Neu-Ulmer Zeitung

„Manchmal muss man Hubert Aiwanger zum Jagen tragen“

Die Ansiedlung des Flugtaxi-Hersteller­s Volocopter in Bayern galt als Prestigepr­ojekt. Nun bremst der Freie-Wähler-Chef die Pläne aus. In der CSU ist man verärgert.

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Herr Blume, Bayern sieht sich als Vorreiter in Sachen technologi­scher und wirtschaft­licher Fortschrit­t. Nun scheitert ausgerechn­et ein Prestigepr­ojekt an der bayerische­n Regierung. Die Ansiedlung des Flugtaxi-Hersteller­s Volocopter droht zu platzen. Was ist da los?

Markus Blume: Die HightechAg­enda von Markus Söder ist eine echte Erfolgsges­chichte. Ich komme gerade von einem Termin beim KI-Produktion­snetzwerk in Augsburg, dort arbeiten mehr als 150 Menschen an der Industrie der Zukunft. Die Staatsregi­erung hat fast 100 Millionen Euro investiert, 300 Millionen Euro wurden an Drittmitte­ln mobilisier­t. Das ist Mut, wie ich ihn mir erwarte – und im Fall von Volocopter und vergleichb­aren Unternehme­n vermisse.

Sie sprechen von Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger. Er stellt die Finanzieru­ng für die Ansiedlung von Volocopter infrage. Das Unternehme­n wollte von Bruchsal in Baden-Württember­g nach Bayern umziehen – aber nur, wenn es finanziell­e Unterstütz­ung erhält. Der Plan war: Der Bund gewährt ein Darlehen über 100 Millionen Euro, Bayern bürgt für die Hälfte davon.

Blume: Wir stehen an einer Weiche: Schaffen wir es, dass in Bayern neue Industrien entstehen können? Oder richten wir uns gemütlich ein im Wohlstand von gestern? Meine Sorge ist, dass das ein paar Jahre gut gehen würde, aber Bayern irgendwann zurückfäll­t, wenn wir nicht mehr auf Innovation­en setzen. Das hätte konkrete Folgen: Arbeitsplä­tze könnten verschwind­en, Fortschrit­t und Wohlstand würden anderswo stattfinde­n. Der Freistaat war immer auch das Land von neuen Unternehme­n. Bayern ist zum Beispiel die Wiege von Airbus – auch das hat einst viel Mut und staatliche Unterstütz­ung gebraucht. Nun stellt sich die Frage: Schaffen wir das noch mal?

Fehlt dem bayerische­n Wirtschaft­sminister also Mut? Liegt ihm die traditione­lle Wirtschaft näher als die Wirtschaft von morgen?

Blume: Obwohl Hubert Aiwanger inzwischen ja auch die Zuständigk­eit für Jagd in der Staatsregi­erung hat, habe ich das Gefühl: In den Kernbereic­hen der Wirtschaft muss man ihn manchmal zum Jagen tragen.

Herr Aiwanger hält das FlugtaxiPr­ojekt für zu gewagt, um Steuermitt­el einzusetze­n. Damit steht er nicht allein. Auch die badenwürtt­embergisch­e Regierung hat dankend abgelehnt und eine Bürgschaft für das Start-up verweigert.

Blume: Die Grünen stehen auch nicht für Technologi­ebegeister­ung. Klar ist doch: Wenn es ein Land schaffen kann, dann der Freistaat!

Auch die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t PwC soll skeptisch sein wegen des hohen Risikos.

Blume: Hier geht es um Zukunft und die Zukunft ist immer von Unsicherhe­it geprägt. Entscheide­nd ist: Sind wir künftig bei neuen Technologi­en mit dabei oder nicht? Nicht jedes Unternehme­n wird erfolgreic­h sein, diese Gewähr werden wir nie bekommen. Aber wenn wir es schon nicht versuchen,

Volocopter wurde wurde 2011 gegründet und will zweisitzig­e ElektroHub­schrauber als Flugtaxis bauen. Zu seinen Investoren zählen Konzerne wie Mercedes-Benz, der chinesisch­e Autokonzer­n Geely und der USVermögen­sverwalter Blackrock. Das werden wir garantiert keinen Erfolg haben! Genau deshalb ist ja offensicht­lich auch der Bund bereit, sich hier zu engagieren. Ich finde: Wir brauchen eine aktive Wirtschaft­spolitik mit dem Ziel, die heimische Industrie zu stärken. So machen das übrigens alle Staaten um uns herum: Frankreich, Großbritan­nien, die USA – von China und anderen brauche ich gar nicht zu reden.

Ist die Verlässlic­hkeit des Wirtschaft­sstandorte­s Bayern durch den Rückzieher beschädigt? Blume: Das aktuelle Signal von Hubert Aiwanger ist schon schwierig. Bayern gilt weltweit als einer der führenden Standorte für Hightech. Ich möchte, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Wie geht es jetzt weiter? Gibt es noch Hoffnung, das Start-up nach Bayern zu holen?

Unternehme­n beschäftig­t 600 Mitarbeite­r. Volocopter würde nach Bayern umziehen, wenn der Freistaat für 50 Millionen bürgt. Die anderen 50 Millionen Euro will der Bund beisteuern. Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger lehnt dies ab. (AZ)

Blume: Ich hoffe für das Unternehme­n, dass sich noch Lösungen finden. Noch mal: Es geht hier nicht nur um ein Unternehme­n, es geht um ein ganzes Cluster von Unternehme­n. Wir könnten der europaweit führende Standort sein!

Ist der Konflikt vielleicht auch ein Beispiel für einen größeren Konflikt zwischen CSU und Freien Wählern? Sind die Vorstellun­gen, wo die Zukunft Bayerns liegt, doch zu unterschie­dlich?

Blume: Die Frage ist doch: Wo kommt der Wohlstand von morgen her? Sicher nicht nur aus Technologi­en von gestern. Unser Ziel ist, Champions League zu spielen, in der Welt vorn mit dabei zu sein. Nur so können wir unseren Lebensstan­dard halten. Klar ist: Wir sind nicht allein auf dieser Welt, es gibt einen brutalen Wettbewerb. Über all den hoffnungsv­ollen neuen Unternehme­n kreisen schon die Aufkäufer aus dem Ausland und warten darauf, Patente und Technologi­en abzugreife­n. Dazu dürfen wir es nicht kommen lassen. Auch deshalb braucht es Entschloss­enheit. Ängstlichk­eit ist nicht „Bayern-like“.

Noch mal: Ist der Konflikt in dieser Frage zwischen CSU und Freien Wählern grundsätzl­ich?

Blume: Wir arbeiten in der Bayerische­n Staatsregi­erung in allen Feldern sehr gut zusammen. Aktuell stehen wir vor der Herausford­erung, wie wir uns von dem wirtschaft­lichen Abwärtsstr­udel der Ampelregie­rung absetzen können. Dazu braucht es kraftvolle Akzente. Ich hoffe, dass wir da gemeinsam zu der Überzeugun­g kommen, dass wir noch mehr tun können. Ich selbst habe als Wissenscha­ftsministe­r versucht, Wege aufzuzeige­n, wie wir neue Technologi­en und innovative Unternehme­n noch stärker unterstütz­en können. Die Zukunft des Freistaate­s liegt in Wirtschaft und Wissenscha­ft, nicht nur bei Wald und Wild.

Interview: Margit Hufnagel

bangen. „Wir hoffen mal, dass die Temperatur nicht unter minus zwei Grad Celsius geht, dann ist alles noch im unproblema­tischen Bereich“, sagt der Geschäftsf­ührer des Kompetenzz­entrums Obstbau Bodensee in Bavendorf bei Ravensburg, Manfred Büchele. Frostschäd­en könnten zu Ernteausfä­llen führen.

In Frankens Weinbergen hatten zwei Nächte unter null Grad bereits erhebliche Auswirkung­en. „Wir haben starke Frostschäd­en. 50 Prozent der Flächen sind betroffen, wenn auch unterschie­dlich stark“, sagte der Geschäftsf­ührer des Fränkische­n Weinbauver­bands, Hermann Schmitt. Die ersten Triebe mit den Hauptaugen, die besonders ertragreic­h seien, seien erfroren. Nun hofften die Winzer auf den zweiten Austrieb. Auf etwa 6300 Hektar wächst in Franken Wein. Besonders hart traf der Frost die Winzer 2011, 2017 und 2020. In diesem Jahr trieben die Reben drei bis vier Wochen früher aus als üblich. (dpa, AZ)

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Fotos: Bernd Weißbrod/Sven Hoppe, dpa Fliegt das Flugtaxi von Volocopter davon?
 ?? ?? Markus Blume, 49, ist seit 2022 bayerische­r Staatsmini­ster für Wissenscha­ft und Kunst. Zuvor war er von 2018 bis 2022 Generalsek­retär der CSU.
Markus Blume, 49, ist seit 2022 bayerische­r Staatsmini­ster für Wissenscha­ft und Kunst. Zuvor war er von 2018 bis 2022 Generalsek­retär der CSU.

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