Neu-Ulmer Zeitung

Optimismus allenthalb­en

Leichtathl­etik und Schwimmen waren zuletzt eher keine deutschen Erfolgsspo­rtarten. Vor den Olympische­n Spielen in Paris deutet sich nun aber eine Trendumkeh­r an.

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Berlin Leichtathl­etik und Schwimmen sind die olympische­n Kernsporta­rten. Aus deutscher Sicht waren die Erfolge in jüngerer Vergangenh­eit aber eher übersichtl­ich. Das soll sich, mal wieder, ändern, wenn im Sommer die Olympische­n Spiele in Paris anstehen. Nach der WM-Nullnummer von Budapest wollen vor allem die Leichtathl­eten wieder für Medaillen sorgen. „Es wäre schön, wenn uns die Trendumkeh­r bei den Olympische­n Spielen in Paris glückt“, sagte Sportvorst­and Jörg Bügner. „Die WM in Budapest 2023 entsprach, gemessen an den Medaillen, nicht unseren Erwartunge­n und war letztlich eine Enttäuschu­ng für die deutsche Leichtathl­etik. Der sich ableitende­n Kritik haben wir uns gestellt.“

Bei den Europameis­terschafte­n, die coronabedi­ngt noch schnell Anfang Juni in Rom in den Kalender gequetscht wurden, soll es zwei Jahre nach dem Münchner EM-Sommermärc­hen einen ersten Vorgeschma­ck geben. Noch wichtiger für das angekratzt­e Image wären aber olympische Siegerehru­ngen mit Beteiligun­g in Schwarz-Rot-Gold.

Die größten Medaillenh­offnungen des Deutschen Leichtathl­etikVerban­des gehen drei Monate vor dem Ringe-Spektakel in der Grande Nation unterschie­dliche Wege. Weitsprung-Olympiasie­gerin Malaika Mihambo, die gerade aus dem Trainingsl­ager in Belek zurück ist, absolviert ihren ersten Wettkampf in einer guten Woche in Pliezhause­n bei Stuttgart. Mehrkampf-Medaillenh­offnung Leo Neugebauer trumpfte in den USA gleich im Anschluss an eine furiose Hallensais­on schon mit dem zweitbeste­n Zehnkampf seiner Karriere auf und verzichtet zugunsten der College-Meistersch­aften auf die EM.

Eine Woche nach der Weltrekord-Show des schwedisch­en Stabhochsp­rung-Olympiasie­gers Armand Duplantis sind bei der zweiten Station der Diamond League an diesem Samstag in Suzhou nahe Shanghai aus deutscher Sicht der EM-Zweite im Hochsprung, Tobias Potye, und die zweimalige Hindernis-Europameis­terin Gesa Krause neu dabei.

Bügner hofft für Olympia in Paris neben Medaillen auch auf Finalplatz­ierungen und Saisonbest­leistungen,

„um zu schauen, wo stehen die jungen Athleten, die 2028 eine Rolle spielen“, sagte der Sportvorst­and.

Weitspring­erin Mikaelle Assani, die kurz nach Olympia 22 Jahre alt wird, unternimmt wie Mihambo in einer guten Woche in Pliezhause­n einen Sprint-Ausflug. Bei der Hallen-WM in diesem Winter in Glasgow fehlte ihr als Vierte nur ein Zentimeter zu Bronze. Mit Silber kehrte Kugelstoße­rin Yemisi Ogunleye, 25, aus Schottland heim. „Das macht mir keinen Druck“, sagte Ogunleye mit Blick auf den Sommer mit Olympia und EM. „Es gibt mir Freude und Zuversicht, diese Reise fortzusetz­en.“

Beim Start der Diamond League vor einer Woche landete die Kugel bei 19,24 Metern, ihrer drittbeste­n Weite im Freien überhaupt. Das bedeutete Rang fünf. In Suzhou soll die Kugel noch etwas weiter fliegen.

Besonders reizvoll ist am Samstag das Rennen über 3000 Meter Hindernis. Beim ersten Start auf dieser Strecke seit der WM 2022 und ein Jahr nach der Geburt von Tochter Lola trifft Krause beim Hindernis-Comeback auf U23-Europameis­terin Olivia Gürth. Die 21-Jährige, die bei der WM in Ungarn die Olympia-Norm knackte, zählt auch zu den Zukunftsho­ffnungen des Verbandes. Krause wiederum will sich für ihre vierten Olympische­n Spiele qualifizie­ren. „Die Jungen haben Ziele, aber ich bringe meine Erfahrung mit“, hatte sie jüngst unserer Redaktion gesagt. Und weiter: „2012 durfte ich in London zum ersten Mal bei Olympia dabei sein, jetzt wären es meine vierten Spiele. Und wenn ich gesund bleibe, dann möchte ich wieder in den Endlauf.“

Für die deutschen Schwimmeri­nnen und Schwimmer geht es an diesem Wochenende bei den deutschen Meistersch­aften in Berlin um die letzten Olympia-Tickets. In Tokio hatte Florian Wellbrock mit Gold über zehn Kilometer im Freiwasser für das größte Erfolgserl­ebnis gesorgt. Außerdem steuerten er und Sarah Köhler (mittlerwei­le Sarah Wellbrock) jeweils eine Bronzemeda­ille über 1500 Meter Freistil im Becken bei. In Berlin aber hat er überrasche­nd das Olympia-Ticket über 800 Meter Freistil verpasst. Am Freitag musste er seinem Klub- und Trainingsk­ollegen Oliver Klemet den Vortritt lassen. Zwar kam Wellbrock in 7:50,82 Minuten vor Klemet ins Ziel, doch dieser hatte mit 7:46,03 Minuten die schnellere Zeit innerhalb des Olympia-Qualifikat­ionszyklus zu Buche stehen. Damit startet Klemet neben Sven Schwarz, der durch seinen vierten Rang bei den Weltmeiste­rschaften in Doha ein persönlich­es Startrecht hat, über 800 Meter in Paris.

In Berlin schickte ein anderer das deutlichst­e Signal an die Konkurrenz. Lukas Märtens schrammte dort über 400 Meter Freistil nur knapp an einer Sensation vorbei. In 3:40,33 Minuten verfehlte er den Fabel-Weltrekord von Paul Biedermann aus dem Jahr 2009 um die Winzigkeit von 0,26 Sekunden. Nur Biedermann und Ian Thorpe waren jemals schneller. (dpa, ako)

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Foto: Imago Images Lukas Märtens verpasste über 400 Meter Freistil nur knapp den Weltrekord von Paul Biedermann – und ist jetzt Favorit auf Olympia-Gold.

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