„Vermiete nie an Schmid“: AfD-Mann will „Patriotisches Zentrum“in Neu-Ulm
Franz Schmid sucht vergebens nach einem Wahlkreisbüro in Neu-Ulm. Im Netz wird gegen die geäußerten Pläne des AfD-Landtagsabgeordneten vorgegangen.
Neu-Ulm Seit Oktober sitzt Franz Schmid im Bayerischen Landtag. Seither ist der AfD-Abgeordnete auf der Suche nach einem Wahlkreisbüro in Neu-Ulm. Bislang ohne Erfolg. Im Internet werden nun Stimmen laut, die hoffen, dass das auch so bleibt. Sie stört, dass der gelernte Kinderpfleger aus Babenhausen sich kein normales Bürgerbüro vorstelle, sondern ein „Patriotisches Zentrum“errichten möchte. Als Vorbild diene ein Treff von Rechtsextremen in Österreich. Ein „neuer brauner Ort“in NeuUlm aber solle verhindert werden. Schmid nennt das Unterfangen im Netz einen „Witz“.
„Vermiete Nie An Schmid“heißt die Internetseite und trägt das Leitmotiv „Gegen ein Braunes Haus in Neu-Ulm“. Wer hinter der Seite steckt, wird nicht ersichtlich. Ein Impressum gibt es nicht. Unter dem Reiter „Über uns“heißt es lediglich: „Wir sind eine Mischung aus jung und alt, aus allen Ecken der Gesellschaft. Manche arbeiten schon oder noch, manche studieren oder sind in ihrer Ausbildung.“Sie eine alle, dass sie die Demokratie und „unser schönes Schwabenländle“verteidigen wollen. An einer „großen Demonstration in Ulm“hätten sie teilgenommen. Mehr aber ist nicht zu erfahren. Eine Anfrage unserer Redaktion an die aufgeführte E-Mail-Adresse blieb bislang unbeantwortet.
Das Ziel der Seite aber ist klar, es gibt auch eine entsprechende Petition. Verwiesen wird zudem auf eine Broschüre der Stadt München, wie mit Anmietungen durch unter anderem rechtsextreme Personen umgegangen werden kann. Anlass scheint ein Vortrag Schmids Ende vergangenen Jahres in Kempten im Wahlkreisbüro des AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Rothfuß zu sein. Ein Video davon ist im Netz zu finden. Schmid berichtet hier von seinem Tun im Landtag sowie seiner Arbeit bei der Jungen Alternative, dem AfD-Nachwuchs:
Wie man als Partei an junge Menschen herankommt. Das passiere überwiegend über soziale Medien wie TikTok, Instagram und Co. Doch Schmid strebt auch „Patriotische Zentren“an, die Anlaufpunkt für Junge sein sollen. Günstige Getränke soll es dort geben. Ein „niederschwelliges Angebot“. Denn viele bestehende Organisationen, wie Schützenvereine, Feuerwehr und Blasmusik, seien von der CSU „unterwandert“. Dass eine „Intoxikation“stattfinde, sei doch klar, so Schmid.
Als Vorbild solcher Zentren nennt der Landtagsabgeordnete das „Castell Aurora“in Steyregg bei Linz in Österreich. Ein Haus, das laut Webseite „ein fixer Bestandteil der patriotischen Szene in Oberösterreich“ist. Dort finden regelmäßig politische Veranstaltungen statt. Anfang April war zum Beispiel der Rechtsextremist Martin Sellner zu Gast, Stichwort „Remigration“. Betrieben wird das „Castell Aurora“von einer Gruppierung aus Rostock, die „Schanze Eins“. Die wird geleitet von Führungsaktivisten
der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB). „Wir werden der Migrationskrise, die intensiver beleuchtet eine Identitätskrise Europas ist, nicht allein durch Demonstrationen oder Protestnoten Herr. Genau an diesem Punkt setzt ‘Schanze Eins’ an“, so ihre eigene Beschreibung.
Schmid bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Bürosuche nach wie vor erfolglos verläuft. „Ich habe immer noch keins“, sagt er am Dienstag. Dutzende infrage kommende Gebäude habe er bereits besichtigt. In seiner ersten Zeit im Landtag sei er mehr beim Immobilienanschauen denn als Abgeordneter tätig gewesen, so der gelernte Kinderpfleger. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig ist.“
Woran das liegt? „Weil die meisten Leute davor Angst haben, dass ihr Eigentum beschädigt wird – zum Beispiel durch Scheibeneinwurf“, so Schmid. Dass er bei der AfD ist, sei gar nicht das Problem. Die potenziellen Vermieterinnen und Vermieter stünden ihm zumindest „nicht negativ“gegenüber. Anfangs habe sich seine Suche auf Neu-Ulm beschränkt, inzwischen habe er auch in Weißenhorn und Illertissen Immobilien angeschaut. Doch auch da sei die Sache ähnlich.
Inwiefern die Aktion im Internet darauf Einfluss genommen haben könnte, sei ihm nicht bekannt. Gestartet wurde die Petition am 2. März 2024 und hat – Stand Dienstagvormittag – gerade einmal 26 Unterzeichner. Schmid hält sie daher für einen „Witz“und rechnet ihr angesichts der Größe der Stadt Neu-Ulm auch nicht so viel Aufmerksamkeit zu. Wer hinter der Webseite steckt, wisse er nicht. „Alles ziemlich anstandslos“, sagt Schmid.
Und was hat es mit den „Patriotischen Zentren“auf sich? Das Wahlkreisbüro solle zunächst einmal Anlaufpunkt für Bürger sein, die Interesse hätten, sich zu unterhalten. Es solle aber durchaus auch als „Patriotisches Jugendzentrum“dienen. Ähnlich wie eben das „Castell Aurora“. „So in der Art, mit Vorträgen“, sagt Schmid. Dass dieses von IB-Vertretern geführt wird, stört ihn nicht. Zwar gibt es in der AfD die „Unvereinbarkeitsliste“, die unter anderem besagt, dass die Mitglieder der Identitären Bewegung nicht auch Mitglieder der AfD sein dürfen. Geht es aber nach Schmid, braucht es diese Liste nicht. Der 23-Jährige ist ein „entschiedener Gegner“davon. Und ein Mitgliedsverbot sei „kein Kontaktverbot“, sagt er.