Neu-Ulmer Zeitung

So reicht das Geld im Alter

Wer in Rente geht, muss sich erst mal neu orientiere­n – auch, was die eigenen Finanzen angeht. Ein Experte gibt Tipps, wie die Ruhestands­planung gelingt.

- Von Anna Mohl

München Beim Übergang in den Ruhestand ändert sich vieles. Einerseits ist da auf einmal viel Zeit übrig – für Hobbys, Reisen, Familie oder Freunde. Anderersei­ts ist die Zeit des Verdienens vorbei. Nun müssen Rente, Erspartes und der Besitz reichen – bis ans Lebensende, bestenfall­s. Wie kann das gut gelingen? Wir erklären an einem Beispiel, wie man die Finanzen im Alter solide aufstellen kann, und geben Tipps, worauf man achten sollte.

Unsere Beispielpe­rson, Michael Huber, ist 67 Jahre alt und geschieden. In seinem Beruf hat er 5000 Euro brutto verdient. Aus seiner Ehe ist ein Sohn hervorgega­ngen, der selbst schon auf eigenen Beinen steht. Huber hat überrasche­nd ein Haus geerbt und hat zusätzlich 800.000 Euro in verschiede­nen Anlageklas­sen angespart, die er eigentlich in ein eigenes Haus stecken wollte. Jetzt steht er vor der Rente. Was sollte Huber also am besten tun?

„Das Erste, was er machen sollte, ist eine Gegenübers­tellung der Ausgaben, die ihn demnächst erwarten“, sagt Merten Larisch, Referent Altersvors­orge, Geldanlage und Immobilien­finanzieru­ng von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Denn diese werden sich ab Rentenbegi­nn ändern. Larisch nennt Beispiele: Wegfallen könnten die Beiträge seiner Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung oder die bisherigen Mobilitäts­kosten für die Arbeit wie Sprit oder Bahnticket­s. Auch Kreditrate­n könnten als Ausgaben wegfallen. Denn: „Kredite sollten bis zur Rente abgezahlt sein“, rät der Experte.

Es kommen aber unter Umständen auch Kosten dazu: Huber könnte etwa mehr Geld für Reisen und für Hobbys aufwenden. Für die gesetzlich­e Rente und eventuell auch die Betriebsre­nte, die Huber bekommt, fallen außerdem Sozialvers­icherungsb­eiträge und Einkommens­steuer an. Zusätzlich hat der 67-Jährige ja nun das Häuschen geerbt. Bei dem sollte er auch an Werterhalt­ungs- und Reparaturk­osten denken.

Larisch empfiehlt: Huber soll einen Bauingenie­ur engagieren, der einen langfristi­gen Werterhalt­ungsplan für die Immobilie aufstellt – oder selbst eine Hochrechnu­ng aufstellen: Je nach Hauszustan­d 25 bis 50 Euro pro Quadratmet­er und Jahr, das man im Gebäude noch wohnen will. Dann weiß Huber nämlich, wie viel Geld insgesamt dafür gebraucht wird.

In seinem Fall sind das 150.000 Euro, die Huber direkt beiseitele­gen möchte.

So kommt Herr Huber automatisc­h auf seine endgültige Ausgabenhö­he, die ihn erwarten wird. Die stellt er seinen automatisc­hen Einnahmen gegenüber – der gesetzlich­en Rente, der Betriebsre­nte. „Vermutlich wird Herr Huber eine Lücke feststelle­n“, sagt Larisch. Denn brutto wird er etwa 3500 Euro brauchen, die gesetzlich­e und die Betriebsre­nte machen aber nur vielleicht 2500 Euro aus. Das ist aber kein Problem für Huber. Er hat noch Erspartes.

Zusätzlich zu den 150.000 Euro für das Häuschen will Huber 50.000 Euro für Großanscha­ffungen wie ein neues Auto beiseitele­gen, das darf bei Huber nämlich gern etwas schneller und größer sein. Diese 200.000 Euro kann er in Festgeld anlegen – Geld also, das er für einen festen, recht guten Zins für mehrere Jahre anlegt, das er aber dafür vor Ablauf der festgelegt­en Zeit nicht zurückford­ern kann. Vorher macht er jedoch einen Festgeldzi­nsvergleic­h – „unbedingt“, betont Larisch.

Huber entscheide­t sich für den Festgeldzi­ns von drei Prozent auf fünf Jahre, weil ihm das gut erscheint. Nun legt er auf fünf Tranchen verteilt Festgeld an: auf ein Jahr, auf zwei Jahre, bis fünf Jahre. Jedes Jahr bekommt er etwas heraus. Zusätzlich hat er aber auch auf seinem Tagesgeldk­onto noch Geld als normale Rücklage. Für die bekommt Huber weniger Zins, kann aber dafür flexibel darauf zugreifen. Jetzt sind noch 600.000 Euro übrig. Larisch empfiehlt, sich erst mal bewusst zu machen, wie lange das Geld reichen soll. Will Huber etwa bis zu seinem 95 Lebensjahr aussorgen, muss er schauen, wie viel ihm jeden Monat in diesen 28 Jahren bleibt – 1786 Euro kommen dann heraus, was dem Budget entspricht, das Huber sich jeden Monat entnehmen darf. Doch liegenlass­en sollte er das restliche Geld nicht. Schließlic­h schwindet die Kaufkraft mit hoher Inflation.

Die verbleiben­den 600.000 Euro sollten laut Larisch in zwei Teile aufgeteilt werden: in einen Renditeant­eil und in einen Sicherheit­santeil. Bevor es an den Renditetei­l geht, der in den Aktienmark­t investiert wird, sollte sich Huber allerdings fragen: Wie risikofreu­dig ist er? Kann er ruhig bleiben, wenn sein Aktienante­il am Markt auf einmal um 50 Prozent an Wert verliert, oder wird er dann panisch seine Anteile verkaufen? „Das ist die schlechtes­te Entscheidu­ng, die es gibt“, sagt Larisch.

Für einen eher unruhigen Charakter wäre es also vielleicht gut, weniger Geld in Aktien zu stecken und eher auf Festgeld zu setzen – auch, wenn die Zinsen langfristi­g nicht die Inflation übertreffe­n können. Der Renditeant­eil sollte von Huber dann in einem ETF auf einen weltweiten Aktieninde­x angelegt werden. Nach starken Verschiebu­ngen des Verhältnis­ses zwischen Aktienmark­t- und Sicherheit­santeil ist das sogenannte Rebalancie­ren wichtig, also das Umschichte­n der beiden Teile auf

Welche Ausgaben erwarten einen in der Rente?

Wie stellt man sich für die nächsten Jahre gut auf?

das Ausgangsve­rhältnis. Dieses dient als Orientieru­ng und verhindert unvorsicht­ige Entscheidu­ngen am Aktienmark­t. Von gemanagten Fonds rät der Verbrauche­rschutz ab, da diese höhere Verwaltung­skosten haben und langfristi­g niedrigere Renditen erbringen werden, als die Märkte selbst erwirtscha­ften.

Im Sicherheit­santeil wird verzinst angelegt. Ein Teil davon, im Beispiel 107.000 Euro, wird für die regelmäßig­e Auszahlung benötigt. Den könnte Huber in einen Bankauszah­lplan mit fünf Jahren Laufzeit stecken, bei dem er monatlich die gewünschte­n 1786 Euro ausgezahlt bekommt. Die Zinsen, bei guten Angeboten bis zu drei Prozent, bekommt er zusätzlich als Inflations­absicherun­g ausgezahlt – schließlic­h werden ja auch die 1786 Euro laufend weniger wert. Wenn nach fünf Jahren der erste Bankauszah­lplan ende, werde der nächste aufgesetzt.

Den anderen Teil vom Sicherheit­santeil sollte Huber nach Einschätzu­ng von Larisch wiederum in Festgeld anlegen, zum Beispiel auf zehn Jahre – um das Zinsniveau zu sichern und das Geld vor dem Schwankung­srisiko des Aktienmark­tes zu bewahren.

Damit ist Huber schon mal gut aufgestell­t. Generell rät Larisch: Eine Beratung ist wichtig – beizeiten. Und: „Beratung heißt Beratung – und nicht Verkaufsge­spräch.“Der Verbrauche­rschutz bietet eine unabhängig­e Beratung an. Das koste zwar Geld, dafür sei die Beratung dafür aber wirklich unabhängig.

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Foto: stock.adobe.com Geht es in den Ruhestand, ändert sich auch die finanziell­e Situation. Über die sollte sich daher zunächst ein Überblick verschafft werden.

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