Der Bierpreis bleibt stabil, der Anspruch auch
Die 36. Ausgabe des Ulmer Zelts steht vor der Tür. Ziel des Kulturprogramms in der Ulmer Au ist auch dieses Jahr wieder die „schwarze Null“. Dafür ist mal wieder ein Spagat notwendig.
Ulm Seit 1987 gibt es das Ulmer Zelt, das größte Kulturfestival der Region. 70 Veranstaltungen sind dieses Jahr ab 22. Mai bis 6. Juli geplant. Mit-Vorstand Jan Ilg über die Schwierigkeiten einer sich über Wochen ziehenden Großveranstaltung, die Jahr für Jahr auch ein finanzielles Risiko darstellt.
Allein von der Stadt Ulm erhielt der Verein hinter dem Ulmer Zelt zuletzt 57.700 Euro als Zuschuss. Hört sich viel an, ist es in der Gesamtbetrachtung aber nicht: „Die Zuschüsse sind wichtig, doch machen nur um die fünf Prozent vom Etat aus“, sagt Jan Ilg. Der Großteil der Finanzierung werde mit den Einnahmen aus dem Ticketverkauf für die Abendveranstaltungen bestritten, dann komme die Gastronomie gefolgt von Sponsoren.
Jedes Jahr fängt das Team um Programmchefin Cordula Baier wieder bei null an. Und jedes Mal steht das Vorstandsteam, zu dem auch Jan Ilg zählt, vor einer Aufgabe: „Es ist das Schöne, dass das Programm nicht auf Kommerz ausgelegt ist.“Ganz bewusst wechseln sich Kassenschlager mit Exotischem ab. Das Ulmer Zelt habe in bislang 35. Spielzeiten viel erlebt:
„Alles war dabei“, sagt Ilg über die monetäre Endabrechnung – von tiefrot bis dunkelgrün.
Um in den grünen Bereich zu kommen, braucht es aber Kassenschlager. An diese zu kommen, ist freilich schwieriger, als an weniger kommerziell erfolgreiche Acts. Spätestens im September, also einen Monat nach dem letzten Konzert in der Au, sondiert das ZeltTeam den Markt. „Wer einmal da war, kommt immer gerne wieder“, sagt Ilg. Das treffe etwa auch auf die Rockband Hooters zu, die sich seit ihrem Live-Aid-Auftritt samt ihrem Hit „Johnny B“durchaus als Weltstars bezeichnen lassen. „Die Jungs freuen sich jetzt schon, dass sie hier sein dürfen“, sagt Ilg. Das Ulmer Zelt habe in der Branche einen guten Ruf. Viele Künstlerinnen und Künstler – wie etwa die Hooters – würden auf ihre normale Gage verzichten, weil sie die Atmosphäre im Zelt zu schätzen wissen. Auch Ex-Allmann-Brother Warren Haynes würde wohl kaum sein einziges Deutschlandkonzert in Ulm spielen, wenn er nicht am Ulmer Zelt einen Narren gefressen hätte. „Ihm gefällt es hier.“
Reines Gefallen am Zelt langt aber nicht immer: Ein unüberwindbares Hindernis für das AuFestival sei allzu oft eine Regelung, die unter Konzertveranstaltern „Gebietsschutz“genannt wird. Das heißt: Dem Ulmer-Zelt-Publikum bekannte Bands wie Royal Blood, H-Blockx, Royal Republic, Donots, Gaslight Anthem, oder Madsen, die dieses Jahr bei den ganz großen Festivals „Rock im Park“oder „Southside“spielen, haben möglicherweise Klauseln in ihren Verträgen, die ihnen Auftritte in einem bestimmten Zeitraum und einem bestimmten Umkreis verbieten. „Das ist für uns durchaus ein Thema“, sagt Ilg. Klar, es gibt auch regionale Konkurrenz: Eine Band wie Gossip, die im August in Ulm beim Wiblinger Kloster spielt, würde auch dem Ulmer Zelt gut zu Gesicht stehen. Letztendlich gehe es um Schnelligkeit. Mitunter sei das Zelt-Team aber flinker als die großen Festivals, dann könne es zu Überschneidungen kommen. Manchmal hat das Zelt-Team auch einfach Glück. Wenn etwa Künstler kurz vor ihrem großen Durchbruch gebucht werden und beim Auftritt eigentlich schon eine Nummer zu groß sind: Das war etwa bei Mark Forster 2015 so, der hier vor 1100 Menschen spielte. Einige Jahre später waren es in Neu-Ulm 11.000. Die Kassenschlager des diesjährigen Zelts sind neben den Hooters, Kaffkiez und LaBrassBanda.
Doch nur Hits zu präsentieren, ist gar nicht das Ziel des ZeltTeams: „Wir machen bewusst kleinere Veranstaltungen, von denen wir wissen, dass wir auch mal draufzahlen“, sagt Ilg. Die Programmchefin Baier hebt dieses Jahr drei Künstlerinnen und Künstler vor, die dem Team wichtig seien. Auch wenn die Tickets kaum ausverkauft sein werden.
„Das sind Veranstaltungen, die wir uns leisten wollen.“Die südafrikanische Sängerin Nomfusi (23. Mai), die brasilianische Multiinstrumentalistin Bia Ferreira (12. Juni) und der als „Pianist in Trümmern“bekannt gewordene syrische Palästinenser Asham Ahmad aus Syrien (14. Juni).
Mitfinanziert wird derartige Kunst fernab des Mainstreams nicht zuletzt durch die Gastronomie, dem Ulmer-Zelt-Biergarten. Die Essensstände – neu dabei sind „Curry Karma“und der in Elchingen beheimatete Foodtruck „Pacifico“– zahlen eine Pacht, während die Einnahmen des Gastro-Zelts direkt an den „Verein zur Förderung der freien Kultur Ulm“, der Organisation hinter dem Zelt gehen. Die gute Nachricht des Biergartens mit bis zu 1000 Sitzplätzen: Der Bierpreis bleibt konstant. „Viele andere machen es, wir haben gesagt: nein“, sagt Ilg, über das Thema Bierpreiserhöhung. Die Halbe aus Ehinger Fertigung kostet wie im vergangenen Jahr 4,40 Euro.
Die angestrebte „schwarze Null“werde erreicht, wenn grob 15.000 Tickets verkauft werden und das Wetter dem Biergarten an der Donau keinen Strich durch die Rechnung macht. Zum Vergleich: 16.600 Menschen besuchten im vergangenen Jahr das Abendprogramm, 85.000 Besucherinnen und Besucher fanden den Weg in die Au – rund 10.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Das Anstehen früherer Tage am Ticketwagen in der Ulmer Innenstadt ist durch den Online-Verkauf passé. Doch ganz will das ZeltTeam nicht auf „Harttickets“verzichten. Die gibt es ab Freitag, 3. Mai, am Kartenwagen am Östlichen Münsterplatz/Ecke Schuhhausgasse („M25“). Wer am 3. Mai (16 bis 19 Uhr) gleich zehn Tickets kauft, bekommt zehn Prozent Rabatt. Kommentar
Kunst fernab des Mainstreams.