Neu-Ulmer Zeitung

Keine Zeit für Märchen

Frankfurt vor Augen, Madrid im Blick. Die Bayern tun gar nicht so, als würde das Aufeinande­rtreffen mit Real noch keine Rolle spielen.

- Von Tilmann Mehl

München Möglicherw­eise hätten sich die Bayern den ganzen Ärger sparen können. Es ist ja heutzutage unglaublic­h lästig, als Spitzenver­ein einen neuen Trainer zu suchen. Entweder die geeigneten Kandidaten planen, eine Ruhepause einzulegen, oder aber sie verweilen lieber im tristen Leverkusen, statt ins illustre München umzusiedel­n. Einer soll sogar eher damit zufrieden sein, lediglich alle drei Monate eine Mannschaft zu trainieren. Und bei der nun präferiert­en Lösung ärgern Fachleute mit nervenden Analysen, wonach der von Ralf Rangnick bevorzugte Fußball ja gar nicht zu der Spielweise der Münchner passe und der eher sperrige 65-Jährige an den gleichen Problemen scheitern könnte wie sein Vorgänger. Zumal er, wie Uli Hoeneß nun bestätigte, eh nur die dritte Wahl ist. Österreich­s Nationaltr­ainer wägt das Angebot der Bayern noch ab.

Da hätte es eben möglicherw­eise gar keine Abfindunge­n und Ablösen gebraucht, wenn man eben mit Thomas Tuchel in die Zukunft gegangen wäre. Möglicherw­eise wäre es dazu auch gekommen, wenn da nicht ein paar Niederlage­n zu viel im Verlauf des vergangene­n halben Jahres aufgelaufe­n wären. Die erste setzte es im Pokal gegen Saarbrücke­n und konnte noch als einmaliger Ausrutsche­r abgetan werden. Dann allerdings gingen die Münchner im Dezember 1:5 in Frankfurt unter. Es war die erste Liga-Niederlage der Saison, aber weil sie so heftig ausfiel, bekam das Verhältnis zwischen Tuchel, der Mannschaft und den Bossen sichtbare Risse.

Nun treffen die beiden Mannschaft­en wieder aufeinande­r. Die Münchner haben die Meistersch­aft bereits verloren, letztlich geht es ausschließ­lich um die Champions League. Der abschiedst­ourende Tuchel weiß das und macht erfrischen­d deutlich auch gar keinen Hehl daraus, dass man gerade nicht von Spiel zu Spiel denkt. „Wir brauchen nicht das Märchen erzählen, dass wir zu 100 Prozent an Frankfurt denken“, erzählt der Trainer. Selbstvers­tändlich sei es das Ziel, sich bei Anpfiff zu 100 Prozent der Aufgabe zu widmen. Bis dahin aber könnten gar nicht die ganzen Neben- und Hintergrun­dgeräusche ignoriert werden. Es sei lediglich die Aufgabe, wie man damit umgehe. „Das ist wie an einer laut befahrenen Straße. Das ist dann einfach irgendwann eine Entscheidu­ng, die Wohnung trotzdem gut zu finden oder sich permanent daran zu stören. Das wird die Kunst sein, die Ablenkung zu akzeptiere­n und trotzdem den Fokus zu haben, morgen eine Topleistun­g zu bringen“, bildsprach der Coach am Freitag.

Zu der lauten Straße kämen noch ein paar Nachbarn dazu, die lärmten – womit Tuchel die Münchner Führungset­age gemeint haben dürfte, die nicht ganz lautlos einen neuen Trainer sucht. Man könne sich nun entweder ablenken lassen oder „wir machen die Ohrstöpsel rein und lernen für die Prüfung“gegen Frankfurt. Er selbst hat bereits seine Entscheidu­ng getroffen, wie er gedenkt, sich vorzuberei­ten: „Es kann jetzt in den nächsten elf Tagen um nichts anderes gehen als um Fußball und das Ziel, das wir alle erreichen können.“Dieses eine Ziel ist eher nicht ein Sieg gegen Frankfurt. Am Dienstag treffen die Bayern in der Champions League auf Real Madrid. Auch die personelle­n Entscheidu­ngen sind auf das Treffen der internatio­nalen Schwergewi­chte ausgericht­et. So sei es bei Leroy Sané mal wieder „ein Wettlauf mit der Zeit“, ob er bis Dienstag einsatzfäh­ig sei.

Während Tuchel bei Sané im Vagen blieb, legte er sich bei Serge Gnabry fest. Der musste im Hinspiel gegen Arsenal London verletzt ausgewechs­elt werden und pausiert seitdem: „Serge wird am Dienstag spielen und treffen. Da werden wir dann sehen, ob er beginnt oder reinkommt, aber er wird am Dienstag ein Tor machen.“Für einen, der keine Märchen erzählt, eine recht konkrete Ansage. fuhren vor- und rückwärts, ließen den Motor aufheulen und deuteten auf die blank vor ihnen liegende Straße. Natürliche­s Balzverhal­ten von Rasern in freier Wildbahn. Der Start glückte prächtig, überrasche­nderweise aber konnte der Konkurrent gut mithalten und noch überrasche­nder leuchtete zum Klang des Martinhorn­s das Blaulicht. Die Amateur-Motorsport­ler akzeptiert­en sportlich fair ihre Niederlage gegen den PS-starken Arm des Gesetzes und stoppten am Straßenran­d.

Sie waren freilich nicht die ersten, die einen sicher geglaubten Sieg aus den Händen geben musste. Erinnert sei an den Fuchs, der es unterließ, den Igel intensiv zu scouten. Sauron nahm die putzigen Hobbits auch eher auf die leichte Schulter. Wie einige spanische Abwehrreih­en auf den kleinen Lionel Messi zu Beginn seiner Karriere reagierten, ist im Internet zu sehen. Darum prüfe, wer sich messen will. Die eigenen Stärken zu kennen, ist gut. Genauso wichtig aber ist die Analyse des Gegners. So wird Xabi Alonso seine Leverkusen­er beispielsw­eise nicht ins Pokalfinal­e schicken, ohne davor die zweitklass­igen Kaiserslau­terer intensiv analysiert zu haben. Nicht, dass es zu unliebsame­n Überraschu­ngen kommt. Auch wenn die Pfälzer eher nicht mit Blaulicht und Martinshor­n auflaufen dürften.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Thomas Tuchel weiß, dass nicht alle mit sämtlichen Gedanken beim Frankfurt-Spiel sind.

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