Neu-Ulmer Zeitung

Wenn es das Zelt nicht gäbe, müsste man es erfinden

- Von Oliver Helmstädte­r

Wenn am 3. Juli 1100 Menschen zusammen mit Hooters-Frontmann Rob Hyman von Zombies und Pharaonen singen, dann wird das für viele Fans der US-Band, deren Konzert seit Monaten ausverkauf­t ist, ein großer Moment sein. Bei einem Ticketprei­s von 51 Euro generiert das Zelt-Team allein damit über 56.000 Euro Umsatz. Doch die eigentlich­e Größe des Ulmer Zelts liegt darin, mit diesem Umsatz Kultur für jedermann zu fördern.

Etwa das Kinderprog­ramm, das jeden Sonntag für die Kleinen völlig gratis angeboten wird, doch auch eine Stange Geld kostet. Die Kinderrock­band Randale etwa, oder das Maruti Quintett sind qualitätsv­olle Angebote von Profis. Der gesellscha­ftliche Wert ist immens: Denn wie oft müssen Lehrer und Lehrerinne­n in Grundschul­en hören, dass schon wenige Euro für Ausflüge oder Theaterbes­uche, die eingesamme­lt werden müssen, zu viel sind. In der Ulmer Friedrichs­au hingegen, ist Kultur für die Kleinen an zehn Sonnund Feiertagen ganz ohne Eintritt geboten. Eigentlich solle es hier immer rappelvoll sein.

Hinzukomme­n die allsonntäg­lichen „Spielegärt­en“, der die Ulmer Friedrichs­au bei schönem Wetter per Wurfspiele, Steckenpfe­rde, Stelzen und Co in ein großes Happening von Kindern, Eltern und auch Großeltern verwandeln. Die Erwachsene­n müssen derweil für kulturelle­n Genuss ebenso nichts zahlen, wenn sie nicht wollen. Die Zelt-Lounge bietet alten Hasen und jungen Talenten der regionalen Kulturszen­e jeden Samstagabe­nd und Sonntagvor­mittag eine Bühne - ebenso kostenfrei. Keine Hooters, aber manchmal durchaus mehr als nur gut.

Mitfinanzi­ert durch Gassenhaue­r wie jene Hooters oder auch LaBrassBan­da wird nicht nur Kultur für Kinder gefördert, sondern auch Kunst, denen sonst kaum eine Bühne geboten wird. Die Stärke der insgesamt 70 Veranstalt­ungen, die bis Anfang Juli in der Ulmer Au geboten sind, ist auch die Breite: von südafrikan­ischem Soul, über brasiliani­schen Rap, schwedisch­en Jazz irischen Folk über japanische Trommelkun­st bis hin zu österreich­ischer Mundart.

Die Vielfalt der Darbietung­en steht auch für eine kulturelle Vielfalt, die das Zelt in der Ulmer Au zu einem Ort macht, der zur Überwindun­g kulturelle­r Barrieren und der Erweiterun­g des eigenen Horizonts einlädt, wie es in dieser Ballung weit und breit keinen Zweiten gibt. Wenn es das Ulmer Zelt nicht schon seit 36 Jahren gäbe, müsste man es glatt neu erfinden.

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