Neu-Ulmer Zeitung

Brauer liefern mehr Bier nach Russland

Die Branche kämpft mit Absatzprob­lemen und steigenden Kosten. Auf einen heiklen Auslandsma­rkt wollen einige Unternehme­n darum nicht verzichten.

- Von Matthias Zimmermann

Berlin/München Die Deutschen trinken immer weniger Bier. In den vergangene­n zehn Jahren ist der Absatz der deutschen Brauereien um über elf Prozent zurückgega­ngen. Das vergangene Jahr war für die Brauereien im Freistaat eines der „schlechtes­ten Jahre ihrer jüngeren Geschichte“, so formuliert­e es der Bayerische Brauerbund bereits bei seiner Jahrespres­sekonferen­z im Februar. Nach den jüngsten Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s kam mit 23,4 Millionen Hektoliter­n erneut das meiste deutsche Bier aus Bayern. Dennoch ging der Absatz um 2,5 Prozent zurück.

Deutschlan­dweit ist der Absatz 2023 gegenüber dem Vorjahr sogar um 4,5 Prozent auf 84 Millionen Hektoliter gesunken. Die Gründe dafür sind überall die gleichen: anhaltend hohe Kosten, Konsumzurü­ckhaltung bei den Verbrauche­rn und starker Preisdruck aus dem Handel. Kein Wunder, dass viele Brauereien darum versuchen, ihre Ware verstärkt auch im Ausland abzusetzen.

Traditione­ll stark im Export sind die bayerische­n Brauer. Rund ein Viertel des im Freistaat produziert­en Biers ging ins Ausland. Der mit Abstand größte Auslandsma­rkt für deutsches Bier ist Italien. 3,4 Millionen Hektoliter Bier verkauften deutsche Brauereien im Jahr 2023 dort, fast ein Viertel des gesamten Exports. Doch bereits auf Platz zwei folgt Russland (1,6 Millionen Hektoliter), kurz vor China (1,2 Millionen Hektoliter).

Russland war bis zum Einmarsch von Wladimir Putins Armee in der Ukraine ein großer Wachstumsm­arkt für deutsche Brauereien. Im Jahr 2021 verkauften sie dort fast zwei Millionen Hektoliter Bier. Nach dem Ausbruch des Krieges brach der Absatz 2022 um fast 500.000 Hektoliter ein. Doch mittlerwei­le hat er sich wieder erholt, nach den jüngsten Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s

auf über 1,6 Millionen Hektoliter.

Der Export von Bier ist nicht von den zahlreiche­n Sanktionen betroffen, mit denen die EU seit dem russischen Angriffskr­ieg den Handel mit Moskau erschwert hat. Bis zu einem Wert von bis zu 300 Euro je Stück darf Bier in Flaschen oder Fässern weiterhin völlig legal nach Russland exportiert werden, das bestätigt der Verband der Ausfuhrbra­uereien (VAB) in Hamburg auf Anfrage. Es bleibt also eine moralische Frage, ob ein UnterPreis nehmen weiterhin im russischen Markt Geld verdienen will.

Eine ganze Reihe von Brauereien haben diese Frage mit Nein beantworte­t. Die einstmals größte Brauerei in Russland gehörte dem dänischen Konzern Carlsberg. Nachdem dieser kurz nach der russischen Aggression seinen Rückzug aus dem Land verkündet hatte, wurde das komplette Geschäft vom russischen Staat enteignet. Der niederländ­ische Brau-Riese Heineken hat sein Geschäft in Russland zu einem symbolisch­en

an einen russischen Wettbewerb­er veräußert. Auch viele deutsche Brauereien haben sich aus dem Markt zurückgezo­gen.

Doch in die Lücke, die sich in der Folge auftat, sind offenbar nicht zuletzt andere deutsche Brauer gestoßen. Aber auch Brauereien aus anderen Ländern machten gute Geschäfte in Russland. Nach einem Bericht der Lebensmitt­el-Zeitung, die sich auf Zahlen der russischen Zollbehörd­e beruft, ist Deutschlan­d weiterhin größtes Bier-Lieferland. Vor allem drei

Brauereien profitiert­en demnach vom Rückzug der internatio­nalen Konkurrenz: TCB Beverages, die Privatbrau­erei Eichbaum und die Brauerei Oettinger aus der Region. Nach den Angaben lieferte das Unternehme­n zuletzt mindestens 500.000 Hektoliter nach Russland.

Auskunft über das Russlandge­schäft will das Unternehme­n auf Anfrage nicht geben. Schriftlic­h erklärt Oettinger: „Grundsätzl­ich können wir zu unserem Exportgesc­häft sagen, dass wir unsere Produkte auf dem globalen Biermarkt vertreiben. Dabei halten wir uns natürlich an alle gesetzlich­en Vorschrift­en und Sanktionsl­isten.“Eigene Braustätte­n unterhalte man nur in Deutschlan­d.

Die Zahlen der russischen Zollbehörd­e, auf die sich das Blatt beruft, sind sogar noch höher als die offizielle­n Exportzahl­en der deutschen Statistike­r. Der Unterschie­d erklärt sich durch Importe über Drittstaat­en, wenn also etwa ein Laster mit deutschem Bier erst in ein anderes Land fährt und die Ware von dort weitervers­chickt wird.

Wie viel Bier aus den einzelnen Bundesländ­ern wohin exportiert wird, ist nicht trennschar­f zu ermitteln. Gerade absatzstar­ke Großbrauer­eien mit mehreren Standorten können ihre Ware innerhalb von Deutschlan­d verlagern. Zudem wird Bier oft auch unter Handelsmar­ken abgefüllt, deren Herkunft nicht so einfach nachzuverf­olgen ist. Versteuert und damit statistisc­h erfasst wird bayerische­s Bier dann mitunter in einem anderen Bundesland.

Dennoch lässt eine Mitteilung des Statistisc­hen Landesamte­s Baden-Württember­g aufhorchen: Russland war demnach im Jahr 2023 das Hauptabneh­merland für Bier aus dem Ländle (340.000 Hektoliter), verdrängte Italien (210.000 Hektoliter) auf Rang zwei. Der Bayerische Brauerbund in München erklärt aber auf Anfrage, für die heimischen Brauer sei weiterhin Italien der wichtigste Auslandsma­rkt.

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umso wichtiger ist für viele Brauereien der Export.
Foto: Christian Charisius, dpa Der Absatz in Deutschlan­d geht zurück, umso wichtiger ist für viele Brauereien der Export.

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