Theateranbau: Kosten verdoppeln sich
Die Kinnladen gingen runter, als im Ulmer Bauausschuss die Kosten für den Erweiterungsbau des Ulmer Theaters genannt wurden. 21,5 Millionen Euro mehr als geplant. Das Donaustadion wurde da zum Elefant im Raum.
Ulm Statt der ursprünglich kalkulierten und von Ulmer Stadträten und Stadträtinnen genehmigten 35 Millionen Euro soll das der „Neubau eines Kinder- und Jugendtheaters sowie zusätzlicher Proberäume und Werkstätten für das Theater Ulm“jetzt 56,5 Millionen Euro kosten. Das führte im Ulmer Bauausschuss zu einer teilweise hitzigen Diskussion.
Die bittere Pille überreichte Milica Jeremic, Hauptabteilungsleiterin des Gebäudemanagements, den Mitgliedern des Bauausschusses. Die Gründe dafür liegen nicht nur in durch den russischen Angriffskrieg mitverursachten Preissteigerungen auf dem Bau, sondern auch in einer fehlerhaften Planung zu Beginn. So wurden etwa viel zu wenig technische Funktionsflächen berücksichtigt, die viel teurer sind, als „normale Nutzfläche“. Baubürgermeister Tim von Winning begründete die Fehler in frühen Planungen, die zu niedrigeren angenommen Kosten führten, mit mangelnder Erfahrung,
der beim ersten Baubeschluss im Frühjahr 2019 zugrunde lag.
Wie der Baubürgermeister sagte, sei durch die Kostenexplosion „eine andere Situation“entstanden. Von Winning äußerte „große Zweifel“, ob der Stadt vor diesem Hintergrund eine Realisierung gelingen kann. Das würden nämlich nur mit neuen Krediten gehen. Allerdings habe Ulm auch keine „echte Alternative“, denn die Defizite am Ulmer Theater und dem derzeit am Scholl-Gymnasium angesiedelten Kinder- und Jugendtheater seien groß. Hier im Alten Theater müsse die Feuerwehr jetzt schon „ein Auge zudrücken“für die Genehmigung, so Jeremic. Und am Ulmer Theater könnten schon jetzt arbeitsrechtliche Vorgaben nicht eingehalten werden. Das heißt: Ulm muss Geld in das Theater investieren. Aber so viel?
Die Freien Wähler, CDU und Teile der Fraktion der FDP finden nein. Auch wenn der Baubürgermeister das Wort Donaustadion oder die Buchstaben SSV nicht in den Mund nahm und nur anderen großen Projekten und Herausforderung
sprach, war klar, dass letztlich das Projekt auch in Konkurrenz zur Sanierung des Ulmer Donaustadions steht. Hierfür braucht die Stadt mindestens zehn Millionen Euro, um den Profifußballern des SSV Ulm Heimspiele beim Aufstieg in die Zweite Bundesliga zu ermöglichen. Doch von Winning betonte, der Theaterbau sei „überwiegend Pflicht, nicht Kür“– war dann aber doch dafür, beim Baubeschluss die Möglichkeit einzubauen, das Projekt doch noch zu stoppen.
Nur Winfried Walter, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, zeigte auf den Elefanten im Raum. Denn weder die Verwaltung noch die meisten Stadträte wollten einen durchaus konstruierbaren Konflikt Fußball versus Kultur laut aussprechen. „46 steigt auf“, sagte er über die Ulmer Noch-Dritte-Liga-Kicker „SSV Ulm 1846 Fußball“. Das dafür benötigte Geld sowie „marode Schulen“mache es ihm unmöglich, für den Bau zu stimmen. Der im Juni neu gewählte Gemeinderat solle sich darüber Gedanken machen, der derzeitige sei von anderen Voraussetzungen
ausgegangen. Die Gegner des 56,5 Millionen-EuroBaus konnte auch nicht die Aussage von Jeremic überzeugen, dass pro Quadratmeter gerechnet die Summe pro Quadratmeter nicht viel höher sei als bei einer durchschnittlichen Kindertagesstätte: Bei 5622 Quadratmetern wären das etwa 10.000 Euro pro Quadratmeter.
Letztlich setzten sich aber die Befürworter der Grünen sowie SPD plus der Stimme von Ralf Milde (FDP) mit sieben gegen fünf Stimmen durch. „Es ist keine Kür“, sagte Lena Schwelling (Grüne), die als OB-Kandidatin gegen Amtsinhaber Martin Ansbacher unterlag. Schließlich gehe es auch um Themen wie Brand- und Arbeitsschutz. Nur mit Mut würden zudem bleibende Gebäude geschaffen, nur deswegen habe Ulm heute auch das Ulmer Münster.
SPD-Mann Martin Rivoir kritisierte zwar, dass die Planung“kein tolles Beispiel“abgebe. Doch Ulm als Stadt mit den höchsten Steuereinnahmen im Land dürfte diese „Vision“nicht loslassen. Eine Vision, die Stadtrat Karl Faßnacht (FWG) einen „granatenmäßg großen Bau“nannte, der zu 100 Prozent zu teuer geraten sei und deswegen nicht kommen dürfe.
Der tatsächliche Baubeschluss wurde am Dienstagabend nicht gefällt. Aber auf Antrag von Rivoir wurde der Passus gestrichen, dass im Herbst der neu gewählte Gemeinderat noch mal darüber diskutieren soll. „Das ist unser Projekt.“So bleibt es weiterhin möglich, dass der von Architekt Max Dudler entworfene Bau mit den hochgereihten Satteldächern womöglich im kommenden Jahr beginnen kann. Eine mögliche Fertigstellung der „Zauberburg“, so lautete der Arbeitstitel, der über den ersten Bauskizzen stand, könnte 2027 sein. Doch einer erneuten Diskussion wird trotz des Einsatzes von Rivoir vor einem endgültigen Beschluss kaum vermeiden lassen.
Der tatsächliche Baubeschluss wurde nicht gefällt.