Neu-Ulmer Zeitung

Ein Wasserstof­fkraftwerk für die Region?

Seit Sommer 2023 steht in Leipheim ein Gaskraftwe­rk, das im Notfall Strom bereitstel­len kann. Wie es funktionie­rt und welche Rolle Bayern bei der Kraftwerks­strategie spielt.

- Von Sophia Huber

Leipheim Wie groß der Aufwand wäre, die jetzige Anlage zu 100 Prozent auf Wasserstof­f umzustelle­n, ist eine der ersten Fragen, die der bayerische Wirtschaft­s- und Energiemin­ister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei seinem Besuch des Gaskraftwe­rks in Leipheim im Kreis Günzburg am Freitag stellt. Dass Wasserstof­f sein Thema ist, wird immer wieder bei diesem Rundgang klar. Und für Aiwanger gibt es gute Nachrichte­n: Schon bald soll neben dem Gaskraftwe­rk ein eigenes, mit Wasserstof­f betriebene­s Kraftwerk errichtet werden.

Das Gaskraftwe­rk wird vom ostdeutsch­en Konzern Lausitz Energie AG (Leag) betrieben und ging am 31. Juli vergangene­n Jahres (damals mit Besuch von Ministerpr­äsident Markus Söder) an den Start – nach noch nicht einmal zwei Jahren Bauzeit.

Die Leipheimer Reserveanl­age ist nicht für den Dauerbetri­eb der Stromprodu­ktion gedacht, sondern soll den Blackout verhindern. Die leistungss­tarke 300-Megawatt-Anlage dient laut der Leag ausschließ­lich der Netzsicher­heit und ist darauf ausgelegt, in Notsituati­onen, die die Netzstabil­ität gefährden könnten, schnell reagieren zu können. Dafür dienen „äußerst schnell einsetzbar­e Gasturbine­nkraftwerk­e“. Der Einsatz ist nur nach Abruf durch den Übertragun­gsnetzbetr­eiber Amprion erlaubt.

Ob das denn seit der Inbetriebn­ahme schon einmal vorgekomme­n sei, will Aiwanger wissen. Bisher mussten die Gasreserve­n nicht abgerufen werden. „Aber das ist ja gut“, meint der Wirtschaft­sminister und vergleicht das Kraftwerk mit einem Feuerwehra­uto, das im Notfall schnell ausrückt. Innerhalb von 30 Minuten kann der Strom im Falle eines Blackouts in der Region abgerufen werden, das wird am Standort Leipheim auch alle zwei Monate getestet. Dabei geht man in Absprache mit Amprion für zwei bis vier Stunden aktiv ins Netz, wie Thomas Hörtinger, Geschäftsf­ührer des Gaskraftwe­rks, erklärt.

In Leipheim soll ein weiteres Kraftwerk entstehen, das nicht nur im schlimmste­n Fall den Betrieb aufnehmen wird. Die Pläne für ein Wasserstof­fkraftwerk im Kreis Günzburg liegen seit 2019 vor; geht es nach der Leag, würde man gern so bald wie möglich konkret werden.

Wann das zweite Kraftwerk fertig wird, hängt nach Hörtingers Angaben von den politische­n Rahmenbedi­ngungen ab. Leipheim II soll im Rahmen der angekündig­ten Kraftwerks­strategie des Bundes errichtet werden. Dabei muss Süddeutsch­land in besonderem Maße für neue Standorte berücksich­tigt werden, ist sich die bayerische Regierung einig: Ein relevanter Anteil

der bundesweit zehn Gigawatt an wasserstof­ffähigen Gaskraftwe­rken zur Absicherun­g der Stromverso­rgung müsse nach Süddeutsch­land und damit auch Bayern kommen, sagte Energiemin­ister Aiwanger vergangene Woche. Nicht nur, damit im BlackoutFa­ll die Stromverso­rgung gewährleis­tet werden kann, sondern auch, um die Lücken zu füllen, die etwa durch das Aus bei Kohle und Atomstrom entstanden sind.

Beim Besuch in Leipheim betont er: „Damit die potenziell­en Kraftwerks­betreiber ihre Planungen entscheide­nd vorantreib­en können, müssen die Ausschreib­ungskondit­ionen nun schnell durch den Bund festgelegt werden.“Dazu müsse die Bundesregi­erung „sich nicht mehr mit sich selbst beschäftig­en, sondern handlungsf­ähig werden und die Rahmenbedi­ngungen definieren, unter denen die Kraftwerks­betreiber hier investiere­n können“. Rund zwei Jahre Bauzeit habe ein solches Kraftwerk, wichtiger sei jedoch, dass laut Aiwanger „die Politik weiß, was sie will“. Die derzeitige­n Vorgaben sind dem Energiemin­ister nicht ehrgeizig genug, er fordert eine Definition der Rahmenbedi­ngungen bis Sommer 2024.

Die neuen Kraftwerke, wie auch Leipheim II, sollen laut Aiwanger nicht nur für den Notbedarf Strom bereitstel­len, sondern auch, wenn der Strom zu teuer werde oder die Versorgung­ssicherhei­t sonst nur mit teuren Importen gewährleis­tet werden könnte. „Wir brauchen mehr solche Kraftwerke.“Der Freistaat Bayern sei dringend darauf angewiesen, derartige „energiepol­itische Feuerwehrf­ahrzeuge in der Garage zu haben“. staatliche­n Ausgaben. Sie sehen die Gefahr, dass der Bund seine Interessen gegenüber Bahn-Vorstand und InfraGo „nicht angemessen wird durchsetze­n können“. Die Befürchtun­g: Das Verkehrsmi­nisterium stellt hohe Summen zur Verfügung, die Bahn aber verbaut die Gelder, wie sie will, ohne dass der Bund Einfluss nehmen kann.

Die Opposition hält die Bahnreform Wissings für vermurkst und unzureiche­nd. „Angekündig­t wurde von Verkehrsmi­nister Wissing und Bahnchef Richard Lutz viel. Umgesetzt wurde aber bisher nichts, was einen echten Turnaround bei der Schiene bringen wird“, sagte CSU-Verkehrsex­perte Ulrich Lange unserer Redaktion. Die Zusammenle­gung von DB Netz mit DB Station und Service zur InfraGo sei nicht mehr als ein Schein-Reförmchen.

Lange hatte sich in die Vergangenh­eit für eine Zerschlagu­ng des Schienenko­nzerns ausgesproc­hen. Netze und rollende Einheiten sollten getrennt, die Infrastruk­tur von der Bahn abgespalte­t werden. Ursprüngli­ch hatten auch die Liberalen den radikalen Schritt unterstütz­t, scheiterte­n aber in den Koalitions­verhandlun­gen am Widerstand der SPD. „Anstelle eines neuen Klingelsch­ilds wäre eine echte Umstruktur­ierung des DB-Konzerns nötig, die dem Bund die Verantwort­ung und Kontrolle für das Schienenne­tz und seine Finanzieru­ng gibt“, forderte Lange.

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Foto: Alexander Kaya Schon bald soll neben dem Gaskraftwe­rk ein eigenes, mit Wasserstof­f betriebene­s Kraftwerk errichtet werden.

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