Neu-Ulmer Kolpingsfamilie wird 100: Ein Jahrhundert der Bildung und Hilfe
Wie sich vor einem Jahrhundert aus dem „Katholischen Jungmänner- und Gesellenverein Neu-Ulm“die Kolpingsfamilie bildete.
Neu-Ulm Das Motto ist über ein Jahrhundert gleich geblieben: „Verantwortlich leben, solidarisch handeln”. Dokumente verraten ziemlich viel über jenen 16. Januar 1924, als sich in der Gaststätte „Bad Wolf“aus einem bestehenden Jungmännerverein heraus der „Katholische Jungmänner- und Gesellenverein Neu-Ulm“bildete. Aus diesem Verein heraus entwickelte sich die Neu-Ulmer Kolpingsfamilie. Am Sonntag, 28. April, wird das hundertjährige Jubiläum der Kolpingsfamilie in St. Johann Baptist gefeiert.
Bischof Bertram Meier wird zum Jubiläumsgottesdienst um zehn Uhr kommen, an den sich eine Feierstunde mit Bildern aus 100 Jahren der Existenz der Kolpingsfamilie anschließen wird. Welch ein reges gesellschaftliches Leben der Verein nämlich schon kurz nach seiner Gründung entwickelte, geht aus alten Chroniken hervor: Schon im April 1924 startete man mit einem Bildungskurs; Stenografie stand auf dem Programm. Bald bildete sich ein Männerchor unter der Leitung von Präses Karl Riedle, und im März 1928 veranstaltete man erstmals eine „Familienunterhaltung“im NeuUlmer Konzertsaal – und gab bereits Englischunterricht.
1933 gerieten die katholischen Vereine in Neu-Ulm wie überall während des Nationalsozialismus unter Druck, die Versammlungstätigkeit wurde untersagt. 1935 endete zwar die Aktivität des Vereins, nicht aber die innere Orientierung von Mitgliedern an den Gedanken Adolph Kolpings. Dieser war ein Pfarrer, der 1991 in Rom von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen wurde. Kolping, geboren 1813, hatte herumziehenden Handwerksgesellen – wie er selbst vor seinem Theologiestudium als Schuhmachergeselle einer gewesen war – die auf der Suche nach einer Stelle waren, in Familien und später in Kolpinghäusern preiswert Unterkünfte verschafft, indem er ein soziales Netzwerk schuf.
Im Frühjahr 1946 fragte der Diözesanverband Augsburg nach einem Wiederaufbau der Kolpingsfamilie in Neu-Ulm an. Interesse an einer solchen Wiederbelebung des katholischen Sozialverbandes bestand durchaus – aber die Energie dazu fand sich erst, als 1956 der Religionslehrer Josef Baur nach Neu-Ulm kam, der selbst KolpingMitglied war. Ihm gelang es, gemeinsam mit Eduard Ohm und Paul Hanglberger, die Gründungsmitglieder des Vereins von 1924 gewesen waren, den Verein wieder ins Leben zu bringen. Viele Vorträge, Diskussionsabende und Veranstaltungen dienten auch in den 60er-Jahren der allgemeinen, politischen und beruflichen Weiterbildung.
Bei den Neu-Ulmer Stadtratswahlen kandidierten beispielsweise 1966 sechs Kolping-Mitglieder, von denen dann Eduard Ohm und Eugen Weimar in den Stadtrat einzogen. Zusätzlich zur Bildung gab es aber auch gesellige Veranstaltungen – Tanzabende zum Beispiel und ein großer Kolpingball im Konzertsaal, Theateraufführungen und gemeinsame Ausflüge.
Vorsitzender der Neu-Ulmer Kolpingsfamilie ist heute Hansjörg Hipper, Präses der Neu-Ulmer Stadtpfarrer Karl Klein. Die zweite Vorsitzende Maria Haselbauer ist Tochter des Mitbegründers Eduard Ohm. In letzter Zeit, berichtet Maria Haselbauer, treten immer wieder ganze Familien in die Kolpingsfamilie ein, sodass das jüngste Mitglied aktuell zehn Jahre alt ist, das älteste Mitglied ist 92.
Die Mitglieder der Kolpingsfamilie tragen eine Nadel mit stilisiertem „K“. Die Kollekte des Jubiläumsgottesdienstes ist für den Bau von Zisternen in Afrika und Brasilien bestimmt. Der Zisternenbau ist ein Projekt von Kolping International.