gewesen, so der gelernte Kinderpfle­ger. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig ist.“

Woran das liegt? „Weil die meisten Leute davor Angst haben, dass ihr Eigentum beschädigt wird – zum Beispiel durch Scheibenei­nwurf“, so Schmid. Dass er bei der AfD ist, sei gar nicht das Problem. Die potenziell­en Vermieteri­nnen und Vermieter stünden ihm zumindest „nicht negativ“gegenüber. Anfangs habe sich seine Suche auf Neu-Ulm beschränkt, inzwischen habe er auch in Weißenhorn und Illertisse­n Immobilien angeschaut. Doch auch da sei die Sache ähnlich.

Inwiefern die Aktion im Internet darauf Einfluss genommen haben könnte, sei ihm nicht bekannt. Gestartet wurde die Petition am 2. März 2024 und hat – Stand Dienstagvo­rmittag – gerade einmal 26 Unterzeich­ner. Schmid hält sie daher für einen „Witz“und rechnet ihr angesichts der Größe der Stadt Neu-Ulm auch nicht so viel Aufmerksam­keit zu. Wer hinter der Webseite steckt, wisse er nicht. „Alles ziemlich anstandslo­s“, sagt Schmid.

Und was hat es mit den „Patriotisc­hen Zentren“auf sich? Das Wahlkreisb­üro solle zunächst einmal Anlaufpunk­t für Bürger sein, die Interesse hätten, sich zu unterhalte­n. Es solle aber durchaus auch als „Patriotisc­hes Jugendzent­rum“dienen. Ähnlich wie eben das „Castell Aurora“. „So in der Art, mit Vorträgen“, sagt Schmid. Dass dieses von IB-Vertretern geführt wird, stört ihn nicht. Zwar gibt es in der AfD die „Unvereinba­rkeitslist­e“, die unter anderem besagt, dass die Mitglieder der Identitäre­n Bewegung nicht auch Mitglieder der AfD sein dürfen. Geht es aber nach Schmid, braucht es diese Liste nicht. Der 23-Jährige ist ein „entschiede­ner Gegner“davon. Und ein Mitgliedsv­erbot sei „kein Kontaktver­bot“, sagt er.

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Der AfD-Landtagsab­geordnete Franz Schmid ist weiter auf der Suche nach einem Wahlkreisb­üro, das auch als „Patriotisc­hes Zentrum“dienen könnte.

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