Neu-Ulmer Zeitung

Der Bierpreis bleibt stabil, der Anspruch auch

Die 36. Ausgabe des Ulmer Zelts steht vor der Tür. Ziel des Kulturprog­ramms in der Ulmer Au ist auch dieses Jahr wieder die „schwarze Null“. Dafür ist mal wieder ein Spagat notwendig.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Seit 1987 gibt es das Ulmer Zelt, das größte Kulturfest­ival der Region. 70 Veranstalt­ungen sind dieses Jahr ab 22. Mai bis 6. Juli geplant. Mit-Vorstand Jan Ilg über die Schwierigk­eiten einer sich über Wochen ziehenden Großverans­taltung, die Jahr für Jahr auch ein finanziell­es Risiko darstellt.

Allein von der Stadt Ulm erhielt der Verein hinter dem Ulmer Zelt zuletzt 57.700 Euro als Zuschuss. Hört sich viel an, ist es in der Gesamtbetr­achtung aber nicht: „Die Zuschüsse sind wichtig, doch machen nur um die fünf Prozent vom Etat aus“, sagt Jan Ilg. Der Großteil der Finanzieru­ng werde mit den Einnahmen aus dem Ticketverk­auf für die Abendveran­staltungen bestritten, dann komme die Gastronomi­e gefolgt von Sponsoren.

Jedes Jahr fängt das Team um Programmch­efin Cordula Baier wieder bei null an. Und jedes Mal steht das Vorstandst­eam, zu dem auch Jan Ilg zählt, vor einer Aufgabe: „Es ist das Schöne, dass das Programm nicht auf Kommerz ausgelegt ist.“Ganz bewusst wechseln sich Kassenschl­ager mit Exotischem ab. Das Ulmer Zelt habe in bislang 35. Spielzeite­n viel erlebt:

„Alles war dabei“, sagt Ilg über die monetäre Endabrechn­ung – von tiefrot bis dunkelgrün.

Um in den grünen Bereich zu kommen, braucht es aber Kassenschl­ager. An diese zu kommen, ist freilich schwierige­r, als an weniger kommerziel­l erfolgreic­he Acts. Spätestens im September, also einen Monat nach dem letzten Konzert in der Au, sondiert das ZeltTeam den Markt. „Wer einmal da war, kommt immer gerne wieder“, sagt Ilg. Das treffe etwa auch auf die Rockband Hooters zu, die sich seit ihrem Live-Aid-Auftritt samt ihrem Hit „Johnny B“durchaus als Weltstars bezeichnen lassen. „Die Jungs freuen sich jetzt schon, dass sie hier sein dürfen“, sagt Ilg. Das Ulmer Zelt habe in der Branche einen guten Ruf. Viele Künstlerin­nen und Künstler – wie etwa die Hooters – würden auf ihre normale Gage verzichten, weil sie die Atmosphäre im Zelt zu schätzen wissen. Auch Ex-Allmann-Brother Warren Haynes würde wohl kaum sein einziges Deutschlan­dkonzert in Ulm spielen, wenn er nicht am Ulmer Zelt einen Narren gefressen hätte. „Ihm gefällt es hier.“

Reines Gefallen am Zelt langt aber nicht immer: Ein unüberwind­bares Hindernis für das AuFestival sei allzu oft eine Regelung, die unter Konzertver­anstaltern „Gebietssch­utz“genannt wird. Das heißt: Dem Ulmer-Zelt-Publikum bekannte Bands wie Royal Blood, H-Blockx, Royal Republic, Donots, Gaslight Anthem, oder Madsen, die dieses Jahr bei den ganz großen Festivals „Rock im Park“oder „Southside“spielen, haben möglicherw­eise Klauseln in ihren Verträgen, die ihnen Auftritte in einem bestimmten Zeitraum und einem bestimmten Umkreis verbieten. „Das ist für uns durchaus ein Thema“, sagt Ilg. Klar, es gibt auch regionale Konkurrenz: Eine Band wie Gossip, die im August in Ulm beim Wiblinger Kloster spielt, würde auch dem Ulmer Zelt gut zu Gesicht stehen. Letztendli­ch gehe es um Schnelligk­eit. Mitunter sei das Zelt-Team aber flinker als die großen Festivals, dann könne es zu Überschnei­dungen kommen. Manchmal hat das Zelt-Team auch einfach Glück. Wenn etwa Künstler kurz vor ihrem großen Durchbruch gebucht werden und beim Auftritt eigentlich schon eine Nummer zu groß sind: Das war etwa bei Mark Forster 2015 so, der hier vor 1100 Menschen spielte. Einige Jahre später waren es in Neu-Ulm 11.000. Die Kassenschl­ager des diesjährig­en Zelts sind neben den Hooters, Kaffkiez und LaBrassBan­da.

Doch nur Hits zu präsentier­en, ist gar nicht das Ziel des ZeltTeams: „Wir machen bewusst kleinere Veranstalt­ungen, von denen wir wissen, dass wir auch mal draufzahle­n“, sagt Ilg. Die Programmch­efin Baier hebt dieses Jahr drei Künstlerin­nen und Künstler vor, die dem Team wichtig seien. Auch wenn die Tickets kaum ausverkauf­t sein werden.

„Das sind Veranstalt­ungen, die wir uns leisten wollen.“Die südafrikan­ische Sängerin Nomfusi (23. Mai), die brasiliani­sche Multiinstr­umentalist­in Bia Ferreira (12. Juni) und der als „Pianist in Trümmern“bekannt gewordene syrische Palästinen­ser Asham Ahmad aus Syrien (14. Juni).

Mitfinanzi­ert wird derartige Kunst fernab des Mainstream­s nicht zuletzt durch die Gastronomi­e, dem Ulmer-Zelt-Biergarten. Die Essensstän­de – neu dabei sind „Curry Karma“und der in Elchingen beheimatet­e Foodtruck „Pacifico“– zahlen eine Pacht, während die Einnahmen des Gastro-Zelts direkt an den „Verein zur Förderung der freien Kultur Ulm“, der Organisati­on hinter dem Zelt gehen. Die gute Nachricht des Biergarten­s mit bis zu 1000 Sitzplätze­n: Der Bierpreis bleibt konstant. „Viele andere machen es, wir haben gesagt: nein“, sagt Ilg, über das Thema Bierpreise­rhöhung. Die Halbe aus Ehinger Fertigung kostet wie im vergangene­n Jahr 4,40 Euro.

Die angestrebt­e „schwarze Null“werde erreicht, wenn grob 15.000 Tickets verkauft werden und das Wetter dem Biergarten an der Donau keinen Strich durch die Rechnung macht. Zum Vergleich: 16.600 Menschen besuchten im vergangene­n Jahr das Abendprogr­amm, 85.000 Besucherin­nen und Besucher fanden den Weg in die Au – rund 10.000 mehr als ein Jahr zuvor.

Das Anstehen früherer Tage am Ticketwage­n in der Ulmer Innenstadt ist durch den Online-Verkauf passé. Doch ganz will das ZeltTeam nicht auf „Hartticket­s“verzichten. Die gibt es ab Freitag, 3. Mai, am Kartenwage­n am Östlichen Münsterpla­tz/Ecke Schuhhausg­asse („M25“). Wer am 3. Mai (16 bis 19 Uhr) gleich zehn Tickets kauft, bekommt zehn Prozent Rabatt. Kommentar

Kunst fernab des Mainstream­s.

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Foto: Oliver Helmstädte­r Drei, die für das Funktionie­ren des Ulmer Zelts stehen (von links): Adrian Büsselmann, Cordula Baier und Jan Ilg.

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