Neu-Ulmer Zeitung

Deutsche Regelung verstößt nicht gegen EU-Recht

- Von Birgit Holzer

Paris Emmanuel Macron ist bekannt für seine euphorisch­en Reden zu europäisch­en Themen. Doch an diesem Donnerstag­vormittag hatte er eine beunruhige­nde Botschaft in die Sorbonne-Universitä­t mitgebrach­t: „Wir müssen uns heute darüber im Klaren sein, dass unser Europa sterblich ist, es kann sterben“, warnte der französisc­he Präsident mit schwerer Stimme. „Es kann sterben und das hängt einzig und allein von unseren Entscheidu­ngen ab.“

In gleich dreierlei Hinsicht bestehe eine tödliche Gefahr für den Kontinent: Bedroht sei nicht nur die eigene Sicherheit angesichts des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine, sondern auch das europäisch­e Wirtschaft­smodell, das durch Großmächte wie die USA und China unter Druck gerate, und nicht zuletzt stünden die europäisch­en Werte und kulturelle Identität in einem Kreuzfeuer. Im nächsten Jahrzehnt sei das Risiko groß, dass Europa „geschwächt oder sogar deklassier­t werde“, sagte der Präsident. „Wir stehen an einem Wendepunkt.“Deshalb sei es von großer Bedeutung, mutige strategisc­he Entscheidu­ngen zu treffen und die eigene Souveränit­ät auszubauen.

Macrons Rede folgt knapp sieben Jahre auf seine erste EuropaRede an der Universitä­t. Im September 2017 hatte der damals frisch ins Amt gewählte Präsident eine ambitionie­rte Vision für ein souveränes Europa entworfen, die für viel Aufsehen gesorgt hatte. Richtete er sich im September 2017, wenige Monate nach seiner ersten Wahl zum Präsidente­n und zwei Tage nach der deutschen Bundestags­wahl, noch stark an die europäisch­en Partner und vor allem an Berlin, so handelte es sich nun vor allem um einen Wahlkampfa­uftritt. Auch wenn sein Umfeld dies zurückwies und er selbst nur indirekt auf seinen größten innenpolit­ischen Gegner, den rechtsextr­emen Rassemblem­ent National (RN), einging.

Macrons Partei Renaissanc­e droht laut Umfragen bei der Europawahl Anfang Juni vom sozialisti­schen Kandidaten Raphaël Glucksmann überholt zu werden, liegt aktuell bei rund 17 Prozent und damit zehn bis 15 Prozentpun­kte hinter dem RN. Dessen Spitzenkan­didat Jordan Bardella betont unermüdlic­h, es handle sich durchaus um ein nationales Votum und ruft zur Abstrafung der Regierung auf. In derselben Logik stieg der Präsident nun persönlich in die Kampagne ein – mit einem Feuerwerk an Lösungsans­ätzen.

Nicht alles sei in den vergangene­n Jahren gelungen, räumte der 46-Jährige ein. Als Erfolge nannte er eine „strategisc­he Einheit“der 27 EU-Staaten bei Themen, die bis dahin im nationalen Bereich lagen wie der Gesundheit. Aber das reiche nicht, es sei ein Paradigmen­wechsel nötig. Konkret forderte Macron eine europäisch­e Verteidigu­ngsstrateg­ie mit einer gemeinsame­n Rüstungsin­dustrie und einer über Fonds der EU finanziert­en beschleuni­gten Aufrüstung, um

Grenzen mehr kennt, sagen, wo die unseren liegen?“

Deutliche Kritik am Auftritt des französisc­hen Präsidente­n übte Manfred Weber, Chef der Europäisch­en Volksparte­i. „Nicht nur Reden halten, sondern handeln“, sagte er bei einer Veranstalt­ung unserer Redaktion in Richtung Macron. Es brauche klare politische Führung. „Die größte Sorge, die ich habe, ist, dass die heutige Politiker-Generation nicht die historisch­e Größe hat, die Aufgaben unserer Zeit zu beantworte­n“, sagte Weber. Sowohl Macron, als auch der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz seien mehr mit sich selbst beschäftig­t als mit der Zukunft Europas. (mit huf)

Wer freiwillig die Staatsbürg­erschaft eines Nicht-EU-Landes annimmt, kann damit nach einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) unter Umständen seinen deutschen Pass verlieren. Eine entspreche­nde deutsche Regelung verstoße nicht gegen EU-Recht, entschiede­n die Richter in Luxemburg am Donnerstag. Allerdings müsse besonders berücksich­tigt werden, dass damit auch die EUBürgersc­haft verloren gehe. Die Auswirkung­en des Urteils dürften begrenzt sein. Denn die Reform des Staatsange­hörigkeits­rechts will genau diese Frage neu regeln. Bislang war ein doppelter Pass nur in bestimmten Fällen möglich. Künftig können aber Menschen, die Deutsche werden, ihre bisherige Staatsbürg­erschaft behalten. Deutsche, die Bürger eines weiteren Staats werden möchten, benötigen dafür außerdem keine spezielle Genehmigun­g der deutschen Behörden mehr. (dpa)

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Foto: dpa Wer sich für eine andere Staatsbürg­erschaft entscheide­t, kann die deutsche verlieren.

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