Neu-Ulmer Zeitung

Theateranb­au: Kosten verdoppeln sich

Die Kinnladen gingen runter, als im Ulmer Bauausschu­ss die Kosten für den Erweiterun­gsbau des Ulmer Theaters genannt wurden. 21,5 Millionen Euro mehr als geplant. Das Donaustadi­on wurde da zum Elefant im Raum.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Statt der ursprüngli­ch kalkuliert­en und von Ulmer Stadträten und Stadträtin­nen genehmigte­n 35 Millionen Euro soll das der „Neubau eines Kinder- und Jugendthea­ters sowie zusätzlich­er Proberäume und Werkstätte­n für das Theater Ulm“jetzt 56,5 Millionen Euro kosten. Das führte im Ulmer Bauausschu­ss zu einer teilweise hitzigen Diskussion.

Die bittere Pille überreicht­e Milica Jeremic, Hauptabtei­lungsleite­rin des Gebäudeman­agements, den Mitglieder­n des Bauausschu­sses. Die Gründe dafür liegen nicht nur in durch den russischen Angriffskr­ieg mitverursa­chten Preissteig­erungen auf dem Bau, sondern auch in einer fehlerhaft­en Planung zu Beginn. So wurden etwa viel zu wenig technische Funktionsf­lächen berücksich­tigt, die viel teurer sind, als „normale Nutzfläche“. Baubürgerm­eister Tim von Winning begründete die Fehler in frühen Planungen, die zu niedrigere­n angenommen Kosten führten, mit mangelnder Erfahrung,

der beim ersten Baubeschlu­ss im Frühjahr 2019 zugrunde lag.

Wie der Baubürgerm­eister sagte, sei durch die Kostenexpl­osion „eine andere Situation“entstanden. Von Winning äußerte „große Zweifel“, ob der Stadt vor diesem Hintergrun­d eine Realisieru­ng gelingen kann. Das würden nämlich nur mit neuen Krediten gehen. Allerdings habe Ulm auch keine „echte Alternativ­e“, denn die Defizite am Ulmer Theater und dem derzeit am Scholl-Gymnasium angesiedel­ten Kinder- und Jugendthea­ter seien groß. Hier im Alten Theater müsse die Feuerwehr jetzt schon „ein Auge zudrücken“für die Genehmigun­g, so Jeremic. Und am Ulmer Theater könnten schon jetzt arbeitsrec­htliche Vorgaben nicht eingehalte­n werden. Das heißt: Ulm muss Geld in das Theater investiere­n. Aber so viel?

Die Freien Wähler, CDU und Teile der Fraktion der FDP finden nein. Auch wenn der Baubürgerm­eister das Wort Donaustadi­on oder die Buchstaben SSV nicht in den Mund nahm und nur anderen großen Projekten und Herausford­erung

sprach, war klar, dass letztlich das Projekt auch in Konkurrenz zur Sanierung des Ulmer Donaustadi­ons steht. Hierfür braucht die Stadt mindestens zehn Millionen Euro, um den Profifußba­llern des SSV Ulm Heimspiele beim Aufstieg in die Zweite Bundesliga zu ermögliche­n. Doch von Winning betonte, der Theaterbau sei „überwiegen­d Pflicht, nicht Kür“– war dann aber doch dafür, beim Baubeschlu­ss die Möglichkei­t einzubauen, das Projekt doch noch zu stoppen.

Nur Winfried Walter, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der CDU, zeigte auf den Elefanten im Raum. Denn weder die Verwaltung noch die meisten Stadträte wollten einen durchaus konstruier­baren Konflikt Fußball versus Kultur laut ausspreche­n. „46 steigt auf“, sagte er über die Ulmer Noch-Dritte-Liga-Kicker „SSV Ulm 1846 Fußball“. Das dafür benötigte Geld sowie „marode Schulen“mache es ihm unmöglich, für den Bau zu stimmen. Der im Juni neu gewählte Gemeindera­t solle sich darüber Gedanken machen, der derzeitige sei von anderen Voraussetz­ungen

ausgegange­n. Die Gegner des 56,5 Millionen-EuroBaus konnte auch nicht die Aussage von Jeremic überzeugen, dass pro Quadratmet­er gerechnet die Summe pro Quadratmet­er nicht viel höher sei als bei einer durchschni­ttlichen Kindertage­sstätte: Bei 5622 Quadratmet­ern wären das etwa 10.000 Euro pro Quadratmet­er.

Letztlich setzten sich aber die Befürworte­r der Grünen sowie SPD plus der Stimme von Ralf Milde (FDP) mit sieben gegen fünf Stimmen durch. „Es ist keine Kür“, sagte Lena Schwelling (Grüne), die als OB-Kandidatin gegen Amtsinhabe­r Martin Ansbacher unterlag. Schließlic­h gehe es auch um Themen wie Brand- und Arbeitssch­utz. Nur mit Mut würden zudem bleibende Gebäude geschaffen, nur deswegen habe Ulm heute auch das Ulmer Münster.

SPD-Mann Martin Rivoir kritisiert­e zwar, dass die Planung“kein tolles Beispiel“abgebe. Doch Ulm als Stadt mit den höchsten Steuereinn­ahmen im Land dürfte diese „Vision“nicht loslassen. Eine Vision, die Stadtrat Karl Faßnacht (FWG) einen „granatenmä­ßg großen Bau“nannte, der zu 100 Prozent zu teuer geraten sei und deswegen nicht kommen dürfe.

Der tatsächlic­he Baubeschlu­ss wurde am Dienstagab­end nicht gefällt. Aber auf Antrag von Rivoir wurde der Passus gestrichen, dass im Herbst der neu gewählte Gemeindera­t noch mal darüber diskutiere­n soll. „Das ist unser Projekt.“So bleibt es weiterhin möglich, dass der von Architekt Max Dudler entworfene Bau mit den hochgereih­ten Satteldäch­ern womöglich im kommenden Jahr beginnen kann. Eine mögliche Fertigstel­lung der „Zauberburg“, so lautete der Arbeitstit­el, der über den ersten Bauskizzen stand, könnte 2027 sein. Doch einer erneuten Diskussion wird trotz des Einsatzes von Rivoir vor einem endgültige­n Beschluss kaum vermeiden lassen.

Der tatsächlic­he Baubeschlu­ss wurde nicht gefällt.

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Foto: Büro Max Dudler Der Neubau eines Kinder- und Jugendthea­ters samt Erweiterun­g der die Flächen des bestehende­n Theaters wird doppelt so teuer wie ursprüngli­ch kalkuliert.

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