Neu-Ulmer Zeitung

Deutschlan­d bekommt einen Veteranent­ag

Pläne für einen Gedenktag gibt es schon seit Jahren. Doch am 15. Juni 2025 ist es erstmals so weit. Es geht um Wertschätz­ung für Soldaten und Soldatinne­n, die an Auslandsei­nsätzen beteiligt waren. Aber nicht nur.

- Von Simon Kaminski

Berlin Deutschlan­d bekommt einen Nationalen Veteranent­ag – 75 Jahre nach Gründung der Bundesrepu­blik. Über viele Jahrzehnte galt das Wort „Veteran“als belastet durch den Militarism­us des Dritten Reichs. Erst nach dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanista­n mit Toten und Verletzten begann sich diese Sichtweise zu verändern.

Die Abstimmung am Donnerstag im Bundestag über einen solchen Tag am 15. Juni jedes Jahres verlief, wie erwartet. Der gemeinsame Antrag der drei Regierungs­parteien SPD, Grüne und FDP sowie der Unionsfrak­tion erhielt die erwartete breite Zustimmung: Lediglich die Abgeordnet­en der Linken enthielten sich. „Es geht um die Anerkennun­g derjenigen, die in letzter Konsequenz bereit sind, das Äußerste für andere zu geben, und die ihr Leib und Leben für unser Land einsetzen“, sagte Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD). Die jetzt erfolgreic­he Initiative hatten CDU/CSU Ende 2023 gestartet. Die Idee für einen Veteranent­ag ist bedeutend älter: Im Jahr 2012 löste der damalige Verteidigu­ngsministe­r Thomas de Maizière (CDU) mit seinem Vorstoß eine Debatte aus, die allerdings bald ohne greifbares Ergebnis abebbte.

Dass genau dies nun nicht passiert ist, freut Marcel Bohnert, der als stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bundeswehr­verbandes für Veteranen zuständig ist: „Wir hoffen, diesem Tag einen Volksfestc­harakter zu geben – auch, um Veteranen und Gesellscha­ft näher zusammenzu­bringen. Was wir nicht wollen, ist ein zweiter Volkstraue­rtag“, sagte der Oberstleut­nant unserer Redaktion. Als Vorbild nennt Bohnert die Niederland­e, die ihren Veteranent­ag

ebenfalls im Juni mit ausgelasse­nen Feiern zelebriert. Aus dieser Sicht dürfte folgende Regelung von Vorteil sein: Fällt der 15. Juni auf einen Wochentag, soll der deutsche Veteranent­ag an dem darauffolg­enden oder vorhergehe­nden Wochenende begangen werden.

Gerade Soldaten, die bei Auslandsei­nsätzen verletzt oder traumatisi­ert wurden und denen es mitunter schwerfäll­t, ihren Platz in der zivilen Gesellscha­ft zu finden, erhoffen sich durch diesen Tag mehr Sichtbarke­it und Anerkennun­g. „Genau diese Gruppe, die einen gewissen Leidensdru­ck empfindet, hat dieses Thema vorangetri­eben“, sagte Bohnert. Der Bundeswehr­verband fordert schon seit Jahren eine bessere Nachsorge und mehr Therapiemö­glichkeite­n sowie weniger Bürokratie bei der Antragstel­lung.

Die Wehrbeauft­ragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), hatte am Tag vor der Abstimmung erklärt, dass es darauf ankomme, Stolz, Dankbarkei­t und Wertschätz­ung für die Bundeswehr zum Ausdruck zu bringen. Aber auch das Gedenken an Gefallene und Verwundete gehöre dazu.

Umstritten war die Definition dafür, wer sich „Veteran“nennen darf. Zunächst hieß es, dass jeder, der sechs Monate bei der Bundeswehr gedient hat, diese Bezeichnun­g

tragen könne. Doch auch diese nicht allzu hohe Hürde wurde vor dem Votum des Bundestage­s abgeräumt. Bohnert: „Wir haben erfahren, dass sich jeder, der auch nur einen Tag bei den Streitkräf­ten war, zu dieser Gruppe zählen kann.“

Diese Öffnung wurde von vielen früheren Soldaten und Soldatinne­n kritisiert. „Das kann ich gut verstehen. Ich sehe es aber pragmatisc­h, weil ich glaube, dass letztlich in erster Linie die Soldaten mit Auslandser­fahrungen den Veteranent­ag mit Leben erfüllen werden.“

Nicht einbezogen sind Angehörige der Nationalen Volksarmee der DDR oder der Wehrmacht bis 1945. Eva Högl begründete diese Einschränk­ung damit, dass es sich bei Volksarmee und Wehrmacht, anders als bei der Bundeswehr, nicht um demokratis­ch legitimier­te Streitkräf­te gehandelt habe.

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Foto: Maurizio Gambarini, dpa Der Einsatz in Afghanista­n hat den Blick auf den Begriff „Veteranen“verändert.

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