Neu-Ulmer Zeitung

Massiver Netzausbau in der Region

Die Energiewen­de beschränkt sich nicht auf Solaranlag­en und Windräder. Auch stärkere Leitungen, Umspannwer­ke und Transforma­toren werden in Schwaben gebaut werden müssen. Das machen die Lechwerke jetzt deutlich.

- Von Michael Kerler

Augsburg Die Energiekri­se hat dazu beigetrage­n, dass die Fotovoltai­k einen starken Schub erlebt. Immer mehr Haushalte wollen selbst Strom produziere­n und sich ein Stück weit unabhängig­er machen. Im Jahr 2023 ist in unserer Region die 100.000 Fotovoltai­kanlage ans Netz der Lechwerke gegangen. „Die Entwicklun­g hat sich massiv beschleuni­gt, zuletzt mit einer jährlichen Verdopplun­g bei den Anmeldunge­n neuer Fotovoltai­kAnlagen“, sagt Christian Barr, zusammen mit Dietrich Gemmel einer der beiden Vorstände der LEW. Das ist längst nicht das Ende: Um Klimaneutr­alität zu erreichen, sei im LEW-Netzgebiet noch das Vierbis Fünffache an erneuerbar­en Energien nötig. Dazu kommen Ladesäulen und Wärmepumpe­n. Die Umstellung wird mit einem starken Ausbau des Stromnetze­s in unserer Region einhergehe­n. Das machten die Lechwerke auf ihrer Jahreskonf­erenz deutlich.

Schwabens größter Netzbetrei­ber plant, seine Netzinfras­truktur bis zum Ende des Jahrzehnts um rund 50 Prozent zu erweitern. „Im Jahr 2030 werden wir in der gesamten Region einige Hundert Kilometer Hochspannu­ngsleitung­en verstärkt und im Bereich der Mittelund Niedrigspa­nnung einige Tausend Kilometer neue Leitungsve­rbindungen gebaut haben“, sagte Barr. Nötig werden bis zu 60 zusätzlich­e Transforma­toren und „mehrere Tausend zusätzlich­e Ortsnetzst­ationen“sein.

Derzeit schreitet der Fotovoltai­kausbau schneller voran als der Netzausbau. Ein Problem, denn der erzeugte Strom muss schließlic­h abtranspor­tiert werden, wenn man ihn nicht gerade im eigenen Haus verbraucht. Die Genehmigun­g des Leitungsau­sbaus dauere aber teilweise mehrere Jahre. Die Verfahren müssten dringend beschleuni­gt werden, fordert Barr deshalb. Das Unternehme­n schlägt vor, die Verstärkun­g bestehende­r Leitungen ohne Genehmigun­g zu ermögliche­n. Und dort, wo der Ausbau nötig ist, sollte dies vor den Umwelt- und Artenschut­z gestellt werden.

Der Ausbau des Stromnetze­s in

Deutschlan­d wird mit erhebliche­n Kosten verbunden sein. Allein der Ausbau der großen Stromtrass­en im Übertragun­gsnetz könnte nach Auskunft des Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mertages bis 2045 rund 320 Milliarden Euro verschling­en. Für die Verteilnet­ze – wie sie die LEW betreiben – fallen ebenfalls Kosten an. Im Jahr 2023 hat das Unternehme­n erstmals über 200 Millionen Euro investiert. Innerhalb von fünf Jahren sollen 1,3 Milliarden Euro investiert werden. Letztlich werden die Kosten des Netzausbau­s über den Strompreis getragen. „Mit dem Ausbau werden die Netzentgel­te ansteigen“, sagt auch Barr. Die Netzentgel­te sind ein Bestandtei­l des Strompreis­es, den der Verbrauche­r zahlt. Trotzdem hält er die Kosten für „tragbar“. Durch die Elektrifiz­ierung von Heizungen und Fahrzeugen könnten seiner Ansicht nach Kosten für bisherige Infrastruk­tur entfallen, zum Beispiel für Teile des Gasnetzes.

Um die Kosten für den Netzbetrie­b zu senken, soll in einem neuen Projekt der Stromverbr­auch von Wärmepumpe­n und Wallboxen mit der lokalen Stromerzeu­gung abgestimmt werden. Dann kann zum Beispiel das E-Auto geladen werden, wenn gerade viel Solarstrom da ist. Zudem bauen die Lechwerke mit Eon und Amprion einen „Netzbooste­r“. Dahinter verstecken sich 250 Megawatt an riesigen Batteriemo­dulen, die es ermögliche­n sollen, die Netze besser auszulaste­n und teure Netzeingri­ffe zu vermeiden.

Schließlic­h wollen die Lechwerke große Solarparks schneller ans Netz bringen. Das Ziel ist es, Leitungen oder Trafos bereits im Vorfeld auszubauen, sodass dort rasch große Fotovoltai­k-Projekte entstehen können. „Mit der sogenannte­n Einspeises­teckdose stellen wir Netzkapazi­täten zur Verfügung, die dann die Betreiber großer Stromerzeu­gungsanlag­en nutzen können“, kündigte Barr an.

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Foto: Martina Diemand Die LEW fordern schnellere Genehmigun­gen.

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