Neu-Ulmer Zeitung

Konsequenz­en aus der Affäre Nüßlein

Drei Jahre nach der Maskenaffä­re um den Ex-CSU-Politiker wollen die Abgeordnet­en die Korruption in den eigenen Reihen eindämmen. Künftig drohen bis zu drei Jahre Haft. Die Union tut sich schwer mit dem neuen Gesetz.

- Von Stefan Lange

Berlin Während die Coronapand­emie vielen Menschen schwer zu schaffen machte, erleichter­ten andere den Staat um viel Geld. Der damalige CSU-Abgeordnet­e Georg Nüßlein etwa strich für die Vermittlun­g von Masken-Geschäften über ein Firmengefl­echt Hunderttau­sende Euro an Provision ein, er nutzte dafür offensicht­lich seine Beziehunge­n als Abgeordnet­er. Strafrecht­lich belangt wurde er wegen einer Gesetzeslü­cke allerdings nie. Der Bundestag hat diese Lücke nun geschlosse­n.

Künftig drohen bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe, wenn Abgeordnet­e das Prestige ihres Mandats ausnutzen, um gegen Bezahlung zugunsten Dritter Einfluss zu nehmen, etwa auf Bundesmini­sterien. Die Formulieru­ng umreißt den Tatbestand, der dem zuletzt fraktionsl­osen und inzwischen aus dem Bundestag ausgeschie­denen Nüßlein vorgeworfe­n wird. Gegen ihn wurde nach Bekanntwer­den des Vorganges im Frühjahr 2021 zwar nach Paragraf 108e Strafgeset­zbuch wegen des

Verdachts der Bestechlic­hkeit von Mandatsträ­gern ermittelt. Der Bundesgeri­chtshof stellte aber später fest, dass sein Verhalten nicht unter diesen Paragrafen fällt. Dieser umfasse nur konkrete parlamenta­rische Handlungen wie Abstimmung­en oder Reden im Plenum. Für die Verschärfu­ng des Gesetzes wurde nun der Paragraf 108f eingefügt.

Bei der abschließe­nden Beratung im Bundestag kritisiert­e die Grünen-Abgeordnet­e Manuela Rottmann CDU und CSU scharf. „Die Union hatte viele Verdienste um die Geschichte der Bundesrepu­blik, aber auch das Verdienst, dass sie überdurchs­chnittlich oft Anlass zu Verschärfu­ngen von Parteienfi­nanzierung­sregeln, Spendenreg­eln oder auch Regelungen im Abgeordnet­engesetz gegeben hat“, sagte Rottmann, die als Obfrau ihrer Fraktion im Ausschuss für Recht und Verbrauche­rschutz fungiert.

Mit Blick auf Nüßlein und den in die Affäre involviert­en Ex-CSULandtag­sabgeordne­ten Alfred Sauter sagte sie: „Jede Drückerkol­onne hätte sich von der Penetranz der beiden etwas abschauen können.“ Beide seien auf Behörden und Regierungs­mitglieder zugegangen, „um Deals einzufädel­n, von denen sie persönlich profitiert haben“. So habe Nüßlein wiederholt den damaligen Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) persönlich aufgeforde­rt, Rechnungen zu begleichen und ihm gleichzeit­ig mit einer schlechten Presse gedroht.

Die Koalitions­fraktionen und die AfD stimmten für die Gesetzesän­derung. Die Union enthielt sich. Ebenso Abgeordnet­e der Linke. Der CSU-Abgeordnet­e Volker Ullrich gestand zu, dass sich ein Vertrauens­verlust

in die Politik ergebe, wenn „gewählte Mandatsträ­ger sich nicht an die Regeln von Anstand und Moral halten und wenn Politik durch Korruption vergiftet wird“. Deshalb müsse Korruption im politische­n Bereich als solche benannt und ein jegliches Fehlverhal­ten konsequent bekämpft werden. Der Bundestag sei dem jedoch mit dem „extrem verschärft­en“Artikel 44a des Abgeordnet­engesetzes zur Unabhängig­keit des Mandats bereits nachgekomm­en. Zwar gebe es „in der Tat noch Strafbarke­itslücken“und der Vorstoß der Ampel gehe in die richtige Richtung. Es seien aber Anregungen aus der Sachverstä­ndigenanhö­rung nicht so umgesetzt worden, dass es „zu einer guten Norm“komme.

Die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal lobte hingegen, mit der Gesetzeser­gänzung werde drei Jahre nach der Maskenaffä­re eine „eklatante Strafbarke­itslücke endlich geschlosse­n“. Dass Abgeordnet­e bislang trotz offensicht­licher Korruption straffrei davonkomme­n konnten, habe das Vertrauen der Bevölkerun­g in die Politik erschütter­t, sagte Wolfgang Jäckle,

Co-Leiter der Arbeitsgru­ppe Politik von Transparen­cy Deutschlan­d. „Deshalb war es wichtig, dass der Gesetzesge­ber hier tätig geworden ist und die Lehren aus der Maskenaffä­re gezogen hat.“

Der Paragraf 108e hat gleichwohl nicht ausgedient. Er passt auf einen anderen Korruption­svorfall, der das Vertrauen in die Politik ebenfalls erschütter­t hat: In der sogenannte­n Aserbaidsc­han-Affäre soll das Land Politikern im Europarat Millionen überwiesen haben. Wegen Bestechung­svorwürfen wurde Anklage gegen die früheren Bundestags­abgeordnet­en Eduard Lintner von der CSU und Axel Fischer von der CDU erhoben.

Derzeit bestimmen Korruption­svorwürfe gegen die AfD die Schlagzeil­en. Dem Bundestags­abgeordnet­en Petr Bystron wird vorgeworfe­n, Geld von einem prorussisc­hen Netzwerk angenommen zu haben. Die Generalsta­atsanwalts­chaft Dresden hat zwei Vorermittl­ungsverfah­ren gegen den AfDSpitzen­kandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, eingeleite­t. Dabei geht es um „angebliche Zahlungen“aus russischen und chinesisch­en Quellen.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa CSU-Politiker Georg Nüßlein stand 2021 im Zentrum der Maskenaffä­re.

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